Voraussetzung: Fehler in der Widerrufsinformation
Die Widerrufsmöglichkeit ist eröffnet, wenn die Sparkasse den Verbraucher nicht ordnungsgemäß über das ihm zustehende Widerrufsrecht belehrt hat. Folgende Passagen erwiesen sich bei genauerer Betrachtung als fehlerhaft.
1. Keine Nennung der Aufsichtsbehörde in den Vertragsunterlagen
Zahlreiche Verträge des Sparkassen-Verbandes enthalten folgende Passage:
” Der Darlehensnehmer kann seine Vertragserklärung innerhalb von 14 Tagen ohne Angabe von Gründen in Textform (z.B. Brief, Fax, E-Mail) widerrufen. Die Frist beginnt nach Abschluss des Vertrages, aber erst, nachdem der Darlehensnehmer alle Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB (Z.B. Angabe des effektiven Jahreszinses, Angaben zum einzuhaltenden Verfahren bei der Kündigung des Vertrages, Angabe der für die Sparkasse zuständigen Aufsichtsbehörde) erhalten hat.”
Hierbei handelt es sich um einen immer wieder auftretenden Fehler. Der Bundesgerichtshof sah die Formulierung der Belehrung, wonach die Widerrufsfrist erst mit der Nennung der für die Sparkasse zuständigen Aufsichtsbehörde beginnt, eigentlich als rechtmäßig an. Allerdings hat sich die Sparkasse durch die Verwendung dieser Formulierung eine Bedingung auferlegt, welche sie selbst nicht erfüllt. Die Aufsichtsbehörde wird nämlich an keiner Stelle genannt. Der Bundesgerichtshof stellte fest, dass die Widerrufsfrist in einem solchen Fall nicht zu laufen beginnt. Diese Rechtsprechung wirkt sich auf hunderttausende Verträge aus.
Sehen Sie selbst. In der Widerrufsinformation der Sparkasse ist die zuständige Aufsichtsbehörde als Pflichtangabe benannt. Im Vertragstext ist diese jedoch nicht zu finden.
2. Ersatz der Aufwendungen für öffentliche Stellen
Zahlreiche Widerrufsbelehrungen enden mit folgendem Satz:
„Der Darlehensnehmer hat dem Darlehensgeber auch die Aufwendungen zu ersetzen, die der Darlehensgeber gegenüber öffentlichen Stellen erbracht hat und nicht zurückverlangen kann.“
Doch um welche Aufwendungen an öffentliche Stellen geh es hier? Welche sonstigen, bisher unbekannten Kosten sollen auf einen Kreditnehmer noch zukommen?
Die Antwort ist einfach: keine. Zu den Aufwendungen an öffentliche Stellen gehören zum Beispiel die Gebühren für den Notar und das Grundbuch. Sie werden stets vom Kreditnehmer getragen. Kein Kreditinstitut übernimmt diese Kosten. Damit ist dieser Hinweis schlichtweg falsch – der Verbraucher wird in die Irre geführt. Wer glaubt, ihm entstünden infolge des Widerrufs zusätzliche, zudem völlig unkalkulierbare Kosten, könnte von der Ausübung seines Widerrufsrechts abgehalten werden. Eine solche Konsequenz kann nicht im Willen des Gesetzgebers stehen. Kritisch sah auch das Landgericht Aurich den verwirrenden Hinweis auf die “Abgaben an öffentliche Stellen” und sprach den klagenden Verbrauchern das Widerrufsrecht zu – mit lukrativen Folgen.
So sieht die fehlerhafte Belehrung aus.
3. Keine Berufung auf die Gesetzlichkeitsfiktion
Wie oben bereits erwähnt, stammen die genannten Pflichtangaben aus dem gesetzlichen Mustertext. Verwendet eine Bank einen solchen Mustertext, kann sie sich nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auf die sogenannte Gesetzlichkeitsfiktion berufen. Trotz fehlerhafter Belehrung ist ein Widerrufsrecht damit nicht gegeben.
Allerdings entfällt die Gesetzlichkeitsfiktion, wenn die Bank an irgendeiner Stelle von dem gesetzlichen Muster abgewichen ist. In diesem Fall sind die genannten Fehler der Überprüfung zugänglich. Solche Abweichungen finden sich in zahlreichen Widerrufsbelehrungen des Sparkassenverbandes.
Dazu gehören z.B. das Check-Box System, die unzureichende Hervorhebung oder die Verwendung des oben genannten Hinweises in Bezug auf die öffentliche Stellen.
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Wir haben bereits mehr als 5.000 Verträge geprüft und über 1.000 Verfahren begleitet. Aus dieser Vielzahl an Verträgen haben wir alle Sparkasse zusammengetragen, die fehlerhafte Belehrungen verwendeten:
- Sparkasse Aachen (2005)
- Sparkasse Amberg-Sulzbach (2006)
- Sparkasse Barnim (2005)
- Sparkasse Berchtesgadener Land (2011, 2012)
- Sparkasse Bergkamen-Bönen (2003)
- Sparkasse Bodensee (2006, 2007, 2008, 2009, 2010)
- Sparkasse Bremen AG (2008, 2009, 2011, 2012)
- Sparkasse Darmstadt (2010, 2011)
- Sparkasse Düren (2006)
- Sparkasse Erlangen (2008)
- Sparkasse Essen (2006, 2007, 2008, 2009, 2010)
- Sparkasse Emsland (2005)
- Sparkasse Fürth (2010, 2011)
- Sparkasse Germersheim-Kandel (2005, 2007)
- Sparkasse Hamburg (2004)
- Sparkasse Heidelberg (2007, 2008)
- Sparkasse Hochrhein (2011)
- Sparkasse Karlsruhe Ettlingen (2006)
- Sparkasse Köln Bonn (2003, 2005, 2007)
- Sparkasse Kraichgau (2007)
- Sparkasse Krefeld (2008, 2011)
- Sparkasse Mülheim an der Ruhr (2008)
- Sparkasse Nürnberg (2008, 2010)
- Sparkasse Olpe (2006)
- Sparkasse Rhein-Haardt (2008)
- Sparkasse Saarbrücken (2004)
- Sparkasse Salem-Heiligenberg (2004, 2007)
- Sparkasse Siegen (2008)
- Sparkasse Südliche Weinstraße (2005, 2006, 2007)
- Sparkasse Südwestpfalz (2007)
- Sparkasse Südholstein (2005, 2008)
- Sparkasse Trier (2005, 2007)
- Sparkasse Ulm (2008)
- Sparkasse Vest Recklinghausen (2004, 2008)
- Sparkasse Vorderpfalz (2007, 2008, 2011)
- Sparkasse Westmünsterland (2006)
- Sparkasse Wilhelmshaven (2008, 2009)
- Sparkasse Witten (2011)
- Kreissparkasse Biberach (2008, 2009)
- Kreissparkasse Böblingen (2009)
- Kreissparkasse Bitburg-Prüm (2006)
- Kreissparkasse Düsseldorf (2007)
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[Anmkerung der Redaktion: Der Widerrufsjoker für Altverträge (1.11.2002-10.06.2010) wurde zum 21.06.2016 infolge einer Gesetzesänderung abgeschafft. Um Ihnen zum Beispiel für laufende Verfahren eine Übersicht über die zugrunde liegenden Fehler zu geben, führen wir trotzdem die häufigsten Fehler in den Altverträgen im Folgenden auf.]
Die “frühestens”-Belehrungen (2002-2008)
Eine typische Formulierung der Sparkassen lautet folgendermaßen:
Widerrufsbelehrung zu1 Darlehen mit anfänglichem Festzins vom ../../2008
Widerrufsrecht
Sie können Ihre Vertragerklärung innerhalb von zwei Wochen2
ohne Angabe von Gründen in Textform (z.B. Brief, Fax, E-Mail) widerrufen. Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung. Zur Wahrung der Widerrufsfrist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs. Der Widerruf ist zu richten an: („Name, Firma und ladungsfähige Anschrift des Kreditinstituts, ggf. Fax-Nr., E-Mail-Adresse und/oder, wenn der Verbraucher eine Bestätigung seiner Widerrufserklärung erhält, auch eine Internet-Adresse“).
Sparkasse …
1Bezeichnung des konkret betroffenen Geschäfts
2Bitte Frist im Einzelfall prüfen
Diese Belehrung wurde vom Oberlandesgericht Brandenburg für fehlerhaft erklärt. Die Formulierung
„Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung“
klärt den Verbraucher nicht hinreichend über den Beginn der Widerrufsfrist auf. Diese Formulierung wurde damals auch im gesetzlichen Muster der Widerrufsbelehrung verwendet, dennoch können sich Sparkassen nicht auf die Gesetzlichkeitsfiktion berufen, da ihre Belehrungen bedeutend vom gesetzlichen Muster abweichen. Das Gericht begründete seine Entscheidung wie folgt
“Bereits die Überschrift „Widerrufsbelehrung“ enthält einen Zusatz („zu1 Darlehen Konto Nr. … in Höhe von …“ bzw. „zu1 Darlehen Konto Nr. … in Höhe von …), der in dem Muster nicht vorgesehen war. Überdies sind weitere textliche Abweichungen in dem mit „Widerrufsrecht“ überschriebenen Abschnitt vorhanden. So enthält die von der Klägerin verwendete Belehrung in Satz 1 des vorgenannten Abschnitts einen in der Musterbelehrung nicht vorhandenen Fußnotenverweis – der zudem, wenngleich es hierauf nicht ankommt, verwirrend ist („2 Bitte Frist im Einzelfall prüfen“) -, einen Klammerzusatz („Name, Firma und ladungsfähige Anschrift des Kreditinstituts, ggf. Fax-Nr., E-Mail-Adresse und/oder, wenn der Verbraucher eine Bestätigung seiner Widerrufserklärung erhält, auch eine Internet-Adresse“), für den das Nämliche gilt, und schließlich fehlen die in der Musterbelehrung vorgesehenen Zwischenüberschriften.”
Brandenburgisches OLG · Urteil vom 17. Oktober 2012 · Az. 4 U 194/11
Dieses Urteil wurde bereits von anderen Oberlandesgerichten bestätigt. Bisher haben die folgenden Oberlandesgerichte die besprochene Widerrufsbelehrung als fehlerhaft angesehen:
- OLG Brandenburg Urteil vom 17.10.2012 Az. 4 U 194/11
- OLG Köln Urteil vom 23.01.2013 Az. 13 U 218/11
- OLG München Urteil vom 21.10.2013 Az. 19 U 1208/13
- OLG Karlsruhe Urteil vom 13.10.2015 Az. 17 U 42/15
- OLG Karlsruhe Urteil vom 27.02.2015 Az. 4 U 144/14
- OLG Köln Beschluss vom 06.11.2015 Az. 13 U 113/15
- OLG Nürnberg Urteil vom 11.11.2015 Az. 14 U 2439/15
- OLG Hamm Urteil vom 04.11.2015 Az. 31 U 64/15
- OLG Düsseldorf Beschluss vom 22.07.2015 Az. I-14 U 27/15
- OLG Frankfurt Urteil vom 27.01.2016 Az. 17 U 16/15
Wer rausfinden möchte, ob sein Wohnsitz im Bezirk eines dieser Gerichte liegt, kann es unter dem folgenden Link tun.
http://zustaendiges-gericht.de/
Es gibt auch bankenfreundliche Rechtsprechung
Nicht verheimlichen wollen wir aber die prominente Ausnahme. Das OLG Schleswig (Urt. v. 26.02.2015 – 5 U 175/14) sieht die Sache nämlich anders. Die Fußnoten seien nach Auffassung des fünften Senats unschädlich. Damit befindet sich das OLG Schleswig zwar in deutlicher Unterzahl, allerdings wird es den Kreditnehmern einer Sparkasse aus dem entsprechenden Bezirk kaum helfen. Da bleibt nur der Weg zum BGH.
Aussichten
Gegen eine so klare Rechtslage haben die Sparkassen ein schweres Spiel. Deutschlandweit werden Darlehensverträge mit den Sparkassen entweder gerichtlich oder außergerichtlich rückabgewickelt. Wenn sich in Ihrem Darlehensvertrag eine entsprechende Formulierung findet, bestehen gute Chancen auf einen erfolgreichen Widerruf.
Fußnote 1) “Nicht für Fernabsatzgeschäfte (2008-2010)
Im Jahre 2009 und zu Beginn des Jahres 2010 verwendeten die Sparkassen eine weitere Version der Widerrufsbelehrung. Diese zeichnete sich durch eine Überschrift “Widerrufsbelehrung” aus, neben der eine kleine Fußnote 1) angebracht war. Diese verwies auf einen unter der Widerrufsbelehrung stehenden Hinweis “Nicht für Fernabsatzgeschäfte.”
Inzwischen haben mehrere Landgerichte entschieden, dass ein solcher Hinweis den Verbraucher verwirrt und die Widerrufsbelehrung der Sparkasse unwirksam macht.
Zuletzt führte dazu das Landgericht Essen (Urteil vom 23.07.2015 – 6 O 181/15) wie folgt aus:
“Die Verwendung der Fußnoten (s.o. aa) (1)) führt zur Unwirksamkeit der Belehrung der Beklagten. Es handelt sich bei ihnen um verwirrende Zusätze. Insbesondere die Ergänzung „Nicht für Fernabsatzgeschäfte“ kann beim Verbraucher zu Missverständnissen führen. Der verständige Durchschnittsverbraucher weiß nicht, wann dieses Kriterium erfüllt ist. Ihm wird eine Subsumtion auferlegt, die ihm grds. nicht zumutbar ist.”
Was andere Gerichte dazu sagen, können Sie hier nachlesen.
Aussichten
Leider gibt es hier auch einige negative Entscheidungen, zuletzt des LG Dortmund. Diese bisher oberinstanzlich nicht geklärte Rechtslage führt zu Unsicherheiten auf beiden Seiten. Unsicherheiten sind indes ein fruchtbarer Boden für Vergleichsverhandlungen.
Ein weißes Feld sorgt für Verwirrung (2008-2010)
Hoffnung dürfte vielen Darlehensnehmern ein Hinweisbeschluss des OLG Celle vom 18.01.2016 – 3 U 148/15 machen. Dieses hatte die Widerrufsbelehrung unter einem bisher unbeachtet gebliebenen Gesichtspunkt für unzureichend erklärt und dem Darlehensnehmer recht gegeben.
Auch diesmal hatte die Sparkasse es versäumt, den Beginn der Widerrufsfrist korrekt darzustellen. Denn hier befindet sich hinter dem Satz
„Sie können Ihre Vertragserklärung innerhalb von zwei Wochen … „ ein weißes Feld.
Das sei für den Verbraucher verwirrend. Das OLG Celle führt hierzu folgendes aus:
„Die in der Widerrufsbelehrung enthaltene Leerstelle nach Benennung der Widerrufsfrist stellt sich aus Sicht des Verbrauchers als verwirrend dar. Für den Verbraucher wird nicht erkennbar, ob die in dem Vordruck enthaltene Frist von 2 Wochen tatsächlich maßgeblich für das zugrundeliegende Vertragsverhältnis ist, oder ob es sich um eine versehentliche Auslagerung von weiteren Angaben handelt. Der Verbraucher kann insoweit von einer Ausübung seines Widerrufsrechts abgehalten werden, weil er nicht beurteilen kann, ob weitere Ergänzungen vorgesehen waren. Da jedes andere grafische weiß unterlegte Feld in der Widerrufsbelehrung durch die Beklagte (Kreissparkasse) individuell ergänzt worden ist, könnte für den Verbraucher der Eindruck entstehen, die erhaltende Widerrufsbelehrung sei nicht vollständig. Die Unklarheit, ob die Beklagte (Kreissparkasse) als Verwenderin der konkreten Widerrufsbelehrung unter Umständen einen rechtlich erheblichen Zusatz absichtlich weggelassen oder bloß vergessen hat, ist geeignet, erhebliche Missverständnisse über die Widerrufsfrist auszulösen.“
Aussichten
Ob andere Gerichte dem OLG Celle folgen werden, bleibt abzuwarten. In jedem Fall haben sich mit diesem Hinweisbeschluss die Erfolgsaussichten für die Verbraucher verbessert.