Abgasskandal im Jahr 2023 – Neues BGH-Urteil bringt Haftungserweiterung
Karlsruhe/Köln, 26.06.2023: Der Bundesgerichtshof hat drei Grundsatzurteile im Abgasskandal gesprochen (Urteile vom 26. Juni 2023 – VIa ZR 335/21, VIa ZR 533/21 und VIa ZR 1031/22), die eine deutliche Haftungserweiterung der Autohersteller begründen.
Das Gericht entschied zu Lasten von VW, Audi und Mercedes, dass Käufern eines manipulierten Fahrzeugs bis zu 15% des Kaufpreises als Schadensersatz zustehen. Dies begründet der BGH mit der drohenden Betriebsuntersagung, die die Verfügbarkeit des Fahrzeuges in Frage stellt. Voraussetzung ist daneben ein nur noch fahrlässiger Verstoß gegen die Zulassungsbestimmungen. Die frühere Anforderung eines vorsätzlichen Handelns ist damit vom Tisch.
Die Ausführungen des BGH bedeuten in der Praxis:
- Die Chancen eines gerichtlichen Erfolgs steigen deutlich an
- Sie behalten Ihren Wagen und bekommen zusätzlich Schadensersatz
- Der Schadensersatz für die Abgasmanipulation ist zukünftig besser planbar
- Weitere Schäden wie Zinskosten bei Kreditfinanzierungen können daneben geltend gemacht werden
Die neue Beurteilung des BGH hat eine Vorgeschichte: Bereits am 21. März 2023 urteilte der Europäische Gerichtshof, dass die Verordnung (EG) Nr. 715/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2007 über die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen hinsichtlich der Emissionen von leichten Personenkraftwagen und Nutzfahrzeugen individualschützend ist. Dadurch genügt der Nachweis der Fahrlässigkeit bei den Autobauern für einen Schadensersatz! Das erhöht die Chancen von Betroffenen abermals erheblich.
Die Entscheidung des EuGH reiht sich ein, in eine lange Liste von Skandalen, strafrechtliche Ermittlungen, Klage- und Bußgeldverfahren im Zusammenhang mit manipulierten Kraftfahrzeugen. Bereits im September 2015 wurde bekannt, dass Europas größter Automobilkonzern Volkswagen (VW) Millionen Dieselfahrzeuge mit einer manipulierten Software ausgestattet hat. So wurden die gesetzlichen Abgasnormen scheinbar eingehalten. In Wirklichkeit jedoch war der Schadstoffausstoß viel höher. Die vermeintlich umweltfreundlichen Fahrzeuge entpuppten sich als Drecksschleudern.
Inzwischen hat das Kraftfahrtbundesamt auch bei Fahrzeugen anderer Hersteller unzulässige Abschalteinrichtungen entdeckt. Bis heute haben die Behörden mehrere hunderttausend Diesel von Daimler, aber auch von Audi, Porsche und Opel zurückgerufen. Nahezu jede Woche kommen neue Manipulationen ans Licht.
Kunden fühlen sich oft sitzengelassen, denn sie erhalten vom Hersteller nur spärliche Auskünfte. VW etwa bot den Kunden ein Software-Update, was aber nicht mehr als eine notdürftige Ausbesserung und keinesfalls eine akzeptable Lösung ist. Nur mit anwaltlicher Unterstützung kommen die Betroffenen zu ihrem Recht – einem angemessenen Schadensersatz.
Ilja Ruvinskij ist Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht und Partner unserer Kanzlei. Mit seinem spezialisierten Team setzt er bundesweit die Ansprüche von betroffenen Mandanten im Abgasskandal durch.