Arbeitszeugniserteilung in der Insolvenz des Arbeitgebers

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Zeugniserteilung in der Insolvenz

Im letzten Jahr meldeten ungefähr 21518 Unternehmen eine Insolvenz an. Auch wenn sich die Zahl der Insolvenzanmeldungen im Vergleich zum Vorjahr um knapp 6,9 % verringert hat, ist diese Zahl immer noch sehr hoch. Diese Unternehmen beschäftigen Mitarbeiter, deren finanzielle Existenz mit ihrem Arbeitgeber fest verbunden ist. Wenn eine Kapitalgesellschaft einen Antrag auf Eröffnung der Regelinsolvenz stellt, kann es passieren, dass bald ein (vorläufiger) Insolvenzverfahren die Geschäfte des Unternehmens führt. Nur in sehr wenigen Fällen kann durch eine Restrukturierung oder eine übertragende Sanierung das Unternehmen gerettet werden. Arbeitnehmer werden sich im Regelfall bei der Insolvenz des Arbeitgebers um eine neue Stelle bemühen. Hilfreich ist es bei der Bewerbung um einen neuen Arbeitsplatz, wenn der alte Arbeitgeber ein gutes Arbeitszeugnis ausstellt. Viele Arbeitnehmer wissen nicht, an wen sie sich wenden müssen, wenn sie ein Arbeitszeugnis möchten.

Frühere Rechtsprechung: Zeugnis wird durch den Arbeitgeber erteilt

Nach früherer Rechtsprechung hatte der insolvente Arbeitgeber das Arbeitszeugnis des Arbeitnehmers bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens auszustellen. Eine Zeugniserteilung durch den Insolvenzverwalter schied grundsätzlich aus. Dies erscheint auch sachgerecht, da der Insolvenzverwalter in der Regel keine Kenntnisse von den Leistungen der Arbeitnehmer vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens hat bzw. nur eine kurze Zeit nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens mit den Arbeitnehmern zu tun hatte. Eine Beurteilung der Leistungen des Arbeitnehmers sollte vielmehr durch den ehemaligen Arbeitgeber erfolgen, der den Betrieb in der Zeit vor der Insolvenz geführt hatte. Ausgenommen waren die Fälle, in denen der Insolvenzverwalter bereits über einen längeren Zeitraum das Arbeitsverhältnis fortgesetzt hat und so eine bessere Kenntnislage über die Fähigkeiten und Leistungen des Arbeitnehmers hatte. In diesen Fällen sollte nach früherer Rechtsprechung der Insolvenzverwalter berechtigt und verpflichtet sein, das Zeugnis für den Arbeitnehmer auszustellen.

Neue Rechtsprechung: Zeugnis soll durch den Insolvenzverwalter erteilt werden

In der neueren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts hat sich das Gericht von der früheren Rechtsprechung verabschiedet und inzwischen klarstellend festgestellt. Das Gericht nimmt hier eine zeitliche Abgrenzung vor und regelt nun eindeutig, zu welchem Zeitpunkt der Anspruch des Arbeitnehmers auf Erteilung des Zeugnisses an den Insolvenzverwalter oder den Arbeitgeber zu richten ist.

Zuständigkeit des Arbeitgebers für Zeugniserteilung

Wenn das Arbeitsverhältnis vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens beendet wird, bleibt der insolvente Arbeitgeber selbst zuständig. Die Verpflichtung der Erteilung des Zeugnisses geht nicht auf den vorläufigen Insolvenzverwalter über, wenn auf diesen im Eröffnungsverfahren die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis nicht gem. § 22 Abs.1 InsO oder im Rahmen einer Einzelermächtigung für die Arbeitsverhältnisse gem. § 22 Abs.2 InsO übergegangen ist.

Zuständigkeit des (vorläufigen) Insolvenzverwalters für Zeugniserteilung

Im Umkehrschluss ist der (vorläufige) Insolvenzverwalter zuständig für die Erteilung des Zeugnisses, wenn auf diesen die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis übergegangen ist. Damit der Insolvenzverwalter dieser Verpflichtung auch nachkommen kann, hat er einen Auskunftsanspruch gegenüber dem insolventen Arbeitgeber nach § 97 InsO.

Titulierter Zeugnisanspruch vor Eröffnung der Insolvenz

Wenn der Arbeitnehmer vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens einen titulierten Anspruch auf Erteilung eines Arbeitszeugnisses erwirkt hat, dann bleibt der Anspruch weiterhin gegen den ehemaligen Arbeitgeber vollstreckbar, auch nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens.

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