Anpassung und Überprüfung Ihres Insolvenzplans
Sobald Ihre Stimmliste vollständig erarbeitet ist beginnt der Abstimmungstermin Ihrer Planinsolvenz. Bevor es zur Abstimmung über Ihren Insolvenzplan kommt, gilt es Ihre Insolvenztabelle zu ergänzen. In der Praxis melden einige Gläubiger ihre Forderung häufig sehr kurzfristig an. In der Regel nimmt das Gericht diese Gläubiger im nachträglichen Prüfungstermin in die Insolvenztabelle auf.
Durch das Hinzutreten der kurzfristig angemeldeten Gläubiger ändern sich die Befriedigungsquoten der Gläubiger im Insolvenzplan insgesamt. Hierdurch ist eine Anpassung erforderlich. Die kurzfristige Anpassung Ihres Insolvenzplans übernehmen wir. Der angepasste Insolvenzplan wird durch das Insolvenzgericht erneut überprüft. Anschließend beginnt die Abstimmung.
Abstimmung innerhalb der Gläubigergruppen Ihres Insolvenzplans
Die Abstimmung über Ihren Insolvenzplan erfolgt innerhalb der von uns gebildeten Gläubigergruppen. Hierbei stimmt jede Gruppe der stimmberechtigten Gläubiger gesondert ab (§ 243 InsO). Stimmberechtigt sind
- alle Gläubiger, deren Rechte durch Ihren Insolvenzplan beeinträchtigt werden (§§ 237 Absatz 2, 238 Absatz 2 InsO) und
- die betroffenen Anteilsinhaber (§ 238a Absatz 1 InsO) oder Mitglieder.
Berücksichtigung finden nur die Stimmen
- der anwesenden Gläubiger,
- der ordentlichen anwaltlichen Vertretung eines Gläubigers und
- die schriftlichen Stimmzettel bei gesondert festgelegten Abstimmungsterminen.
Doppelte Mehrheit innerhalb der Gruppen Ihres Insolvenzplans erforderlich
Für die Annahme Ihres Insolvenzplans durch Ihre Gläubiger ist die sog. „doppelte Mehrheit“ erforderlich. Hierzu ist grundsätzlich in jeder Gläubigergruppe die Kopf- und Summenmehrheit zu erreichen (§ 244 Absatz 1 InsO).
- Kopfmehrheit: die Mehrheit der abstimmenden Gläubiger stimmt Ihrem Insolvenzplan zu (§ 244 Absatz 1 Nr. 1 InsO)
- Summenmehrheit: Die Summe der Ansprüche der zustimmenden Gläubiger beträgt mehr als die Hälfte der Summe der Ansprüche der abstimmenden Gläubiger (§ 244 Absatz 1 Nr. 2 InsO)
Beispiel: Frau Schmitz hat Ihre Planinsolvenz anwaltlich betreuen lassen um ihre Schulden hinter sich zu lassen. Ihr Insolvenzplan wurde mit samt Gläubigergruppen erfolgreich erarbeitet und dem Gericht vorgelegt. Nach der erfolgreichen Überprüfung kam es zum Erörterungs- und Abstimmungstermin, der sorgfältig vorbereitet wurde. Eine der Gläubigergruppen von Frau Schmitz ist die der Kreditgläubiger. Sie umfasst sieben Gläubiger mit einer ins gesamten Forderungshöhe von 80.000 €. Innerhalb der Gruppe stimmen fünf Gläubiger für und zwei Gläubiger gegen den Insolvenzplan. Die fünf zustimmenden Gläubiger halten zusammen einen Forderungsanteil von 70.000 €. Die zwei ablehnenden Gläubiger hingegen einen Anteil von 10.000 €. Innerhalb der ersten Gruppe konnte Frau Schmitz die Kopf- und Summenmehrheit erreichen.
Mit dem Erfordernis der doppelten Mehrheit zielt der Gesetzgeber auf die gerechte Balance zwischen den Gläubigern mit hohen Forderungen und den kleineren Gläubigern ab. Weder
- soll die Überstimmung eines Gläubigers mit einer sehr hohen Forderung durch zahlreiche kleine Gläubiger nicht möglich sein
noch
- soll einem sehr großen Gläubiger die Ausnutzung seiner Position ermöglicht werden.
Obstruktionsverbot in Abstimmung über Ihren Insolvenzplan
Der Grundsatz in jeder einzelnen Gläubigergruppe die Kopf- und Summenmehrheit zu erzielen wirkt sehr streng. Folgt man diesem Grundsatz hätte jede einzelne Gruppe durch eine Ablehnung das Scheitern eines Insolvenzplans in der Hand. Selbst ein sinnvoller Insolvenzplan könnte auf diese Weise durch einzelne Gläubigergruppen blockiert werden. Ziel einer Planinsolvenz ist aber die optimale Abwicklung einer Insolvenz. Eine solche Blockade würde dem Ziel entgegenstehen.
Aus diesem Grund gilt auch hier die juristische Redewendung: Von jedem Grundsatz gibt es eine Ausnahme.
Die hier durch den Gesetzgeber gebildete Ausnahme ist das sog. Obstruktionsverbot (§ 245 InsO). Stimmen nicht alle Gläubigergruppen Ihrem Insolvenzplan zu, kann das Insolvenzgericht unter bestimmten Voraussetzungen
- die fehlenden Zustimmungen ersetzen und
- den Insolvenzplan bestätigen.
Zustimmungsersetzung durch Gericht bei Vorliegen der Voraussetzungen des Obstruktionsverbots
Die Zustimmung einer Abstimmungsgruppe wird durch das Gericht erteilt, wenn
- die angehörigen Gläubiger dieser Gruppe durch Ihren Insolvenzplan voraussichtlich nicht schlechter gestellt werden, als sie ohne Plan stünden,
- die Gläubiger dieser Gruppe angemessen an dem wirtschaftlichen Wert beteiligt werden, der auf der Grundlage des Plans den Beteiligten zufließen soll und
- die Mehrheit der abstimmenden Gläubigergruppen Ihrem Insolvenzplan mit den erforderlichen Kopf- und Summenmehrheiten zugestimmt hat (§ 245 Absatz 1 Nr. 1 – 3 InsO).
Bei der Beurteilung der Frage nach der Schlechterstellung einer Gläubigergruppe durch den Plan zieht das Gericht die Vergleichsrechnung heran. Sie ist Teil des darstellenden Teils Ihres Insolvenzplans und wird durch uns erstellt.
Die an dem wirtschaftlichen Wert angemessene Beteiligung für eine Gruppe von Gläubigern liegt vor, wenn
- kein anderer Gläubiger wirtschaftliche Werte erhält, die den vollen Betrag seines Anspruchs übersteigen,
- weder ein Gläubiger, der ohne einen Plan mit Nachrang gegenüber den Gläubigern der Gruppe zu befriedigen wäre, noch der Schuldner selbst oder eine an ihm beteiligte Person (bei Unternehmen) einen wirtschaftlichen Wert erhält und
- kein Gläubiger, der ohne einen Plan gleichrangig mit den Gläubigern der Gruppe zu befriedigen wäre, bessergestellt wird als diese Gläubiger (§ 245 Absatz 2 Nr. 1 – 3 InsO).
Alle Voraussetzungen müssen gleichermaßen erfüllt sein. Das Insolvenzgericht prüft ohne Antrag von Amts wegen, ob die Bedingungen des Obstruktionsverbots vorliegen.
Der große Vorteil des Obstruktionsverbots besteht in der Zustimmungsersetzung durch das Gericht. Durch
- eine kluge Gruppenbildung und
- die vorher erfolgte Absprache mit Ihren Gläubigern
können wir auf die Zustimmungsersetzung des Insolvenzgerichts hinarbeiten.
Beispiel: Der Insolvenzplan von Frau Schmitz enthält neben der Gruppe der Kreditgläubiger sechs weitere Gläubigergruppen. In fünf der sechs Gläubigergruppen erreicht sie in der Abstimmung die Kopf- und Summenmehrheit. Nur die sechste Gruppe scheint den Insolvenzplan durch ihre Ablehnung blockieren zu wollen. Das Insolvenzgericht kommt zu dem Ergebnis, dass die Angehörigen der sechsten Gruppe durch den Insolvenzplan nicht schlechter gestellt sind als ohne Plan. Zudem werden sie angemessen am wirtschaftlichen Wert beteiligt, der aufgrund des Plans allen Beteiligten zufließen soll. Alle Voraussetzungen des Obstruktionsverbots liegen vor. Das Gericht ersetzt die fehlenden Zustimmungen der sechsten Gruppe und bestätigt den Insolvenzplan von Frau Schmitz. Frau Schmitz ist überglücklich. Durch das Obstruktionsverbot und die kluge Gruppenbildung in ihrem Insolvenzplan ist sie schuldenfrei.
Was passiert wenn zum geplanten Termin kein Gläubiger erscheint?
Mfg
Sehr geehrter Fragesteller,
dies ist in der Tat gar nicht so selten der Fall. In diesem Fall gilt der Insolvenzplan als angenommen. Findet der Termin an einem “ungünstigen” Ort statt, hat dies häufig Auswirkungen auf die Anwesenheit der Gläubiger.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. V. Ghendler
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Insolvenzrecht