Gehaltskürzung – zulässig oder nicht?

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    Gehaltskürzung (Lohnkürzung) – wann ist sie zulässig?

    Die Vergütung der Arbeitsleistung des Beschäftigten und die Zahlung des Gehalts bzw. des Lohns ist die Hauptpflicht des Arbeitgebers. Naturgemäß kann der Arbeitnehmer dabei aufgrund steigender Qualifikationen für seine Leistung mehr Lohn erwarten, je länger er im Unternehmen angestellt bzw. allgemein im Beruf tätig ist und entsprechend Berufserfahrung hat. Häufig gewähren Arbeitgeber hier gemäß den Leistungen und erworbenen Qualifikationen des Mitarbeiters eine Gehaltserhöhung, die im Arbeitsvertrag festgehalten wird. Gehaltserhöhungen sind also durchaus gang und gäbe und allgemein geläufig. Doch gilt das eigentlich auch umgekehrt? Ist eine Gehalts- bzw. Lohnkürzung auch möglich? Und wenn ja, unter welchen Umständen?

    Jan Glitsch ist Anwalt für Arbeitsrecht und betreut mit seinem spezialisierten Team bundesweit unsere Mandanten in diesem Bereich.

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    Gehaltskürzung grundsätzlich möglich

    Prinzipiell besteht die Möglichkeit, dass der Arbeitgeber das Gehalt oder den Lohn des Arbeitnehmers kürzt. Anders als eine Gehaltserhöhung ist eine Lohnkürzung allerdings nicht ohne weiteres möglich. Um das Gehalt zu kürzen, müssen vielmehr bestimmte Voraussetzungen und triftige Gründe vorliegen, andernfalls ist eine Lohnkürzung unzulässig; eine willkürliche Kürzung des Arbeitsentgelts ist nicht erlaubt. Eine Gehaltskürzung ist durch den Arbeitgeber grundsätzlich im Vorfeld anzukündigen, der betroffene Arbeitnehmer bzw. die betroffenen Arbeitnehmer müssen über eine geplante Kürzung des Entgelts in Kenntnis gesetzt werden. Ebenso ist der Arbeitgeber dazu verpflichtet, die Zustimmung des Betriebsrates einzuholen, sofern ein solcher im Unternehmen eingerichtet ist.

    In vielen Fällen ist bei einer ordnungsgemäßen und einvernehmlichen Änderung des Entgeltes (unabhängig davon, ob eine Gehaltserhöhung oder -Kürzung) eine sogenannte Änderungskündigung des Arbeitsvertrages oder ein Änderungsvertrag erforderlich, da die Vergütung bzw. die Höhe der Vergütung arbeitsvertraglich vereinbart ist. Hier ist jedoch zu beachten, dass eine durch den Arbeitgeber einseitig ausgesprochene Änderungskündigung des Arbeitsvertrages ohne Einigung mit bzw. Einwilligung des Arbeitnehmers rechtswidrig ist, wenn die Änderungskündigung hauptsächlich dazu dient, den Lohn zu kürzen (vgl. LAG Rheinland-Pfalz, Aktenzeichen 2 Sa 867/06).

    Für eine Lohnkürzung gelten zwar strenge Voraussetzungen, die zulässige Höhe einer Kürzung des Gehaltes ist allerdings nicht explizit gesetzlich definiert und einheitlich festgelegt. Grundsätzlich gelten allerdings der gesetzliche Mindestlohn und tarifliche Lohnuntergrenzen; die Vergütung darf diese Lohnuntergrenzen infolge einer Gehaltskürzung nicht unterschreiten.

    Aus welchen Gründen ist eine Lohnkürzung zulässig?

    Eine rechtmäßige Gehaltskürzung kann aus unterschiedlichen Gründen erfolgen und je nach den vorliegenden Umständen sogar gesetzlich festgelegt sein.

    Gehaltskürzung im Krankheitsfall

    Eine vom Gesetzgeber geregelte Kürzung des Arbeitsentgeltes erfolgt etwa im Krankheitsfall. Ist der Arbeitnehmer erkrankt und daher arbeitsunfähig, ist der Arbeitgeber gemäß § 3 Entgeltfortzahlungsgesetz (EntgFG) zunächst dazu verpflichtet, den Lohn weiterzuzahlen – der Arbeitnehmer darf seine Arbeitsunfähigkeit allerdings nicht selber verschuldet haben und muss seit mindestens vier Wochen im Unternehmen angestellt sein. Diese Lohnfortzahlungspflicht des Arbeitgebers im Krankheitsfall besteht für sechs Wochen. Dauert die Erkrankung bzw. die Arbeitsunfähigkeit länger an, entfällt die Entgeltzahlungspflicht: der Arbeitnehmer erhält keinen Lohn mehr, sondern Krankengeld von der Krankenkasse als Lohnersatzleistung. Dieses entspricht allerdings nicht der Höhe des eigentlichen Gehaltes, sondern beträgt 70 % des Bruttoeinkommens, jedoch nicht mehr als 90 % des Nettoeinkommens.

    Auch bei der Erkrankung ihres Kindes, wenn Arbeitnehmer aufgrund der notwendigen Betreuung ihrer Tätigkeit nicht nachgehen können, kann eine Kürzung der Vergütung zulässig sein. Ist eine Entgeltfortzahlung bzw. eine bezahlte Freistellung von der Arbeit gemäß § 616 BGB durch arbeitsvertragliche Regelungen ausdrücklich ausgeschlossen, erhält der Arbeitnehmer ebenfalls eine Lohnersatzleistung von der Krankenkasse (sogenanntes Kinderkrankengeld). Das Kinderkrankengeld beläuft sich ebenfalls auf maximal 90 % des Netto- oder 70 % des Bruttolohns.

    Lohnkürzung bei unentschuldigt nicht erbrachter Arbeitsleistung

    Eine Lohnkürzung kann unter Umständen bei einem Verstoß des Arbeitnehmers gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten erfolgen, wenn dieser seine Arbeitsleistung nicht erbringt, etwa weil er unentschuldigt seinem Arbeitsplatz fern bleibt. Ein derartiges Fehlverhalten bzw. eine derartige Pflichtverletzung des Arbeitnehmers muss allerdings dauerhaft und regelmäßig vorliegen, damit der Arbeitgeber dazu berechtigt ist, den Lohn einzubehalten bzw. zu kürzen. Zudem muss der Arbeitgeber nachweisen, dass sein Mitarbeiter dauerhaft, über einen längeren Zeitraum hinweg seine Arbeitsleistung nicht erbringt und damit seinen arbeitsvertraglichen Pflichten nicht nachkommt.

    Erbringt der Arbeitnehmer seine vertraglich vereinbarte Arbeitsleistung nur ungenügend oder nicht rechtzeitig (wenn beispielsweise eine Präsentation mal schlecht läuft, ein Projekt mal nicht zur festgelegten Deadline fertig wird o. ä., infolgedessen der Arbeitgeber mit der Leistung seines Mitarbeiters unzufrieden ist), ist eine Lohnkürzung in der Regel unzulässig. Grundsätzlich wird dem Arbeitnehmer nämlich auch zugestanden, dass er mal Fehler macht und nicht immer hundertprozentig zufriedenstellend arbeitet; es kann nicht erwartet werden, dass der Arbeitnehmer immer komplett fehlerfrei arbeitet.

    Der Arbeitnehmer ist zunächst nur dazu verpflichtet, seine Tätigkeit auszuführen, unabhängig von einem bestimmten Erfolg. Daher kann der Arbeitgeber bei mangelhafter oder nicht rechtzeitig erbrachter Arbeitsleistung das Entgelt nicht ohne weiteres kürzen. Eine Ausnahme besteht allerdings, wenn leistungsabhängige Zusatzzahlungen im Erfolgsfall (Boni oder Prämien) vereinbart sind. Hier hat der Arbeitgeber die Möglichkeit, bei unzureichender Arbeitsleistung und entsprechendem Ausbleiben des Erfolges den Lohn bzw. die vereinbarten Zusatzzahlungen zu kürzen oder ganz einzubehalten. Das eigentliche festgelegte Grundgehalt bleibt hiervon jedoch unberührt.

    Ebenso kann eine Lohnkürzung bei grobem Fehlverhalten des Arbeitnehmers erfolgen, beispielsweise bei Beleidigungen oder Tätlichkeiten gegenüber Kollegen. Allerdings ist der Arbeitgeber hier für gewöhnlich auch zu einer Kündigung oder zumindest zu einer Abmahnung berechtigt.

    Gehaltskürzung aus betrieblichen Gründen

    Auch aus Gründen, die im Unternehmen liegen, also aus betrieblichen Gründen, ist eine Gehaltskürzung möglich, etwa bei Kurzarbeit. Hier gelten allerdings strenge Voraussetzungen, unter anderem muss eine vom Arbeitgeber nachzuweisende massive wirtschaftliche Notlage ohne eigenes Verschulden vorliegen, die es zur Reduzierung von Personal- und Produktionskosten dringend erforderlich macht, Kurzarbeit einzuführen bzw. den Lohn der Beschäftigten (vorübergehend) zu kürzen. Zudem muss der Arbeitgeber eine mögliche Gehaltskürzung wie erwähnt vorher ankündigen und sich – falls ein solcher existiert – mit dem Betriebsrat abstimmen. Erfolgt eine Lohnkürzung aus betrieblichen Gründen sind für gewöhnlich alle Mitarbeiter des Unternehmens oder zumindest alle Mitarbeiter einer ganzen Abteilung betroffen.

    Kürzung des Lohns durch “Aufrechnung”

    Eine weitere Möglichkeit der Gehaltskürzung ist die sogenannte “Aufrechnung”, das heißt durch Verrechnung mit dem festen Grundgehalt. Eine Kürzung des Arbeitsentgeltes durch eine Aufrechnung kann zum Beispiel erfolgen, wenn der Arbeitnehmer versehentlich zu viel Gehalt erhalten hat. In diesem Fall darf der Arbeitgeber im Folgemonat den Lohn entsprechend kürzen und das zu viel gezahlte Gehalt abziehen.

    Der Lohn kann zudem bei eventuellen Schadensersatzansprüchen des Arbeitgebers gegenüber dem Arbeitnehmer durch eine Aufrechnung gekürzt werden: ist dem Arbeitgeber durch grob fahrlässig oder vorsätzliches Verhalten des Arbeitnehmers Schaden entstanden, kann er gegebenenfalls Schadensersatzansprüche geltend machen und diese mit dem Arbeitsentgelt verrechnen.

    Bei der Aufrechnung bzw. bei der Verrechnung mit dem Grundgehalt gilt allerdings grundsätzlich abhängig von Nettoeinkommen und Familienstand eine sogenannte Pfändungsfreigrenze. Das bedeutet, dass Gehaltskürzung durch eine Aufrechnung nur bis zu dem jeweils festgelegten Betrag der Pfändungsfreigrenze zulässig ist. So ist gewährleistet, dass der Arbeitnehmer einen bestimmten Betrag zur Sicherung seiner Lebensgrundlage zur Verfügung hat.

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