Ihre Fragen und unsere Antworten zum Auto-Kartell
- Über welche Bereiche sprachen sich die Kartellanten ab?01
- Wie wurde das Kartell aufgedeckt?02
- Wie hängt das Kartell mit dem Abgasskandal zusammen?03
- Welchen Schaden haben die Kunden?04
- Wie werden die Kartellanten bestraft?05
- Was können betroffene Autokäufer tun?06
Über welche Bereiche sprachen sich die Kartellanten ab?
So wie es aussieht, über fast alle. Enthüllungen des Nachrichtenmagazins Spiegel zufolge waren die Fachleute der Autobauern in Arbeitskreise eingeteilt und aufgegliedert nach Entwicklungsbereichen „Antrieb“, „Aufbau/Karosserie“, „Fahrwerk“, „Elektrik/Elektronik“ und „Gesamtfahrzeug.“ Es gab einen Arbeitskreis zu mechanischen Anbauteilen, einen zu der Sitzanlage, auch Arbeitskreise zur Luftfederung und der Kupplung.´Und da gab es da noch die Arbeitskreise zu den großen Themen, den „AK Ottomotoren“ und den „AK Dieselmotoren”. Im letzteren wurde auch die Basis für den Abgasskandal gelegt.
Wie wurde das Kartell aufgedeckt?
Nachdem das Bundeskartellamt im Rahmen von Durchsuchungen bei unterschiedlichen Unternehmen mehrere Datenträger mit entlarvenden Informationen sichergestellt hatte, erstatteten sowohl Daimler als auch VW eine Art Selbstanzeige um als Kronzeugen die drohenden Milliardenstrafen zumindest zu reduzieren. Seit der Aufdeckung hüllen sich die Hersteller in Schweigen. In Wolfsburg, Stuttgart & Co. will man abwarten, wie sich die EU-Kommission positioniert. Jedes Schuldeingeständnis dürfte zumindest in den USA zivilrechtliche Klagen befeuern. Ohnehin sind auf der anderen Seite des großen Teichs bereits mehrere Sammelklagen gegen die Hersteller eingereicht worden.
Wie hängt das Kartell mit dem Abgasskandal zusammen?
Ohne das Kartell hätte es die Dieselaffäre wahrscheinlich nicht, jedenfalls nicht in dem gegenwärtigen Ausmaß, gegeben. Den Stein ins Rollen brachte die Diskussion über die Größe des AdBlue-Tanks. Bei AdBlue handelt es sich um ein Harnstoffgemisch, welches die bei der Verbrennung von Diesel ausgestoßenen Stickoxide reinigt. Bestenfalls sollte ein solcher AdBlue Tank zwischen 17-35 Litern fassen und bei turnusmäßigen Inspektionen wieder aufgefüllt werden. Ein solcher Tank würde zwar das Stickoxid-Problem lösen, wäre aber aus Sicht der Vertriebsabteilungen zu groß. Den Platz hätte man besser nutzen können. Der Konsens der Kartellanten lautete schnell: bloß keinen Wettbewerb um die Größe der Tanks. Denn bei einer Verständigung winkten, so ein Sitzungsprotokoll, Einsparpotentiale von „bis zu 80 Euro pro Fahrzeug“.
Also hatten sich die Kartellanten auf AdBlue-Tanks in einer Größe von acht Liter geeinigt. Diese Tanks reichten allerdings nur für 6.000 Kilometer. Da man jedoch befürchtete, den Kunden so häufige Nachfüllungen nicht gut vermitteln zu können, wurden Wege gesucht, den Abgasausstoß auf anderen Wegen zu „reduzieren.“ VW entschied sich für den Einsatz von Betrugssoftware.
Welchen Schaden haben die Kunden?
Der konkrete Schaden der Verbraucher durch das Kartell ist im Moment noch ungewiss. Im Prinzip gilt: der Kunde muss so gestellt werden, wie er ohne das wettbewerbswidrige Verhalten stünde. Der Schaden liegt grundsätzlich in der Differenz zwischen dem Preis des Fahrzeugs ohne Kartell und dem Preis mit Kartell. Dieser Schaden ist leicht nachzuweisen, wenn sich Kartellanten, wie etwa in dem Zement-, Zucker- oder LKW-Kartell über Preise abgesprochen haben. Allerdings fehlen bei dem aktuellen Auto-Kartell noch Hinweise auf konkrete Preisabsprachen. Jedenfalls werden diese von den Herstellern dementiert.
Wie wirkt sich aber die Installation kleinerer AdBlue-Tanks auf den Preis des Fahrzeugs aus? Und wie die Übereinkunft hinsichtlich der Auftragsvergabe an bestimmte Lieferanten? Hier muss das Ergebnis der Ermittlungen der nun mit dem Fall betrauten EU-Kommission abgewartet werden.
Klar ist: der Austausch sensibler Daten, die Verständigung auf gemeinsame technische Standards – ein solches Verhalten hebelt den Wettbewerb aus. Dabei ist es gerade der Wettbewerb, der dafür sorgt, dass der Kunde für sein Geld das beste Produkt bekommt.
Wie werden die Kartellanten bestraft?
Bestätigt sich der Kartellverdacht, müssen sich die Hersteller auf empfindliche Bußgelder einstellen. Bei der Bemessung des Bußgeldes spielen Kriterien wie Art und Dauer des Kartellverstoßes einerseits und die Rolle des Unternehmens im Kartell und auf dem betroffenen Markt andererseits eine Rolle. Besonders schwer wiegen Absprachen hinsichtlich der Preise, der Quoten, des Gebiets und der Kunden. Auch werden Wiederholungstäter härter bestraft.
Positiv berücksichtigt wird das Verhalten der Beteiligten nach der Aufdeckung der Tat. So sorgt zum Beispiel eine einvernehmliche Verfahrensbeendigung in der Regel für einen „Rabatt“ bei der Strafe. Als gesetzliche Obergrenze bei der Höhe des Bußgeldes dienen 10% des Konzernumsatzes im Geschäftsjahr vor der Behördenentscheidung. Diese Grenze wurde allerdings bislang noch nie erreicht. Am höchsten waren bislang die Geldbußen im LKW-Kartell, an dem übrigens sowohl VW durch seine Töchter MAN und (mutmaßlich) Scania als auch Daimler beteiligt gewesen sind. Dort verhängte die EU-Kommission eine Gesamtstrafe in Höhe von 2,93 Mrd. Euro.
Was können betroffene Autokäufer tun?
Kartellrechtliche Ansprüche
Zunächst einmal wären da die kartellrechtlichen Ansprüche. Die erst im Juni 2017 verabschiedete 9. Novelle des Gesetzes gegen unlauteren Wettbewerb (GWB) soll nach dem Willen des Gesetzgebers unter anderem auch die private Rechtsdurchsetzung stärken. Nun sollen die Kartellanten nicht alleine mit den Geldbußen der EU-Kommission „davonkommen.“ Auch die durch das Kartell geschädigten Endkunden können nun unter vereinfachten Bedingungen Schadensersatzansprüche geltend machen. Einer der wichtigsten Neuerungen des GWB ist die Aufstellung einer Vermutung, dass ein Kartell auch zum Schaden führt. Darüber hinaus wurden die Gerichte mit der Möglichkeit ausgestattet, den entstandenen Schaden zu schätzen. Ferner wurde die Verjährungsfrist verlängert, von drei auf fünf Jahre.
Leider ist die Aufarbeitung der kartellrechtlichen Geschehnisse noch ganz am Anfang. Es wird noch eine Weile dauern, bis man in der Lage sein wird, Ansprüche stichhaltig auf die neuen Regelungen stützen zu können.
Schadensersatz
Es gibt allerdings andere Möglichkeiten. Geschädigten des Abgasskandals, dessen Aufarbeitung inzwischen weit fortgeschritten ist, stehen Schadensersatzansprüche gegen die Hersteller zu.
Widerrufsjoker
Allen Autokäufern, die ihr Fahrzeug über die Herstellerbank finanziert haben, wird durch den Widerrufsjoker die Möglichkeit eröffnet, die KFZ-Finanzierung rückabzuwickeln und sich im Zuge dessen auch von dem damit verbundenen Autokauf zu lösen.