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Jeden Tag “knallt und kracht” es auf den Straßen – und das gleich mehrfach: für das Jahr 2019 etwa zählt die deutsche Unfallstatistik weit über zwei Millionen mal schwere, mal wenige schwere Zusammenstöße. Die Unfallursachen sind vielfältig: Fahren unter Alkohol- oder Drogeneinfluss, Nutzung des Mobiltelefons am Steuer, Missachtung des Mindestabstandes oder das Übersehen von Radfahrern oder Fußgängern im toten Winkel beim Abbiegen – der Straßenverkehr ist ein gefährliches Pflaster und die kleinste Unaufmerksamkeit kann gravierende Folgen haben. Dabei steht nach jedem Verkehrsunfall die Schuldfrage im Raum: wer hat die Kollision (hauptsächlich) verursacht? Trägt ein Verkehrsteilnehmer die alleinige Schuld? Oder trifft den Unfallgegner eine Mitschuld? Wer haftet in welcher Höhe? Eine wichtige Rolle in diesem Zusammenhang spielt der sogenannte Anscheinsbeweis – ein im Wesentlichen juristischer Fachbegriff. Was ist darunter zu verstehen? Wann findet ein solcher Beweis Anwendung?
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Unter einem Anscheinsbeweis (sogenannter prima-facie-Beweis) versteht man einen Beweis, bei dem in einem konkreten Fall auf der Grundlage eines ganz und gar typischen und unzweifelhaften Geschehensablaufs der Rückschluss von einem Ereignis (Wirkung) auf das auslösende Geschehen (Ursache) unabweisbar auf der Hand liegt. Voraussetzung ist hierbei, dass 1. der Ablauf des Geschehens typisch ist („so wie immer“), 2. der Zusammenhang zwischen Ursache und Wirkung so eindeutig ist, dass für das betreffende Ereignis unter den gegebenen Umständen nur das vorgefundene auslösende Geschehen als Ursache in Frage kommt. Ist der Ablauf des Geschehens untypisch (“nicht so wie sonst”) oder kommen im konkreten Fall auch noch andere Ereignisse als Verursacher in Frage, kann nicht mit einem Anscheinsbeweis argumentiert werden.
Zur Entkräftung bzw. Widerlegung des Anscheinsbeweises liegt die Beweislast grundsätzlich beim Beschuldigten. Das bedeutet, dass derjenige, dem mit dem Argument eines Anscheinsbeweises Vorwürfe gemacht werden, begründet darlegen muss, dass der Ablauf der Ereignisse gerade nicht typisch (“so wie immer”) war. Dabei ist es allerdings nicht unbedingt erforderlich, das Gegenteil des vorgeworfenen Geschehensablaufs zu beweisen. Vielmehr genügt ein Beweis, dass das Geschehen vom üblichen Verlauf abwich. Kann der Beschuldigte diesen Beweis erbringen, geht die Beweislast an die Gegenpartei über.
Der Anscheinsbeweis ist vor allen Dingen bei Auffahrunfällen im Straßenverkehr und bei Verstößen gegen die Verkehrssicherungspflicht relevant, spielt aber beispielsweise auch bei Kredit- bzw. EC-Kartenmissbrauch oder bei der Arzthaftung eine Rolle.
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Insbesondere im Verkehrsrecht wird häufig mit einem Anscheinsbeweis argumentiert. Hier in erster Linie bei Auffahrunfällen, aber beispielsweise auch bei Unfällen unter Alkoholeinfluss, bei Zusammenstößen beim Linksabbiegen oder bei Kollisionen beim Ein- oder Aussteigen. Das Argumentieren mit einem Anscheinsbeweis ist dabei grundsätzlich möglich, wenn das Unfallgeschehen in typischer Weise (“so wie immer”) abgelaufen ist und keine Anhaltspunkte für einen untypischen Verlauf vorliegen.
Die weit verbreitete Annahme bei einem Auffahrunfall ist grundsätzlich: wer auffährt, ist schuld am Unfall. Der Anscheinsbeweis findet hier Anwendung, indem man aufgrund von Erfahrungswerten bzw. einem typischen Geschehensablauf davon ausgeht bzw. vermutet, dass der Unfall durch ein Fehlverhalten (Missachtung der Sorgfaltspflicht) des Auffahrenden entstanden ist, beispielsweise durch mangelnde Aufmerksamkeit, zu dichtes Auffahren oder zu hoher Geschwindigkeit. Um den Anscheinsbeweis zu entkräften und somit die Möglichkeit eines untypischen Geschehensablaufes aufzuzeigen, muss der Betroffene/ der Unfallfahrer belegen, dass er seine Sorgfaltspflicht nicht verletzt hat, Geschwindigkeit, Sicherheitsabstand etc. also angemessen waren. Kann er das begründet darlegen, liegt die Beweislast dann beim Unfallgegner (Geschädigten) und dieser muss die Schuld des Unfallfahrers beweisen bzw nachweisen, dass der Schaden an seinem Fahrzeug durch das Verschulden des Unfallfahrers entstanden ist.
Allerdings bewahrheitet sich das Motto “Wer auffährt, ist schuld” nicht immer und der Anscheinsbeweis zu Lasten des Auffahrenden ist nur mit Einschränkungen und unter gewissen Voraussetzungen anzuwenden bzw. gültig. So greift der Anscheinsbeweis nur, wenn – basierend auf Erfahrungswerten – ein sogenanntes typisches Verkehrsgeschehen vorgelegen hat. Daraus ergibt sich automatisch, dass den Unfallgegner bzw. den Geschädigten eines Auffahrunfalls je nach Sachverhalt eine Mitschuld trifft. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn der Geschädigte/ der vorausfahrende Fahrzeugführer unerwartet und ohne triftigen Grund bremst oder an einer schwer bis gar nicht einsehbaren Stelle, wie einer Kurve, sein Kfz abgestellt hat und daraus ein Auffahrunfall resultiert. In diesen Situationen handelt es sich in der Regel um ein unter den konkreten Umständen gerade nicht typisches und vorhersehbares Verkehrsgeschehen, der Auffahrende kann mit einer solchen Situation bzw. mit einem solchen Verhalten nicht rechnen, weswegen der Anscheinsbeweis abgelehnt werden kann.
Es gilt wie erwähnt allerdings grundsätzlich: der Fahrzeugführer, der auffährt, muss beweisen, dass eine atypische Verkehrssituation vorlag, die er nicht voraussehen konnte.
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Gemäß einem Urteil des Bundesgerichtshofes (BGH) ist der Anscheinsbeweis nur mit Zurückhaltung und Bedacht anzuwenden, da dieser sich im Grunde genommen auf allgemeine Erfahrungswerte stützt, die von früheren typischen – ähnlichen oder gleichen – anderen Geschehensabläufen gewonnen wurden, ohne jedoch im individuellen Fall auslösende Ursache bzw. vorwerfbares Verschulden direkt zu beweisen. Es müsse feststehen, dass das Unfallgeschehen in einem konkreten Fall so typisch war, dass das Verschulden unter Rückgriff auf diese allgemeinen Lebenserfahrungen und ohne “individuelle Beweisführung” bezüglich des Einzelfalles angenommen werden kann.
So liegt laut BGH zum Beispiel kein Anscheinsbeweis bei einem Auffahrunfall auf der Autobahn bei einem dem Zusammenstoß vorausgegangenen Spurwechsel des vorausfahrenden Kfz vor. In diesem Fall muss der Auffahrende allerdings beweisen, dass der Spurwechsel tatsächlich stattgefunden hat (BGH, Aktenzeichen VI ZR 32/16); nur unter diesen Umständen ist ein Anscheinsbeweis dann unzulässig.
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Dr. V. Ghendler ist Rechtsanwalt und Partner unserer Kanzlei. Als Verkehrsrechtsexperte vertritt er mit seinem spezialisierten Team bundesweit die Interessen von Verkehrsteilnehmern.
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