Nein. Die Anhörung kann sowohl schriftlich als auch mündlich erfolgen. Ist der Arbeitgeber gut beraten, wird er die Anhörung schriftlich durchführen. Denn bei einer mündlichen Anhörung wird er in einem möglichen Kündigungsschutzprozess in aller Regel Beweisschwierigkeiten bekommen. Denn der Arbeitnehmer, der sich gegen die Kündigung wehrt, wird für gewöhnlich behaupten, die Anhörung sei nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden. Gibt es dazu keine Dokumentation (üblich ist hier ein Formular mit notwendigen Angaben), gerät der Arbeitgeber in Beweisnot.
Welche Folgen hat eine fehlerhafte oder unterbliebene Anhörung?
Wird der Betriebsrat nicht oder nicht genügend informiert, enthält ihm der Arbeitgeber also wichtige Informationen vor, so führt alleine das schon zu der Unwirksamkeit der Kündigung.
Anhörungsfehler offenbaren sich häufig erst während eines Kündigungsschutzprozesses; wenn seit der Kündigung schon mehrere Monate verstrichen sind. Der Arbeitgeber muss beweisen, dass das Anhörungsverfahren eingehalten wurde. Das fällt ihm häufig schwer, da Betriebsratsanhörungen regelmäßig nicht gründlich genug durchgeführt werden.
Das ist eine freudige Nachricht für den Arbeitnehmer, denn dieser Anhörungsfehler wird seiner Kündigungsschutzklage zum Erfolg verhelfen.
Wie kann der Betriebsrat auf die geplante Kündigung reagieren?
Nach der Anhörung hat der Betriebsrat verschiedene Möglichkeiten.
- In bestimmten, gesetzlich geregelten Fällen kann er einer ordentlichen Kündigung widersprechen (§ 102, Abs. 3 BetrVG). Dafür müssen besondere Gründe vorliegen, z.B. wenn der Betriebsrat der Meinung ist, der Arbeitgeber habe soziale Gesichtspunkte nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt.
- Der Betriebsrat kann ferner Bedenken äußern. Diese muss er dem Arbeitgeber schriftlich mitteilen. Handelt es sich um eine ordentliche Kündigung (mit Kündigungsfrist), hat der Betriebsrat für seine Stellungnahme ein Woche Zeit. Bei außerordentlichen Kündigungen (ohne Kündigungsfrist oder bei normalerweise “unkündbaren” Mitarbeitern) beträgt die Frist zur Stellungnahme nur drei Tage.
- Der Betriebsrat kann der Kündigung zustimmen.
- Schließlich kann der Betriebsrat schweigen. Sobald die Frist zur Stellungnahme verstrichen ist, gilt die Zustimmung als erteilt.
Beachten Sie: Der Arbeitgeber braucht für die Kündigung gewöhnlicher Arbeitnehmer (nicht Betriebsratmitglieder) normalerweise keine Zustimmung des Betriebsrats, es sei denn, es wurde im Vorfeld vereinbart, dass eine Zustimmung erforderlich ist (§ 102 Abs. 6 BetrVG).
Wann darf der Betriebsrat einer Kündigung widersprechen?
Der Betriebsrat kann einer ordentlichen Kündigung innerhalb von einer Woche nach Anhörung widersprechen. Dafür braucht er einen bestimmten Widerspruchsgrund. Diese Gründe sind gesetzlich festgelegt in § 102 Absatz 3 Betriebsverfassungsgesetz. Das Gesetz besagt, dass der Betriebsrat einer Kündigung widersprechen darf, wenn:
- Der Arbeitgeber bei der Auswahl des zu kündigenden Arbeitnehmers soziale Gesichstpunkte nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat.
(z. B. Die Unterhaltspflichten eines Arbeitnehmers wurden nicht berücksichtigt)
- Die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl (§ 95 BetrVG) bei Kündigungen verstößt.
Solche Richtlinien werden vor allem in größeren Betrieben (ab 500 Mitarbeitern) aufgestellt, da man bei den häufigen Personalentscheidungen einheitliche Kriterien haben möchte.
- Der Arbeitnehmer an einem anderen Platz im selben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden könnte.
Die Kündigung soll stets das äußerste Mittel bei der Lösung arbeitsrechtlicher Konflikte sein.
- Der Arbeitnehmer nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen weiterbeschäftigt werden könnte.
Auch hier will man dem Arbeitnehmer zunächst die Möglichkeit einräumen, sich an die betrieblichen Anforderungen anzupassen, bevor man ihn entlässt.
- Der Arbeitnehmer unter geänderten Vertragsbedingungen weiterbeschäftigt werden könnte und er damit einverstanden ist.
Hier kann auch eine Beschäftigung unter ungünstigeren Bedingungen stattfinden, vorausgesetzt, das ist dem Arbeitnehmer lieber als entlassen zu werden.
Welche Wirkung hat der Widerspruch des Betriebsrats?
Obwohl der Widerspruch des Betriebsrats eine Kündigung nicht verhindern kann, entfaltet er dennoch eine positive Wirkung. Denn für den Fall, dass
- der Betriebsrat der Kündigung frist- und ordnungsgemäß widersprochen hat,
- der Arbeitnehmer gegen diese Kündigung eine Kündigungsschutzklage erhebt und
- verlangt, bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits weiterbeschäftigt zu werden,
muss der Arbeitgeber dieses Verlangen erfüllen (§ 102 Abs. 5 BetrVG).
Wenn der Arbeitnehmer also nach Ausspruch der Kündigung weiterhin im Betrieb verbleiben möchte, kann ihm ein Widerspruch des Betriebsrats dazu verhelfen, die Zeit des Kündigungsschutzprozesses zu überbrücken und so die Ausgliederung und die Beschäftigungslosigkeit zu verhindern.
Allerdings darf der Arbeitgeber aus dringenden betrieblichen oder persönlichen Gründen den Arbeitnehmer trotz eines Widerspruchs von der Arbeit freistellen, jedoch nur unter Fortzahlung des bisherigen Gehalts.
Sehr informativer Artikel! Mir fehlt hier allerdings eine Aktualisierung zur Kurzarbeit und der Corona Krise, da das doch sehr spezielle Themen sind. Ich fand den Artikel: https://www.ifb.de/news/betriebsbedingte-kuendigung-trotz-kurzarbeit/1101 sehr interessant dazu!
Würde mich freuen, wenn ihr dazu auch hier noch mehr dazu schreiben könntet.
LG
Thommy
Sehr geehrter Herr S.,
Danke für Ihr Lob. Sie können uns ja gerne einen ausformulierten selbst verfassten Entwurf schicken.
Mit freundlichen Grüßen
A. Kraus
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Insolvenzrecht