Kündigung wegen Beleidigung – Ehrverletzung oder bloß Kritik

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    Den Chef beleidigen – Wann ist eine Kündigung gerechtfertigt?

    Das Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer sollte idealerweise respektvoll und angemessen sein, die Stimmung auf dem Arbeitsplatz stets idyllisch. In der Realität ist dies jedoch nicht immer der Fall. Kochen die Gemüter über und es kommt zur verbalen Auseinandersetzung, so muss der Arbeitnehmer bedacht sein, was man im Eifer des Streits äußert – Beleidigungen gegenüber dem Chef können sogar zur fristlosen Kündigung führen. Unter welchen Voraussetzungen eine Kündigung wegen Beleidigung möglich ist, erfahren Sie in unserem Beitrag.

    Jan Glitsch ist Anwalt für Arbeitsrecht und betreut mit seinem spezialisierten Team bundesweit unsere Mandanten in diesem Bereich.

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    Bloße Kritik oder schon Beleidigung

    Die Meinungsfreiheit der Verfassung gilt als eines der wichtigsten Grundrechte. Offensichtlich umfasst diese jedoch nicht jegliche negative Äußerung gegenüber Mitmenschen. Zunächst stellt sich also die Frage, wann eine Äußerung als sanktionierbare Beleidigung gilt und wann als bloße legitime Kritik.

    Als erster Ansatzpunkt dient der Wahrheitsgehalt der Äußerung. Bloße Behauptungen, die bewusst wahrheitswidrig sind, können, je nach Inhalt, als üble Nachrede eingestuft werden. Schmähungen und bewusst unwahre Behauptungen fallen nicht unter die Meinungsfreiheit. Zudem hat eine Beleidigung einen gewissen Ehrverletzungs-Charakter. Eine tatsächliche begründete Kritik kann zudem auch so unsachgemäß ausgedrückt werden, sodass sie dennoch als Beleidigung eingestuft werden kann. Bloße Unhöflichkeiten, wie das Unterlassen eines Grußes, gelten dagegen nicht als Beleidigung.
    Wie so oft im Arbeitsrecht, kann schlussendlich nur eine Beurteilung des Einzelfalls eine konkrete Antwort ergeben. Als Merkmale lassen sich jedoch zusammenfassen:

    • Bewusst unwahre Behauptungen
    • Schmähung und Diffamierung als Hauptinhalt
    • Ehrverletzende Absicht
    • Schimpfwörter und offensichtliche umgangssprachliche „Beleidigungen“ wie beispielsweise Arschloch, Spinner, Nichtskönner etc.
    • Bloße Unhöflichkeiten haben keinen Beleidigungscharakter

    Beachte: Feierabend ist kein Freifahrtschein für Beleidigungen, auch nach der Arbeitszeit getätigte Aussagen könnten zu Sanktionen führen. Prinzipiell kann man natürlich nach Feierabend tun und lassen was man will, jedoch könnten abfällige Posts auf Facebook beispielsweise auch zu unangenehmen Konsequenzen führen.

    Mögliche Konsequenzen einer Beleidigung

    Rutscht im Streit oder auch im normalen Gespräch dann doch mal eine Beleidigung raus, so kann dies gravierende Folgen haben, evtl. sogar die fristlose Kündigung. Die außerordentliche, fristlose Kündigung würde dann in Form einer verhaltensbedingten Kündigung erfolgen. Bei einer solchen muss ein gravierender Verstoß des Arbeitnehmers gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten vorliegen: Im Falle der Beleidigung ein Verstoß gegen die Rücksichtnahmepflicht des Arbeitnehmers.

    Zudem kann die Kündigung fristlos erfolgen, wenn die erfolgte Beleidigung so derartig grob war, dass sie als legitimer, wichtiger Grund zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses gilt. An dieser Stelle wird abgewägt, ob das Interesse des Arbeitgebers an der sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses oder das Fortsetzungsinteresse des Arbeitnehmers überwiegt. Dabei werden folgende Gesichtspunkte berücksichtigt:

    • Der Betriebsfrieden muss grundsätzlich nachhaltig gestört sein
    • Bisherige Dauer des Arbeitsverhältnisses
    • Ernsthaftigkeit der Beleidigung (Sarkasmus und Ironie)
    • Grad der Ehrverletzung
    • Zeit und Anlass (Im Streit erfolgt etc.)
    • Psychischer Zustand des Arbeitnehmers
    • Provokation durch Arbeitgeber / Kollegen
    • Mündlich oder Schriftlich (Mündliche erfolgen zumeist im Affekt, während schriftliche eine Gewisse „Überlegung“ erfordern.)
    • Reue (Entschuldigt sich der Arbeitnehmer sofort und sieht seine Beleidigung ein)

    Beachte: Der generelle Umgangston der jeweiligen Branche führt zur Verschiebung der Maßstäbe. In einem Baubetrieb herrscht, erfahrungsgemäß, grundsätzlich ein schrofferer Umgangston als in einer Anwaltskanzlei. Ein Handwerker spricht zumeist anders mit seinem Meister/in als ein Arzt mit dem Oberarzt/in. Auch hier gibt es leider keine konkrete Antwort und es muss auf eine spezifische Beurteilung abgestellt werden.

    Abmahnung als Vorschritt

    Grundsätzlich muss vor der Kündigung eine Abmahnung erfolgen. Diese muss aufgrund eines ähnlichen Verstoßes erfolgt sein, sprich bereits zuvor aufgrund einer Beleidigung. Eine beleidigende Äußerung zu tätigen ist schließlich eine steuerbares, menschliches Verhalten und kann in Folge einer Abmahnung auch unterlassen werden – theoretisch. Fährt man, trotz Abmahnung, nämlich mit derartig konfrontativem Verhalten fort, so muss man berechtigterweise mit der Kündigung rechnen, ob ordentlich oder außerordentlich.

    Äußerung gegenüber Kollegen

    Prinzipiell sollte man als Arbeitnehmer natürlich auch unter Kollegen keine abfälligen Aussagen über den Chef tätigen. Kommt es dennoch dazu, so gilt ein etwas anderer Maßstab. Das Bundesarbeitsgericht entschied hier, dass man bei derartigen Gesprächen unter Kollegen auf ein gewisses Vertrauensverhältnis bauen darf. Tätigt man Aussagen in einem eingeschränkten Kreis von Gesprächsteilnehmern, so geschieht dies zumeist in der Annahme, dass die jeweilige Äußerung auch im Kreis bleibt.

    Fallen Beleidigungen in einem solchen Rahmen, so rechtfertigt dies in der Regel keine Kündigung. Die Aussage war nicht für die Öffentlichkeit bestimmt und durch das kollegiale Gespräch wird das Vertrauensverhältnis zum Arbeitgeber nicht gravierend geschädigt. Auch der Betriebsfrieden bleibt bei solchen Gesprächen unter Kollegen zumeist unangetastet.

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    Kündigung bereits erfolgt – das weitere Vorgehen

    Genießt man als Arbeitnehmer Kündigungsschutz, so kann man diesen üblich in Anspruch nehmen und eventuell Kündigungsschutzklage erheben. Um die vielen Fristen und formellen Voraussetzungen hier zu wahren, empfiehlt es sich, fachmännischen Rat zu suchen. Im Falle einer Kündigung aufgrund einer Beleidigung ist es zudem ratsam, die genauen Umstände der im Raum stehenden Äußerung zu dokumentieren. Hier ist Detailarbeit gefragt, da eine mögliche Provokation seitens des Arbeitgebers eine vorteilhaftere Betrachtung zulässt.

    Im Falle einer Äußerung gegenüber Kollegen kann man sich zudem auf das Vertrauen berufen, dass das Gesagte im kollegialen Kreis bleibt. Im Folgenden müsste man sich, idealerweise mithilfe eines spezialisierten Fachanwalts, damit auseinandersetzen, ob die zu beurteilende Äußerung überhaupt eine Beleidigung war und, falls ja, ob die Kündigung verhältnismäßig war (Beachte hier: Etwaige Unwirksamkeit aufgrund nicht erfolgter Abmahnung).

    Abschließend lässt sich sagen, dass man prinzipiell Beleidigungen und herablassende Äußerungen unterlassen sollte, ob gegenüber dem Chef oder den Kollegen. Tatsächliche Kritik sollte man angemessen und ruhig darstellen. Kommt es dennoch zum Streit, so rät es sich, einen ruhigen Kopf zu bewahren – Denn Äußerungen im Affekt können gravierende Konsequenzen haben.

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    2 Kommentare
    1. Monika T.
      says:

      Ich möchte eigentlich nur wissen ob die Aussage die Kommunikation ist zwischen mir und Herrn …. nachhaltig gestört als Beleidigung angesehen werden kann bzw Unhöflichkeit auf die eine Abmahnung erfolgen kann

      • Jan Glitsch
        says:

        Sehr geehrte Frau T.,

        vielen Dank für Ihre Frage. Dies lässt sich in der Regel nur in einer Gesamtbetrachtung der Situation beurteilen.
        Grundsätzlich muss es sich nicht um eine “klassische” Beleidigung handeln, sondern auch einfach respektloses Verhalten kann eine Abmahnung rechtfertigen. Es ist zur Beurteilung beispielsweise relevant, ob es sich um einen Vorgesetzten handelt oder nicht und wie sonst der Umgangston am Arbeitsplatz ist.
        Als ganz unverbindliche Antwort würde ich aber sagen, dass hier eine Abmahnung unwirksam sein dürfte.

        Mit freundlichen Grüßen

        J. Glitsch
        Rechtsanwalt

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