Mitarbeitergespräch – Pflicht für den Arbeitnehmer?
Da man nicht immer weiß, was einen beim Mitarbeitergespräch erwartet, würde mancher Arbeitnehmer eine Unterredung mit seinem Vorgesetzten in der ein oder anderen Situation lieber ablehnen – erst Recht, wenn ein Mitarbeitergespräch nicht gesetzlich vorgeschrieben ist. Doch ist dies überhaupt möglich? Kann der Arbeitnehmer ein Personalgespräch ablehnen oder ist er dazu verpflichtet, an einem solchen Gespräch teilzunehmen? Oder hat der Arbeitgeber das Recht, auf ein Mitarbeitergespräch zu bestehen? Eine pauschale Antwort gibt es darauf nicht; vielmehr spielen unterschiedliche Faktoren eine Rolle, inwieweit eine Pflicht zur Teilnahme an einem Mitarbeitergespräch besteht.
Das Recht auf ein Personalgespräch von Seiten des Arbeitgebers beruht grundsätzlich auf dem sogenannten Weisungsrecht (Direktionsrecht) des Arbeitgebers gemäß (§ 106) Gewerbeordnung. Demnach kann der Arbeitgeber “Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen”, sofern diesbezüglich keine sonstigen Vorschriften, Vereinbarungen oder dergleichen entgegenstehen, beispielsweise durch den Arbeitsvertrag, einer Betriebsvereinbarung oder durch gesetzliche Vorschriften. Das heißt: macht der Arbeitgeber von seinem Weisungsrecht Gebrauch und ordnet innerhalb der Arbeitszeit ein Mitarbeitergespräch an, muss der Arbeitnehmer dem nachkommen. Allerdings gibt es dabei Einschränkungen. So ist eine Teilnahme am Mitarbeitergespräch für den Angestellten nur unter bestimmten Bedingungen verpflichtend. Entscheidend sind die Umstände des Personalgesprächs. Es muss zum einen ein sachlich nachvollziehbarer Anlass für das Personalgespräch vorliegen, zum anderen dürfen die näheren Umstände der Unterredung (Ort, Termin, Dauer etc.) keinen maßregelnden oder gar schikanösen Charakter haben. Darüber hinaus muss das Mitarbeitergespräch thematisch das bestehende Arbeitsverhältnis bzw. die bestehenden Verträge beinhalten. Hierzu gehören etwa Art, Zeit und Ort der Arbeitstätigkeit oder allgemein das ordnungsgemäße Verhalten bzw. der kollegiale Umgang im Betrieb.
Ein Gespräch über eine Änderung oder gar Beendigung/ Kündigung des Arbeitsvertrages ist hingegen nicht zulässig bzw. in diesem Fall kann der Beschäftigte ein Mitarbeitergespräch ablehnen; die Pflicht zur Teilnahme an einem Personalgespräch besteht gemäß einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG, Aktenzeichen 2 AZR 606/08) hier nicht. Da in Abhängigkeit vom Thema ein Personalgespräch für den Mitarbeiter unter Umständen nicht verpflichtend ist, hat dieser zudem das Recht, eine Unterredung abzulehnen, wenn der Vorgesetzte ihm im Vorfeld nicht den Anlass und das Thema des Mitarbeitergesprächs nennt.
Darüber hinaus kann der Arbeitgeber nicht verlangen, dass der Angestellte außerhalb seiner Arbeitszeit, während des Urlaubs oder einer Krankheit und einer damit verbundenen Arbeitsunfähigkeit an einem Mitarbeitergespräch teilnimmt.
Abmahnung oder Kündigung bei Ablehnung eines Mitarbeitergesprächs
Erscheint der Arbeitnehmer nicht zu einem ordnungsgemäße anberaumten Mitarbeitergespräch, droht eine Abmahnung oder – im Wiederholungsfall – gegebenenfalls sogar eine Kündigung. Im Krankheitsfall muss sich der Beschäftigte ordnungsgemäß krank melden und dem Arbeitgeber eine Krankschreibung (Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung) vorlegen.
Erhält der Arbeitnehmer eine ungerechtfertigte Abmahnung infolge einer Nicht-Teilnahme an einem Mitarbeitergespräch (etwa weil dieses nicht korrekt und unter Beachtung der oben genannten Punkte anberaumt angeordnet wurde), kann er vom Arbeitgeber verlangen, die Abmahnung zurückzunehmen und aus der Personalakte zu entfernen.
Personalgespräche gelten ja immer als vertraulich. Wie weit reicht diese Vertraulichkeit? Bezieht sie sich nur auf die Inhalte und kann ich zumindest in meinem Kollegium transparent damit umgehen, dass es ein Personalgespräch gab (ohne auf die Inhalte einzugehen)? oder muss ich auch die Tatsache, dass ein Personalgespräch stattgefunden hat, verschweigen?
Sehr geehrte Fragestellerin,
es kommt auf den Einzelfall an. Eine Verschwiegenheitspflicht, die bereits die Tatsache umfasst, dass das Gespräch überhaupt stattgefunden hat, existiert nicht. Auch eine derartige Klausel im Arbeitsvertrag dürfte unwirksam sein. Hat der Arbeitgeber aber explizit darauf hingewiesen, dass “strengste Geheimhaltung” gilt, sollte man, um das Verhältnis nicht aufs Spiel zu setzen, dies respektieren.
Mit freundlichen Grüßen
J. Glitsch
Rechtsanwalt
In einem Mitarbeitergespräch kommuniziert Kollegin A mit Kollegin B permanent in einem unverhältnismäßigen Ton (laut und aggressiv) auch nach mehrmaliger Aufforderung aller Anwesenden mäßigt Kollegin A ihren Ton nicht. Mehrfach bittet Kollegin B die Personalleitung die Situation zu deeskalieren. Da sich die Situation nicht ändert, bittet Kollegin B das Gespräch zu beenden und verlässt nach dem OK den Raum. Welche Rechte hat Kollegin B?
Sehr geehrte Fragestellerin,
solange es sich nicht um konkrete Beleidigungen handelt, hat man gegenüber dem Kollegen grundsätzlich keine Rechte.
Gegenüber dem Arbeitgeber kann man aber grundsätzlich einfordern, dass er dafür sorgt, dass der Kollege das Verhalten unterlässt, jedenfalls wenn der Tonfall stark unangemessen ist und es sich um ein wiederholtes Verhalten handelt.
Mit freundlichen Grüßen
J. Glitsch
Rechtsanwalt