Darf man dem Arbeitgeber mit einer Krankschreibung drohen?

Es kommt häufiger vor, dass Arbeitnehmer, etwa wenn ihnen der Arbeitgeber zu einer bestimmten Zeit keinen Urlaub gewähren will, damit drohen, sich einfach krankschreiben zu lassen. Das ist meistens eine schlechte Idee. Denn eine solche Androhung soll den Arbeitgeber nötigen. Das muss sich der Arbeitgeber nicht gefallen lassen und darf den Arbeitnehmer fristlos entlassen.

Und falls der Arbeitnehmer zum Arzt muss?

Der Arbeitnehmer darf während seiner Arbeitszeit zum Arzt gehen, wenn ihm das außerhalb seiner Arbeitszeit nicht möglich ist. Eine fristlose Kündigung kann nur ganz ausnahmsweise dann gerechtfertigt sein, wenn dringende betriebliche Gründe die Anwesenheit des Arbeitnehmers am Arbeitsplatz erforderten (z.B. drohende Störung des Produktionsablaufs) und kein gesundheitlicher Notfall vorlag.

Was passiert, wenn der Arbeitnehmer die Arbeit verweigert?

Grundsätzlich kann wegen Arbeitsverweigerung nur ordentlich gekündigt werden. Nur wenn die Arbeitsverweigerung beharrlich ist. Die Arbeitsverweigerung ist beharrlich, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer mehrfach aufgefordert hat, die Tätigkeit auszuführen, der Arbeitnehmer jedoch nicht darauf reagierte. In solchen Fällen muss man sich jedoch stets fragen, ob der Arbeitnehmer nicht vielleicht zur Arbeitsverweigerung berechtigt war. Manchmal kann ein Arbeitnehmer aus religiösen Gründen oder aus Gründen des Gewissens eine bestimmte Tätigkeit nicht ausführen.

Wie ist die Lage beim Arbeitszeitbetrug?

Die Täuschung über die tatsächlich geleistete Arbeitszeit (auch Gleitzeitmanipulation) kann zu einer fristlosen Kündigung führen. Eine solche Täuschung stellt ein Vermögensdelikt dar. Der Arbeitgeber bezahlt seinen Arbeitnehmer für eine Zeit, in der er tatsächlich nicht gearbeitet hat. Für ihn entsteht ein Vermögensschaden. Außerdem ist das Vertrauensverhältnis gestört. Natürlich ist auch hier vieles eine Frage des Einzelfalls. Gerade wenn es sich um Verstöße im Bagatellbereich handelt, ist eine fristlose Kündigung nicht immer berechtigt.

Kann wegen Alkohol/Drogen am Arbeitsplatz außerordentlich gekündigt werden?

Ein generelles Verbot von Alkohol/Drogen am Arbeitsplatz besteht nicht, wird aber meistens entweder in einem Arbeitsvertrag festgeschrieben oder im Betrieb ausdrücklich ausgesprochen. Natürlich kann sich aber ein solches aus der Art der Tätigkeit ergeben. Ein Pilot oder ein Schulbusfahrer, der sich auf der Arbeit betrinkt, riskiert eine außerordentliche fristlose Kündigung. Handelt es sich jedoch um eine weniger (allgemein-)gefährliche Tätigkeit, wird der Arbeitnehmer „lediglich“ eine ordentliche Kündigung innerhalb der gesetzlichen oder vertraglichen Frist zu befürchten haben, es sei denn, er wurde vorher abgemahnt. Aber auch dann stellt sich die Frage, ob die Abmahnung wirksam war. Denn falls der Arbeitnehmer an einer Alkoholkrankheit leidet, kann er sein Verhalten nicht steuern. Eine Abmahnung, die ja bezwecken soll, dass der Arbeitnehmer sein Verhalten ändern kann, wäre bei einer Krankheit daher sinnlos.

Was sind die häufigsten Kündigungsgründe?

Die folgende Aufzählung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, da die Fälle im Arbeitsrecht sehr individuell sind und die Situationen sich nicht immer verallgemeinern lassen. Allerdings haben die Arbeitsgerichte in den vielen Jahren ihrer Tätigkeit über eine Vielzahl fristloser Kündigungen entschieden. Besonders häufig auftretende Fälle haben wir für Sie im Folgenden zusammengestellt. Sie sollten jedoch nicht vergessen: es bedarf immer einer Beurteilung im Einzelfall. Völlig identische Fälle sind in der Arbeitsrechtspraxis eine Seltenheit. Kein Arbeitgeber ist wie der andere, jeder Arbeitnehmer hat im Betrieb eine eigene Geschichte. Deswegen kann auch jede Auseinandersetzung einen eigenen Ausgang haben.

 

Was passiert bei der Interessenabwägung?

Hier kommt es für den Richter darauf an, ob der Verstoß, unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, so gravierend ist, dass es dem Arbeitgeber nicht zugemutet werden kann, mit der Kündigung bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist abzuwarten.
Auf diese Frage gibt es keine allgemeingültige Antwort. Berücksichtigt werden ganz verschiedene Faktoren wie z.B. die Art und Schwere der Pflichtverletzung und ihre Auswirkungen auf den Betriebsablauf oder den Betriebsfrieden. Relevant wird auch der Grad des Verschuldens (leicht, mittel, hoch?) des Arbeitnehmers sowie die Frage, in welchem Maße der Arbeitgeber zu Schaden gekommen ist. Hier spielen sowohl materielle, als auch immaterielle Gesichtspunkte (z.B. Ansehen bei den Mitarbeitern) eine Rolle. Schließlich wird die soziale Lage des Arbeitnehmers berücksichtigt. Wie lange gehörte dieser dem Betrieb an, wie alt ist er, wie ist sein Familienstand, gibt es Unterhaltspflichten.
Diese und weitere Fragen bilden das sog. Abwägungsmaterial, anhand dessen die Richter den Fall beurteilen. Bei einer solchen Vielzahl von Faktoren und im Hinblick auf ihre unterschiedliche, nicht von vornherein festgelegte Gewichtung, entscheidet häufig die richtige Strategie über den Ausgang eines Kündigungsschutzprozesses. Gerne unterstützen wir Sie bei der Verteidigung Ihrer Rechte.

Was versteht man unter dem Vorrang des milderen Mittels?

Im Arbeitsverhältnis gibt es nichts Härteres als eine fristlose außerordentliche Kündigung. Das verstehen natürlich auch der Gesetzgeber und die Gerichte. Deswegen ist die außerordentliche Kündigung das äußerste Mittel, die unausweichliche letzte Maßnahme, zu der ein Arbeitgeber greifen darf. Denn auch im Kündigungsrecht gilt – wie übrigens im gesamten Rechtssystem – der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Das heißt: bevor der Arbeitgeber eine außerordentliche Kündigung aussprechen darf, muss er schauen, ob nicht weniger einschneidende Maßnahmen in Betracht kommen. Dabei sind allerdings nur die Mittel zu berücksichtigen, die genauso wirksam sind, um das Ziel zu erreichen. In Betracht kommen:

  1. Beschäftigung auf einem anderen Arbeitsplatz,
  2. Abmahnung,
  3. ordentliche Kündigung.

Wann diese milderen Maßnahmen aber genauso wirksam sind wie eine außerordentliche Kündigung und wie das “rechtstechnisch” gestaltet werden muss, bleibt eine Frage des Einzelfalls. Hier kommt vieles auf die Art des Verstoßes an sowie auf die Betriebsstrukturen.

Wann beginnt die zwei Wochen-Frist und wann läuft sie ab?

Über die Frage der Einhaltung der Kündigungsfrist herrscht zwischen den Parteien regelmäßig Streit.
Die Frist beginnt grundsätzlich mit dem Zeitpunkt, in dem der Arbeitgeber von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen erfährt. Die Kenntnis eines Dritten (vor allem eines Vorgesetzten oder eines anderen Mitarbeiters) muss sich der Arbeitgeber nur dann zurechnen lassen, wenn man normalerweise erwarten kann, dass dieser Dritte den Chef über das Verhalten seiner Mitarbeiter informiert. Das hängt entscheidend von der Stellung des Dritten im Betrieb ab. So wird man bei einem Schichtleiter regelmäßig erwarten können, dass dieser einen groben Verstoß eines Mitarbeiters (etwa Arbeitszeitbetrug) dem Arbeitgeber meldet. Anders sieht es aber aus, wenn jemandem, der sich in der gleichen Hierarchiestufe wie der betroffene Mitarbeiter befindet, ein solches Fehlverhalten auffällt. Ist die Kommunikation “nach oben” nicht üblich, wird man das Wissen dieses Mitarbeiters auch nicht dem Chef zurechnen können. Die zwei Wochen-Frist beginnt dann nicht zu laufen.

Muss der Arbeitgeber eine Kündigungsfrist einhalten?

Um eine außerordentliche Kündigung auszusprechen, hat der Arbeitgeber gemäß § 626 Abs. 2 BGB nur zwei Wochen Zeit. Denn bei so gravierenden Einschnitten braucht der Arbeitnehmer schnell Gewissheit über sein weiteres Schicksal. Verpasst der Arbeitgeber die Frist, ist eine außerordentliche Kündigung schon aus diesem Grund unwirksam. Allerdings hat der Arbeitgeber mehr Zeit, wenn der Gekündigte durch unredliches Verhalten (z.B. Verbreitung irreführender Informationen) den Arbeitgeber davor abgehalten hat, die Kündigung in der Frist auszusprechen.