Welche Wirkung hat der Widerspruch des Betriebsrats?

Obwohl der Widerspruch des Betriebsrats eine Kündigung nicht verhindern kann, entfaltet er dennoch eine positive Wirkung. Denn für den Fall, dass

  1. der Betriebsrat der Kündigung frist- und ordnungsgemäß widersprochen hat,
  2. der Arbeitnehmer gegen diese Kündigung eine Kündigungsschutzklage erhebt und
  3. verlangt, bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits weiterbeschäftigt zu werden,

muss der Arbeitgeber dieses Verlangen erfüllen (§ 102 Abs. 5 BetrVG).

Wenn der Arbeitnehmer also nach Ausspruch der Kündigung weiterhin im Betrieb verbleiben möchte, kann ihm ein Widerspruch des Betriebsrats dazu verhelfen, die Zeit des Kündigungsschutzprozesses zu überbrücken und so die Ausgliederung und die Beschäftigungslosigkeit zu verhindern.

Allerdings darf der Arbeitgeber aus dringenden betrieblichen oder persönlichen Gründen den Arbeitnehmer trotz eines Widerspruchs von der Arbeit freistellen, jedoch nur unter Fortzahlung des bisherigen Gehalts.

Wann darf der Betriebsrat einer Kündigung widersprechen?

Der Betriebsrat kann einer ordentlichen Kündigung innerhalb von einer Woche nach Anhörung widersprechen. Dafür braucht er einen bestimmten Widerspruchsgrund. Diese Gründe sind gesetzlich festgelegt in § 102 Absatz 3 Betriebsverfassungsgesetz. Das Gesetz besagt, dass der Betriebsrat einer Kündigung widersprechen darf, wenn:

  1. Der Arbeitgeber bei der Auswahl des zu kündigenden Arbeitnehmers soziale Gesichstpunkte nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat.
    (z. B. Die Unterhaltspflichten eines Arbeitnehmers wurden nicht berücksichtigt)
  2. Die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl (§ 95 BetrVG) bei Kündigungen verstößt.
    Solche Richtlinien werden vor allem in größeren Betrieben (ab 500 Mitarbeitern) aufgestellt, da man bei den häufigen Personalentscheidungen einheitliche Kriterien haben möchte.
  3. Der Arbeitnehmer an einem anderen Platz im selben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden könnte.
    Die Kündigung soll stets das äußerste Mittel bei der Lösung arbeitsrechtlicher Konflikte sein.
  4. Der Arbeitnehmer nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen weiterbeschäftigt werden könnte.
    Auch hier will man dem Arbeitnehmer zunächst die Möglichkeit einräumen, sich an die betrieblichen Anforderungen anzupassen, bevor man ihn entlässt.
  5. Der Arbeitnehmer unter geänderten Vertragsbedingungen weiterbeschäftigt werden könnte und er damit einverstanden ist.
    Hier kann auch eine Beschäftigung unter ungünstigeren Bedingungen stattfinden, vorausgesetzt, das ist dem Arbeitnehmer lieber als entlassen zu werden.

Wie kann der Betriebsrat auf die geplante Kündigung reagieren?

Nach der Anhörung hat der Betriebsrat verschiedene Möglichkeiten.

  1. In bestimmten, gesetzlich geregelten Fällen kann er einer ordentlichen Kündigung widersprechen (§ 102, Abs. 3 BetrVG). Dafür müssen besondere Gründe vorliegen, z.B. wenn der Betriebsrat der Meinung ist, der Arbeitgeber habe soziale Gesichtspunkte nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt.
  2. Der Betriebsrat kann ferner Bedenken äußern. Diese muss er dem Arbeitgeber schriftlich mitteilen. Handelt es sich um eine ordentliche Kündigung (mit Kündigungsfrist), hat der Betriebsrat für seine Stellungnahme ein Woche Zeit. Bei außerordentlichen Kündigungen (ohne Kündigungsfrist oder bei normalerweise “unkündbaren” Mitarbeitern) beträgt die Frist zur Stellungnahme nur drei Tage.
  3. Der Betriebsrat kann der Kündigung zustimmen.
  4. Schließlich kann der Betriebsrat schweigen. Sobald die Frist zur Stellungnahme  verstrichen ist, gilt die Zustimmung als erteilt.

Beachten Sie: Der Arbeitgeber braucht für die Kündigung gewöhnlicher Arbeitnehmer (nicht Betriebsratmitglieder) normalerweise keine Zustimmung des Betriebsrats, es sei denn, es wurde im Vorfeld vereinbart, dass eine Zustimmung erforderlich ist (§ 102 Abs. 6 BetrVG).

 

Welche Folgen hat eine fehlerhafte oder unterbliebene Anhörung?

Wird der Betriebsrat nicht oder nicht genügend informiert, enthält ihm der Arbeitgeber also wichtige Informationen vor, so führt alleine das schon zu der Unwirksamkeit der Kündigung.
Anhörungsfehler offenbaren sich häufig erst während eines Kündigungsschutzprozesses; wenn seit der Kündigung schon mehrere Monate verstrichen sind. Der Arbeitgeber muss beweisen, dass das Anhörungsverfahren eingehalten wurde. Das fällt ihm häufig schwer, da Betriebsratsanhörungen regelmäßig nicht gründlich genug durchgeführt werden.
Das ist eine freudige Nachricht für den Arbeitnehmer, denn dieser Anhörungsfehler wird seiner Kündigungsschutzklage zum Erfolg verhelfen.

Gibt es für die Anhörung eine besondere Form?

Nein. Die Anhörung kann sowohl schriftlich als auch mündlich erfolgen. Ist der Arbeitgeber gut beraten, wird er die Anhörung schriftlich durchführen. Denn bei einer mündlichen Anhörung wird er in einem möglichen Kündigungsschutzprozess in aller Regel Beweisschwierigkeiten bekommen. Denn der Arbeitnehmer, der sich gegen die Kündigung wehrt, wird für gewöhnlich behaupten, die Anhörung sei nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden. Gibt es dazu keine Dokumentation (üblich ist hier ein Formular mit notwendigen Angaben), gerät der Arbeitgeber in Beweisnot.

Welche Informationen braucht der Betriebsrat bei einer betriebsbedingten Kündigung?

Der Arbeitgeber muss den Betriebsrat über folgende Dinge informieren:

  • welche inner- oder außerbetrieblichen Gründe machen die Arbeitskraft des Arbeitnehmers entbehrlich? Dabei reichen stichwortartige Angaben wie z.B. „Umsatzrückgang“ nicht aus. Es bedarf einer gründlichen Darlegung der relevanten Faktoren. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, dem Betriebsrat seinen Entscheidungsprozess nachvollziehbar zu erläutern. Es muss deutlich werden, warum genau der Arbeitsplatz des zu kündigenden Arbeitnehmers entfallen soll.
  • ob es keine Möglichkeit gibt, den Arbeitnehmer an einer anderen Stelle im Unternehmen zu beschäftigen?
  • ob die Sozialdaten des Arbeitnehmers hinreichend berücksichtigt wurden. Hier muss der Arbeitgeber detaillierte Angaben zu der Person des Arbeitnehmers machen (Alter, Dauer der Beschäftigung, Familienstatus, Unterhaltspflichten u.ä.). Außerdem erfordert eine ordnungsgemäße Anhörung, dass dem Betriebsrat auch die Sozialdaten vergleichbarer Arbeitnehmer mitgeteilt werden. Auf diese Weise kann der Betriebsrat nachvollziehen, wie der Arbeitgeber die Sozialauswahl durchgeführt hat und ob diese fehlerfrei erfolgte.

Welche Informationen braucht der Betriebsrat bei einer verhaltensbedingten Kündigung?

Der Arbeitgeber muss den Betriebsrat über folgende Dinge informieren:

  • welcher Verstoß stellt den Grund für die Kündigung dar? Der Vorfall ist in allen bekannten Details zu erörtern. Entlastende Umstände (ein Zeuge bestätigt den Vorwurf nicht) dürfen nicht verschwiegen werden.
  • wurde der Arbeitnehmer zuvor wegen vergleichbaren Verfehlungen abgemahnt? Hier sind genaue Angaben zu dem Inhalt der Abmahnungen notwendig.
  • wie hat sich der Arbeitnehmer zu dem Vorfall geäußert? Wurde er dazu befragt? Dazu zählen ebenfalls die Einlassungen des Arbeitnehmers zu der (n) vorangegangenen Abmahnung (en).
  • warum statt der Kündigung nicht ein milderes Mittel (etwa Versetzung) in Betracht kommt.

Welche Informationen braucht der Betriebsrat bei einer krankheitsbedingten Kündigung?

Der Arbeitgeber muss den Betriebsrat über folgende Dinge informieren:

  • welche Fehlzeiten wurden durch die Krankheit in den letzten Jahren verursacht?
  • wie rechtfertigt sich die darauf gestützte negative Gesundheitsprognose? Der Arbeitgeber muss darlegen, warum er glaubt, dass es in der Zukunft ebenfalls zu solchen Fehlzeiten kommt, bzw. dass der Arbeitnehmer sich von einer längeren Krankheit nicht erholen wird.
  • falls bekannt, Angaben zu Krankheitsursachen und ärztlichen Befunden.
  • in welchem Umfang sind die betrieblichen Interessen durch die Krankheit beeinträchtigt? (z.B. Angaben zu den Entgeltfortzahlungskosten oder zu  Störungen im Betriebsablauf).
  • ob es keine Möglichkeit gibt, den Arbeitnehmer leidensgerecht zu beschäftigen (z.B. durch Zuweisung anderer Aufgaben).
  • wie verlief die Interessenabwägung und was ist das Ergebnis? Der Arbeitgeber muss anhand aller Umstände des Einzelfalls darlegen, warum sein Interesse  an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses das Interesse des Arbeitnehmers an dessen Fortführung überwiegt.

Welchen Umfang muss die Anhörung haben?

Der Arbeitgeber ist verpflichtet, dem Betriebsrat sowohl die Kündigungsgründe, als auch alle relevanten Umstände des Falles mitteilen. Der Betriebsrat soll einen tieferen Einblick in die Entscheidungsfindung erhalten, daher ist die Informationspflicht des Arbeitgebers umfassend. Er ist verpflichtet mitzuteilen, um welche Art von Kündigung (ordentlich oder außerordentlich) es sich handelt, welche Kündigungsfrist zugrundegelegt wird, wann genau der Kündigungstermin sein soll und natürlich auch aus welchem Grund dem Arbeitnehmer gekündigt wird.
Außerdem muss der Betriebsrat die sozialen Daten des betroffenen Arbeitnehmers erfahren, d.h. das Alter, die Familiensituation, die Dauer der Betriebszugehörigkeit, eine etwaige Behinderung u.ä. Relevant ist auch die Stellung des Arbeitnehmers im Betrieb.
Schließlich wird es den Betriebsrat interessieren, wie der Arbeitnehmer zu der Sache steht und ob statt der Kündigung nicht vielleicht ein milderes Mittel ergriffen werden kann (z.B. Versetzung).
Darüberhinaus gibt es für jede Form der Kündigung spezielle Anhörungsinhalte. Zu unterscheiden ist hier im Wesentlichen zwischen einer krankheitsbedingten, einer verhaltensbedingten und einer betriebsbedingten Kündigung. 

Welche Rolle spielt der Betriebsrat bei einer Kündigung?

Wenn im Betrieb ein Betriebsrat existiert, muss dieser ausnahmslos vor jeder Kündigung angehört werden. Wenn die Anhörung unterbleibt, ist die Kündigung unwirksam (§ 102 Abs. 1, S. 3 BetrVG)