Das Arbeitslosengeld soll dem Arbeitslosen helfen, seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Hat er aber bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Abfindung erhalten, verfügt er über die erforderlichen finanziellen Mittel. Aus dieser Überlegung folgt, dass der Erhalt einer Abfindung zu Einschränkungen beim Arbeitslosengeld führen kann.
Es sind zwei Arten von Einschränkungen denkbar: die Sperrzeit und das Ruhen des Anspruchs auf das Arbeitslosengeld.
Was versteht man unter einer Sperrzeit?
Die Sperrzeit wird von der Arbeitsagentur verhängt und verkürzt den Anspruch auf das Arbeitslosengeld (§ 159 SGB III). Das bedeutet, dass der Betroffene bei Eintritt der Arbeitslosigkeit erstmal kein und insgesamt weniger Arbeitslosengeld erhält. Wer also normalerweise zwölf Monate lang Arbeitslosengeld beziehen würde, bekommt dieses bei einer z.B. zwölfwöchigen Sperrzeit nur noch neun Monate lang ausgezahlt. Das ist ein schwerwiegender Nachteil, den man bei Abfindungsverhandlungen stets im Auge behalten sollte.
Wann wird eine Sperrzeit verhängt?
Eine Sperrzeit wird von der Arbeitsagentur bei sogenanntem versicherungswidrigen Verhalten verhängt. Darunter gefasst sind die Situationen, in denen der Arbeitnehmer wegen eines pflichtwidrigen Verhaltens entlassen wird, außerdem die Fälle, in denen er das Arbeitsverhältnis selbst beendet. Zum letzteren gehört auch der Abschluss eines Aufhebungsvertrags, da der Arbeitnehmer normalerweise diesen hätte nicht eingehen müssen. Hat er also die Arbeitslosigkeit mit seiner Unterschrift selbst herbeigeführt, kann von der Arbeitsagentur eine Sperrzeit verhängt werden. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Anstoß für die Aufhebung vom Arbeitgeber oder vom Arbeitnehmer ausgegangen ist.
Wie lange dauert die Sperrzeit nach Abschluss eines Aufhebungsvertrags?
Die Dauer der Sperrzeit beträgt in der Regel zwölf Wochen (§ 159 Abs. 1, S. 1 SGB III). Sie kann auf drei bzw. auf sechs Wochen verkürzt werden, wenn das Arbeitsverhältnis unabhängig von dem Aufhebungsvertrag ohnehin innerhalb einer bestimmten Frist (sechs bzw. zwölf Wochen), etwa durch eine betriebsbedingte Kündigung, geendet hätte.
Die Sperrzeit kann aber auch länger dauern. Sie soll mindestens ein Viertel der Anspruchsdauer betragen (§ 148 Abs. 1, Nr. 4 SGB III). Ältere Arbeitslose, die aufgrund früher geltender Versicherungsbedingungen Arbeitslosengeld über 18 oder 24 Monate beanspruchen können, müssen eine Verkürzung um bis zu sechs Monate hinnehmen.
Wie kann beim Abschluss eines Aufhebungsvertrags die Sperrzeit verhindert werden?
Ein Aufhebungsvertrag führt zu keiner Sperrzeit, wenn:
- der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer mit einer Kündigung aus betrieblichen Gründen droht,
- das Abwarten dieser Kündigung dem Arbeitnehmer nicht zuzumuten ist,
- das Arbeitsverhältnisses infolge des Aufhebungsvertrags zum gleichen Zeitpunkt endet wie es auch bei Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist der Fall wäre. Die ordentliche Kündigungsfrist darf also nicht durch die Vereinbarung verkürzt sein.
- die Abfindung darf weder zu hoch (also weit über dem Regelwert von 0,5 Monatsgehalt pro Beschäftigungsjahr), noch zu niedrig (unter ¼ Monatsgehalt pro Beschäftigungsjahr) sein.
Es kommt hier nicht darauf an, ob die in Aussicht gestellte Kündigung rechtmäßig gewesen wäre. (Bundessozialgericht, Urteil vom 2.5.2012, Az. B11 AL 6/11 R).
Droht eine Sperrzeit auch beim Abschluss eines Abfindungsvergleichs im Kündigungsschutzprozess?
Wehrt sich der Arbeitnehmer gegen eine Kündigung und wird während des gerichtlichen Verfahrens ein Abfindungsvergleich geschlossen, braucht man in aller Regel keine Sperrzeit zu befürchten. Hier kann es allerdings zum Ruhen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld kommen.
Was bedeutet Ruhen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld?
Von der Sperrzeit zu unterscheiden ist das sogenannte Ruhen des Anspruchs. Auch hier erhält man während der Ruhensphase zwar kein Arbeitslosengeld, der Gesamtanspruch wird aber nicht verkürzt. Stattdessen wird nur der Auszahlungsbeginn um einige Wochen/Monate verschoben. Der Anspruch auf das Arbeitslosengeld bleibt aber in vollem Umfang (in der Regel 12 Monate) erhalten. Ob man ihn tatsächlich in voller Höhe ausschöpft, hängt davon ab, wie schnell man eine neue Beschäftigung findet.
Wann ruht der Anspruch auf Arbeitslosengeld?
Wenn das Arbeitsverhältnis beendet wird, ohne dass die ordentliche Kündigungsfrist eingehalten wird, kann es bei dem Arbeitslosengeld nicht nur zu einer Sperrzeit, sondern auch zur Verschiebung des Auszahlungsbeginns kommen. Diese Situation kann nach Abschluss eines Abfindungsvergleichs im Kündigungsschutzprozess vor dem Arbeitsgericht entstehen.
Beispiel: Wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer wegen Krankheit oder aus betriebsbedingten Gründen entlässt und dieser sich gegen die Kündigung mit einer Kündigungsschutzklage wehrt, wird im Prozess sehr häufig ein Vergleich geschlossen. Dabei erhält der Arbeitnehmer eine Abfindung. Nun kann es vorkommen, dass sich die Parteien darauf einigen, dass der Arbeitgeber die Kündigungsfristen nicht einhalten muss, die normalerweise gelten würden. Es kommt zu einem Tausch: Geld gegen Kündigungsfrist.
In solchen Fällen gehen die Arbeitsagenturen davon aus, dass die Abfindung diese Verkürzung finanziell ausgleichen soll. Die Behörden nehmen also an, dass der Arbeitnehmer für die Zeit der Verkürzung kein Geld benötigt, weil er welches vom Arbeitgeber erhalten hat. Denn würde man die Kündigungsfrist einhalten, wäre der Arbeitgeber in der Regel verpflichtet, dem Arbeitnehmer den Lohn weiterzuzahlen. Die Arbeitsagentur will also nicht, dass man auf sie Pflichten abwälzt, die eigentlich der Arbeitgeber zu erfüllen hätte.
Wie lange kann der Anspruch auf das Arbeitslosengeld ruhen?
Wie lange die Ruhensphase dauert, lässt sich nicht pauschal sagen. Ihre konkrete Ausgestaltung hängt von vier Faktoren ab:
- der Höhe der Abfindung,
- dem Alter des Arbeitnehmers,
- der Dauer der Betriebszugehörigkeit,
- der Dauer der Kündigungsfrist.
Anhand dieser Kriterien wird berechnet, wie lange der Anspruch zu ruhen hat. Je nach sozialer Situation des einzelnen Arbeitnehmers wird ein Zeitraum festgelegt, den dieser Arbeitnehmer normalerweise bräuchte, um einen bestimmten Teil (höchstens 60 % und mindestens 25 %) seiner Abfindung zu verdienen [popover title=”Beispiel” title_bg_color=”” content=”Beispiel: Arbeitnehmer A ist 43 Jahre alt. Er arbeitete sieben Jahre im Betrieb und verdiente dort 3.000 €. Am 30.1.2014 wurde ein Aufhebungsvertrag geschlossen, der eine Abfindung in Höhe von 12.000 € vorsah. Außerdem sollte das Arbeitsverhältnis sofort beendet werden. Im Arbeitsvertrag war eine Kündigungsfrist von drei Monaten zum Ende eines Kalendermonats vereinbart (hier wäre es der 30. April). Nach der gesetzlichen Berechnungsmethode (siehe Tabelle) sind in diesem Fall 50% der Abfindung anzusetzen. Das entspricht einem Betrag in Höhe von 6.000 €. Um dieses Geld zu verdienen, bräuchte der Arbeitnehmer bei Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zwei Monate (hier also bis zum 31. März). Das bedeutet, Arbeitnehmer A würde ab dem 1. April das Arbeitslosengeld beziehen können und zwar in voller Höhe und für die Regeldauer von 12 Monaten. ” content_bg_color=”” bordercolor=”” textcolor=”” trigger=”hover” placement=”bottom” class=”” id=””]Beispiel:[/popover]. Für diesen hypothetischen Zeitraum ruht dann der Anspruch (§ 158 Abs.2 Satz 2 Nr.1 SGB III).
Wie lange Sie auf die Auszahlung warten müssten, können Sie der Tabelle weiter unten entnehmen. Ganz grundsätzlich gilt: je älter der Arbeitnehmer zum Zeitpunkt der Antragstellung ist und je länger er im Betrieb angestellt war, desto kürzer ist die Ruhensphase.
[table width=”100%” colalign=”right|right|right|right|right|right|right”]
Dauer der Betriebszugehörigkeit,Alter beim Ausscheiden;~~Abfindungsanteil in %[attr colspan=”6″]
,unter 40,ab 40,ab 45,ab 50,ab 55,ab 60
weniger als 5 Jahre,60 %,55 %,50 %,45 %,40 %,35 %
5 bis 10 Jahre,55 %,50 %,45 %,40 %,35 %,30 %
10 bis 15 Jahre,50 %,45 %,40 %,35 %,30 %,25 %
15 bis 20 Jahre,45 %,40 %,35 %,30 %,25 %,25 %
20 bis 25 Jahre,40 %,35 %,30 %,25 %,25 %,25 %
25 bis 30 Jahre,35 %,30 %,25 %,25 %,25 %,25 %
30 bis 35 Jahre,30 %,25 %,25 %,25 %,25 %,25 %
35 und mehr Jahre,25 %,25 %,25 %,25 %,25 %,25 %
[/table]