Welche Informationen braucht der Betriebsrat bei einer krankheitsbedingten Kündigung?

Der Arbeitgeber muss den Betriebsrat über folgende Dinge informieren:

  • welche Fehlzeiten wurden durch die Krankheit in den letzten Jahren verursacht?
  • wie rechtfertigt sich die darauf gestützte negative Gesundheitsprognose? Der Arbeitgeber muss darlegen, warum er glaubt, dass es in der Zukunft ebenfalls zu solchen Fehlzeiten kommt, bzw. dass der Arbeitnehmer sich von einer längeren Krankheit nicht erholen wird.
  • falls bekannt, Angaben zu Krankheitsursachen und ärztlichen Befunden.
  • in welchem Umfang sind die betrieblichen Interessen durch die Krankheit beeinträchtigt? (z.B. Angaben zu den Entgeltfortzahlungskosten oder zu  Störungen im Betriebsablauf).
  • ob es keine Möglichkeit gibt, den Arbeitnehmer leidensgerecht zu beschäftigen (z.B. durch Zuweisung anderer Aufgaben).
  • wie verlief die Interessenabwägung und was ist das Ergebnis? Der Arbeitgeber muss anhand aller Umstände des Einzelfalls darlegen, warum sein Interesse  an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses das Interesse des Arbeitnehmers an dessen Fortführung überwiegt.

Welchen Umfang muss die Anhörung haben?

Der Arbeitgeber ist verpflichtet, dem Betriebsrat sowohl die Kündigungsgründe, als auch alle relevanten Umstände des Falles mitteilen. Der Betriebsrat soll einen tieferen Einblick in die Entscheidungsfindung erhalten, daher ist die Informationspflicht des Arbeitgebers umfassend. Er ist verpflichtet mitzuteilen, um welche Art von Kündigung (ordentlich oder außerordentlich) es sich handelt, welche Kündigungsfrist zugrundegelegt wird, wann genau der Kündigungstermin sein soll und natürlich auch aus welchem Grund dem Arbeitnehmer gekündigt wird.
Außerdem muss der Betriebsrat die sozialen Daten des betroffenen Arbeitnehmers erfahren, d.h. das Alter, die Familiensituation, die Dauer der Betriebszugehörigkeit, eine etwaige Behinderung u.ä. Relevant ist auch die Stellung des Arbeitnehmers im Betrieb.
Schließlich wird es den Betriebsrat interessieren, wie der Arbeitnehmer zu der Sache steht und ob statt der Kündigung nicht vielleicht ein milderes Mittel ergriffen werden kann (z.B. Versetzung).
Darüberhinaus gibt es für jede Form der Kündigung spezielle Anhörungsinhalte. Zu unterscheiden ist hier im Wesentlichen zwischen einer krankheitsbedingten, einer verhaltensbedingten und einer betriebsbedingten Kündigung. 

Welche Rolle spielt der Betriebsrat bei einer Kündigung?

Wenn im Betrieb ein Betriebsrat existiert, muss dieser ausnahmslos vor jeder Kündigung angehört werden. Wenn die Anhörung unterbleibt, ist die Kündigung unwirksam (§ 102 Abs. 1, S. 3 BetrVG)

Schritt 3 – Der Kammertermin

Bis zu einem Kammertermin können einige Monate vergehen. Das ist von Gericht zu Gericht unterschiedlich.
Im Kammertermin findet die streitige Verhandlung statt. Hier sind alle drei Richter anwesend. Neben dem Vorsitzenden aus dem Gütetermin sitzen dann zwei ehrenamtliche Richter, einer von der Arbeitgeber- der andere von der Arbeitnehmerseite.
Im Kammertermin sind alle Schriftsätze schon ausgetauscht, der Arbeitgeber hat auf die Klage erwidert, daher ist die Sachlage mehr oder weniger klar. Die Richter konnten die Angelegenheit bereits rechtlich beurteilen und sich ein vorläufiges Urteil bilden.
Zunächst wird aber auch im Kammertermin versucht, Arbeitnehmer und Arbeitgeber zu einem Vergleich zu bewegen.
Auch wir haben zu diesem Zeitpunkt die Lage mit unseren Mandanten besprochen und können anhand der Klageerwiderung des Arbeitgebers die Situation präziser einschätzen. Daher sprechen wir schon vor dem Kammertermin eine Empfehlung aus, ob und in welcher Höhe man eine Abfindung akzeptieren sollte.
Kommt eine Einigung nicht zustande, wird der Prozess fortgeführt. Jetzt kann es noch sein, dass bestimmte Tatsachen zwischen den Parteien streitig sind. Dann kommt es zu einer Beweisaufnahme. Auf deren Grundlage können die Richter den Streit meistens entscheiden. Wenn das nicht der Fall ist, wird ein neuer Kammertermin bestimmt. Anderenfalls ergeht ein Urteil. Wie dieses Urteil ausfällt, erfahren die Parteien später, nachdem ihnen das Protokoll der Verhandlung zugestellt worden ist.
Wenn eine Partei ganz oder teilweise verloren hat, steht ihr in der Regel die Möglichkeit der Berufung zu. Auch darüber beraten wir unsere Mandanten umfassend.

Schritt 2 – Der Gütetermin

Nachdem die Klage beim Arbeitsgericht eingegangen ist, wird sie dem Arbeitgeber zugestellt. Anschließend wird durch den Richter ein sogenannter Gütetermin bestimmt. Dieser findet in der Regel nur wenige Wochen nach Klageeinreichung statt. Die Gerichte verstehen, dass alle Beteiligten die Sache so schnell wie möglich zu einem Abschluss bringen wollen.
Der Gütetermin wird nicht vor der gesamten Kammer (drei Richter), sondern nur vor ihrem Vorsitzenden durchgeführt. Er ist ein Berufsrichter. Die Atmosphäre ist bei dem Gütetermin eher entspannt. Der Vorsitzende möchte die Parteien zu einer einvernehmlichen Einigung, zu einem so genannten Vergleich bewegen. So will es das Gesetz und auch der Richter freut sich über einen “friedlichen” Ausgang, da ihm so eine Menge Arbeit, insbesondere das Schreiben eines Urteils, erspart wird.
Vor dem Gütetermin besprechen wir mit unseren Mandanten, ob bzw. unter welchen Bedingungen sie bereit sind, sich auf einen Vergleich einzulassen. Zu diesem Zeitpunkt liegt eine Klageerwiderung des Arbeitgebers in der Regel noch nicht vor, so dass man nicht genau wissen kann, wie dieser sich gegen die Klage verteidigen will.
Auch der Richter kennt die Argumente des Arbeitgebers im Gütetermin meistens noch nicht. Er wird daher den Beklagten bzw. dessen Anwalt fragen, was dieser gegen die Klage vorbringen möchte.
Nachdem der Gegner etwas zu seiner Verteidigung ausgeführt hat, wird der Richter versuchen, durch Fragen an beide Seiten den Sachverhalt weiter zu erforschen. Anschließend wird er fast immer wissen wollen, ob man sich nicht lieber einigen möchte. Man sollte darauf gefasst sein, dass der Richter auf die Parteien auch Druck ausüben kann, einen Vergleich abzuschließen.
Ein solcher Vergleich kann durchaus sinnvoll sein. Man spart zum einen die Gerichtsgebühren, außerdem ist die Angelegenheit auf der Stelle beendet. Darüberhinaus kann aus einem durch den Richter protokollierten Vergleich sofort vollstreckt werden.

Wie sieht eine solche Einigung aus?

Bei einem Vergleich einigen sich die Parteien darauf, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung zu einem bestimmten Zeitpunkt beendet wird. Im Gegenzug bekommt der Arbeitnehmer eine Abfindung, weil er den Arbeitsplatz verloren hat. Wenn ein solcher „Tausch“ zwischen den Parteien grundsätzlich gewollt ist, wird noch darüber diskutiert, wie hoch diese Abfindung sein soll.
Wir empfehlen unseren Mandanten, bei dem Abschluss eines Vergleichs im Gütetermin vorsichtig zu sein. Zu diesem Zeitpunkt weiß man nämlich noch nicht, in welche Richtung sich der Kündigungsschutzprozess entwickeln wird. Je länger aber ein solcher Prozess dauert, desto höher wird das Risiko des Arbeitgebers. Verliert er nämlich, muss er für die gesamte Dauer des Prozesses dem Arbeitnehmer den Arbeitslohn nachzahlen, obwohl dieser nicht gearbeitet hat. Wartet man also als Arbeitnehmer ab, verbessert sich die Verhandlungsposition. Man kann häufig eine höhere Abfindung erzielen.
Natürlich kommt hier vieles auf den Einzelfall ab. Wer bereits einen neuen Job gefunden hat, will die Sache nicht in die Länge ziehen. Außerdem kann auch das erste Angebot im Gütetermin durchaus vernünftig sein.

Wenn man sich im Gütetermin nicht einigen kann, gibt der Richter dem Arbeitgeber auf, innerhalb einer bestimmten Frist auf die Kündigungsschutzklage zu erwidern. Gleichzeitig wird ein sogenannter Kammertermin bestimmt.

Schritt 1 – Die Klageerhebung

Es beginnt alles mit der Klageschrift. Normalerweise reichen wir diese nach Prüfung der Erfolgsaussichten für unseren Mandanten ein. In dieser Klageschrift bezeichnen wir genau die ausgesprochene Kündigung und beantragen festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis durch diese Kündigung nicht beendet wurde. Häufig kommt es vor, dass gleichzeitig auch andere Ansprüche geltend gemacht werden, z.B. der Anspruch auf Urlaubsabgeltung, die Einforderung von ausstehendem Lohn oder auf Berichtigung des Arbeitszeugnisses.
Es ist wichtig, die Klage bei dem zuständigen Arbeitsgericht einzureichen. Häufig kommen mehrere Gerichte in Frage, zwischen denen ein Arbeitnehmer aussuchen kann. In aller Regel fällt die Entscheidung auf das Arbeitsgericht am Wohnort.

Wie sind die Interessen des Arbeitnehmers geschützt?

Der Verlust des Arbeitsplatzes bedeutet für den Arbeitnehmer einen schweren Einschnitt. Aus diesem Grund fordern die Gerichte auch bei einer verhaltensbedingten Kündigung verhältnismäßiges Vorgehen. In diesem Sinne (man denke an den ultima ratio Grundsatz) wird das Interesse des Arbeitgebers an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen das Interesse des Arbeitnehmers an Weiterbeschäftigung abgewogen. Hier kommen alle Umstände des Einzelfalls auf die Waage. Wichtige Faktoren sind dabei z.B. die Dauer der Betriebszugehörigkeit, Art der Beschäftigung, bisheriges Verhalten, aber auch soziale Aspekte wie Lebensalter, Familiensituation, Unterhaltspflichten, Erkrankung oder Behinderung und vieles mehr. Hat der Arbeitnehmer beispielsweise versucht, den angerichteten Schaden wiedergutzumachen, kann sich das positiv zu seinen Gunsten auswirken. Gleiches gilt, wenn der Arbeitgeber an dem Verstoß eine Mitschuld trägt.
Hier ist vieles eine Frage des Einzelfalls und der richtigen Strategie. 

Führt eine verhaltensbedingte Kündigung zu einer Sperrzeit beim Arbeitslosengeld I ?

Wurde Ihnen verhaltensbedingt gekündigt, wird die Arbeitsagentur für den Bezug von Arbeitslosengeld für eine Dauer von 12 Wochen eine Sperrzeit anordnen. Das gilt sowohl für die verhaltensbedingte ordentliche, als auch die außerordentliche Kündigung. Die Arbeitsagentur reagiert damit auf ein sogenanntes versicherungswidriges Verhalten. Verstößt also der Arbeitnehmer gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten und gibt damit Anlass zu einer Kündigung, sieht darin die Arbeitsagentur eine vorsätzliche oder zumindest grob fahrlässige Herbeiführung der Arbeitslosigkeit.

Das bedeutet:

  • Für eine Dauer von 12 Wochen bekommen Sie keine finanzielle Unterstützung durch das Arbeitslosengeld I
  • Ihr Anspruch auf Arbeitslosengeld I wird insgesamt um ein Viertel verkürzt

Wenn man diese gravierenden Nachteile vermeiden will, muss man sich gegen eine verhaltensbedingte Kündigung wehren und Kündigungsschutzklage erheben. Auf diese Weise lässt sich häufig zumindest der Abschluss eines Aufhebungsvertrages erreichen, was zu günstigeren Folgen im Hinblick auf das Arbeitslosengeld I führt.

Gibt es keine Alternativen zur Kündigung?

Eine Kündigung ist die schärfste Sanktion in einem Arbeitsverhältnis. Daher fordern die Gerichte von dem Arbeitgeber, wenn möglich, zunächst ein milderes Mittel einzusetzen. Ist der Verstoß nicht besonders gravierend, hat man als Arbeitnehmer unter Umständen einen Anspruch darauf, versetzt oder umgesetzt zu werden. Natürlich muss dafür im Betrieb ein Arbeitsplatz frei sein und es müssen Anhaltspunkte vorliegen, dass es dort nicht mehr zu Verstößen kommt. Außerdem muss die Versetzung dem Arbeitgeber zumutbar sein. Das hängt ganz wesentlich von der Schwere des Verstoßes ab.
Häufig wird die Möglichkeit einer Umsetzung aber schon gar nicht erwogen, weswegen man auch unter diesem Gesichtspunkt in einem Kündigungsschutzprozess als Arbeitnehmer gute Chancen hat.

Wie muss der Betriebsrat beteiligt werden?

Wenn es in Ihrem Betrieb einen Betriebsrat gibt, so muss dieser vor Ausspruch jeder Kündigung angehört werden (§ 102 BetrVG). Hier gibt es keine Ausnahmen.
 
Wird der Betriebsrat vor einer Kündigung nicht angehört, ist diese Kündigung unwirksam.
Ihr Arbeitgeber muss dem Betriebsrat die Kündigungsgründe und alle wichtigen Umstände des Falles mitteilen, damit dieser sich eine Meinung bilden kann. Es besteht eine umfassende Informationspflicht. Erforderlich sind Angaben zu dem Verstoß sowie zu vorherigen Abmahnungen. Außerdem möchte der Betriebsrat wissen, was der Arbeitnehmer zu der Sache zu sagen hat und ob statt der Kündigung vielleicht ein milderes Mittel in Betracht kommt. Wird der Betriebsrat nicht hinreichend informiert, so ist eine Kündigung schon aus diesem Grund unwirksam.
Solche formalen Fehler werden normalerweise erst während eines Kündigungsschutzprozesses entdeckt, häufig dann, wenn die Kündigung schon mehrere Monate zurückliegt. Für den Arbeitnehmer sind es sehr gute Neuigkeiten, denn alleine aufgrund des Anhörungsfehlers wird er die Kündigungsschutzklage gewinnen. Näheres zu der Anhörung des Betriebsrats und seinen Reaktionsmöglichkeiten erfahren Sie hier.