Kann wegen Alkohol/Drogen am Arbeitsplatz außerordentlich gekündigt werden?

Ein generelles Verbot von Alkohol/Drogen am Arbeitsplatz besteht nicht, wird aber meistens entweder in einem Arbeitsvertrag festgeschrieben oder im Betrieb ausdrücklich ausgesprochen. Natürlich kann sich aber ein solches aus der Art der Tätigkeit ergeben. Ein Pilot oder ein Schulbusfahrer, der sich auf der Arbeit betrinkt, riskiert eine außerordentliche fristlose Kündigung. Handelt es sich jedoch um eine weniger (allgemein-)gefährliche Tätigkeit, wird der Arbeitnehmer „lediglich“ eine ordentliche Kündigung innerhalb der gesetzlichen oder vertraglichen Frist zu befürchten haben, es sei denn, er wurde vorher abgemahnt. Aber auch dann stellt sich die Frage, ob die Abmahnung wirksam war. Denn falls der Arbeitnehmer an einer Alkoholkrankheit leidet, kann er sein Verhalten nicht steuern. Eine Abmahnung, die ja bezwecken soll, dass der Arbeitnehmer sein Verhalten ändern kann, wäre bei einer Krankheit daher sinnlos.

Was sind die häufigsten Kündigungsgründe?

Die folgende Aufzählung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, da die Fälle im Arbeitsrecht sehr individuell sind und die Situationen sich nicht immer verallgemeinern lassen. Allerdings haben die Arbeitsgerichte in den vielen Jahren ihrer Tätigkeit über eine Vielzahl fristloser Kündigungen entschieden. Besonders häufig auftretende Fälle haben wir für Sie im Folgenden zusammengestellt. Sie sollten jedoch nicht vergessen: es bedarf immer einer Beurteilung im Einzelfall. Völlig identische Fälle sind in der Arbeitsrechtspraxis eine Seltenheit. Kein Arbeitgeber ist wie der andere, jeder Arbeitnehmer hat im Betrieb eine eigene Geschichte. Deswegen kann auch jede Auseinandersetzung einen eigenen Ausgang haben.

 

Welche Rolle spielt der Betriebsrat?

Wenn es im Betrieb einen Betriebsrat gibt, muss dieser vor jeder Kündigung angehört werden. Es gibt keine Ausnahmen. Wenn der Arbeitgeber keine Anhörung durchführt, wird die Kündigung unwirksam (§ 102 Abs. 1, S. 3 BetrVG). Das gleiche gilt, wenn die Anhörung nicht ordnungsgemäß durchgeführt wurde. Hier passieren immer wieder Fehler, die dem Arbeitnehmer dazu verhelfen, den Kündigungsschutzprozess zu gewinnen. Näheres zum Inhalt der Anhörung und zu Reaktionsmöglichkeiten des Betriebsrats erfahren Sie hier.

 

Muss der Betriebsrat beteiligt werden?

Sofern es einen Betriebsrat gibt, muss dieser ausnahmslos vor jeder Kündigung angehört werden (§ 102 BetrVG).

Wenn die Anhörung unterbleibt, ist die Kündigung unwirksam.

Der Arbeitgeber ist verpflichtet dem Betriebsrat sowohl die Kündigungsgründe, als auch alle relevanten Umstände des Falles mitteilen. Der Betriebsrat soll einen tieferen Einblick in die Entscheidungsfindung erhalten, daher ist die Informationspflicht des Arbeitgebers umfassend. Neben den Angaben zum Verstoß muss der Arbeitgeber den Betriebsrat auch über die vorherigen Abmahnungen informieren. Außerdem wird es den Betriebsrat interessieren, wie der Arbeitnehmer zu der Sache steht und ob statt der Kündigung nicht vielleicht ein milderes Mittel ergriffen werden kann (z.B. Versetzung). Wird der Betriebsrat nicht genügend informiert, enthält ihm der Arbeitgeber also wichtige Informationen vor, so führt alleine das schon zu der Unwirksamkeit der Kündigung.

Anhörungsfehler offenbaren sich häufig erst während eines Kündigungsschutzprozesses, dann, wenn seit der Kündigung schon mehrere Monate verstrichen sind. Das ist eine freudige Nachricht für den Arbeitnehmer, denn dieser Anhörungsfehler wird seiner Kündigungsschutzklage (Link Kündigungsschutzprozess) zu Erfolg verhelfen.

Näheres zur Anhörung des Betriebsrats finden Sie hier .

 

Wie sieht die Lage für Teilzeitbeschäftigte aus?

Anders sieht es nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts in der Regel für Teilzeitbeschäftigte aus. Diese können aus der Sozialauswahl herausgenommen werden, wenn das organisatorische Konzept des Unternehmers eine Austauschbarkeit zwischen Voll- und Teilzeitarbeit im konkreten Fall nicht zulässt. Wenn also der Unternehmer für bestimmte Arbeitsabläufe eine Ausführung alleine durch Vollzeitbeschäftigte vorgesehen hat, ist es seine freie unternehmerische Entscheidung, die von Gerichten allein auf Willkür überprüfbar ist.

Welche Rolle spielt die Interessenabwägung bei einer betriebsbedingten Kündigung?

Im Falle einer betriebsbedingten Kündigung bleibt die Interessenabwägung, anders als bei einer verhaltens– oder personenbedingten Kündigung, ein eher zu vernachlässigender Punkt. Ist die unternehmerische Entscheidung schlüssig und fundiert und führt sie tatsächlich zu einem Entfall der Beschäftigungsmöglichkeit, kommt dem Interesse des Arbeitnehmers kein relevantes Gewicht mehr zu. In diesem Punkt ist eine betriebsbedingte Kündigung kaum noch angreifbar.

Was soll man tun, wenn man eine ungerechtfertigte Abmahnung erhalten hat?

Bei einer unberechtigten Abmahnung hat man als Arbeitnehmer einen Anspruch auf Rücknahme. Diesen Anspruch kann man auch klageweise vor dem Arbeitgericht durchsetzen. Allerdings werden nur wenige Arbeitnehmer diesen Weg gehen, wenn das Arbeitsverhältnis noch besteht. Dass eine Klage die Arbeitsbeziehung belastet, liegt auf der Hand.
Dennoch will man auch nicht jede Ungerechtigkeit schlucken. Als Arbeitnehmer sollte man deswegen alles Mögliche tun, um seine Version des Vorfalls vorzubringen und für den „Notfall“ festzuhalten.
Wurden Sie ungerechtfertigt abgemahnt, ist es das Klügste, zunächst Beweise für Ihre Version zu sammeln. Reden Sie mit Kollegen, damit diese sich später noch an die Situation erinnern und evtl. als Zeugen benannt werden können. Vielleicht gibt es Schriftstücke, die Sie entlasten können? Bewahren Sie diese auf. Auch sollte man eine Abmahnung, deren Richtigkeit man anzweifelt, in keinem Fall unterschreiben.
Wurde die Abmahnung in die Personalakte aufgenommen, haben Sie ein Recht darauf, auch Ihre Sichtweise dort festzuhalten. Sie haben also ein Recht auf Gegendarstellung.
Gibt es in Ihrem Betrieb einen Betriebsrat? Schildern Sie diesem die Situation, möglicherweise kann er was für Sie tun.

Wenn Sie eine Abmahnung erhalten haben und dagegen vorgehen wollen, stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.

Und wenn der Arbeitnehmer am Verstoß keine Schuld trägt?

Wer zu spät gekommen ist, weil die Straßenbahn in der er saß, in einen Unfall verwickelt wurde oder wegen Witterung ausgefallen ist, wird die Abmahnung häufig als ungerecht empfinden. Über die Behandlung solcher Fälle streiten sich die Geister.
Manche Gerichte sind der Ansicht, dass schon eine Abmahnung unverhältnismäßig ist, wenn der Arbeitnehmer den Fehltritt nicht zu verschulden hat. Andere Gerichte sagen: Ein Zu-Spät-Kommen bleibt ein Zu-Spät-Kommen und kann deswegen abgemahnt werden. Wenn sich aber der Verstoß wiederholt und der Arbeitgeber deswegen kündigt, so hängt die Wirksamkeit der Kündigung davon ab, ob das Fehlverhalten verschuldet war.
Die Unterscheidung dieser Positionen ist schwer nachvollziehbar und führt in der Praxis immer wieder zum Streit. Unterm Strich ist klar, dass das fehlende Verschulden von den Gerichten in jedem Fall berücksichtigt wird.

Was passiert bei einer ungerechtfertigten Abmahnung?

Ist die Abmahnung in der Sache nicht richtig, d.h., der Arbeitnehmer hat sich im Wesentlichen korrekt verhalten, ist eine, auf diese Abmahnung gestützte Kündigung unwirksam. Auch darf der Arbeitgeber nicht wegen Kleinigkeiten abmahnen. Solche Abmahnungen haben keine Folgen.

Muss die Abmahnung schriftlich erfolgen?

Das ist nicht nötig. Eine Abmahnung kann auch mündlich ausgesprochen werden. In diesem Fall stellen sich jedoch häufig Beweisprobleme. Dann wird auch vor Gericht darum gestritten: Wer hat wann, was und wem gesagt. Daher werden die meisten Abmahnungen schriftlich erteilt.