Die Tätigkeit eines Geschäftsführers ist von vielen haftungsrechtlichen Fragestellungen durchzogen. In diesem Beitrag möchten wir Gründerinnen und Gründer über die Geschäftsführerhaftung in der Gründungphase über den laufenden Geschäftsbetrieb bis hin zu einer Insolvenz der GmbH/UG informieren.
Geschäftsführerhaftung in der Gründungsphase
Bereits bei der Gründung sollten sich die Beteiligten über Ihre Rechte und Pflichten im Gründungsprozess informieren. Der Gründungsprozess einer GmbH / UG wird rechtlich in mehrere Abschnitte eingeteilt. In jedem dieser Abschnitte ist die Haftung der Beteiligten unterschiedlich. Juristisch gesehen existiert die GmbH / UG erst mit der Eintragung im Handelsregister. Nach § 11 Abs.1 GmbHG existiert vor der Eintragung in das Handelsregister des Sitzes der Gesellschaft die GmbH als solche nicht. Man unterscheidet daher die Gesellschaften vor der Gründung in eine Vorgründungsgesellschaft, eine Vorgesellschaft und die Vollgesellschaft (GmbH / UG). Fassen die Gründer den Entschluss ein Unternehmen in Form einer GmbH oder UG zu gründen, so schließen diese in der Regel eine GbR. Wenn die Ausrichtung der Geschäfte einen größeren Umfang haben soll und somit das Unternehmen nach Art oder Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, kann diese Vorgründungsgesellschaft auch eine OHG darstellen. Die GbR bzw. OHG kennt keine Fremdgeschäftsführung. Die Gesellschafter haften daher immer persönlich für alle Verbindlichkeiten mit Ihrem Privatvermögen.
Vorgesellschaft
Nachdem der notarielle Vertrag zur Gründung der Gesellschaft abgeschlossen wurde, ändert sich das Haftungsregime der Beteiligten erheblich. Mit Abschluss des notariellen Gesellschaftsvertrages endet die Vorgründungsgesellschaft wegen Zweckerreichung, § 726 BGB. Vom Termin beim Notar bis zum zur Eintragung im Handelsregister existiert die Vorgesellschaft (Vor-GmbH bzw. Vor-UG). Dieses Übergangsstadium kann mehrere Wochen, bei besonders komplexen Gründungsvorhaben auch bis zu einem Jahr dauern. Die Vorgesellschaft ist eine Gesellschaft sui generis, auf die grundsätzlich das GmbH-Recht Anwendung findet.
Handelndenhaftung nach § 11 Abs.2 GmbHG
Schon vor der Eintragung in das Handelsregister kann eine „GmbH i.G.“ bzw. eine „UG (haftungsbeschränkt) i.G.“ ihre Tätigkeit aufnehmen und beispielsweise Waren einkaufen, Konten eröffnen oder Räume anmieten. In der Praxis stellt sich dann allerdings für viele Gründer die Frage, wer für diese Verbindlichkeiten haftet. Für den Geschäftsführer ist in diesem Fall die Handelndenhaftung nach § 11 Abs.2 GmbHG relevant. Der Anwendungsbereich dieser Haftung ist weitgehend eingeschränkt worden. Die Haftung tritt nur bei eigenem, aktivem, rechtsgeschäftlichen bzw. rechtsgeschäftsähnlichem Handeln ein. Betroffen sind daher häufig Personen, die Geschäftsführer sind bzw. als Geschäftsführer auftreten.
Geschäftsführerhaftung im laufenden Geschäftsbetrieb
Besonders im laufenden Geschäftsbetrieb lauern unterschiedliche Haftungsrisiken für die Geschäftsführung. Als Generalklausel der Geschäftsführerhaftung kann § 43 Abs.1 GmbHG angesehen werden. Nach dieser Vorschrift hat die Geschäftsführung in allen Angelegenheiten der GmbH / UG die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes anzuwenden. Maßgeblich hierfür sind nicht die persönlichen Eigenschaften des Geschäftsführers, sondern objektive Maßstäbe. Selbst ein unerfahrener Geschäftsführer haftet wie ein Profi. Eine persönliche Haftung gegenüber der Gesellschaft kann aus § 43 Abs.2 GmbHG folgen, wenn der Geschäftsführer nicht diesem Sorgfaltsmaßstab genügt.
Geschäftsführerhaftung wegen Zahlungen an Gesellschafter
Der Geschäftsführer ist für den Schutz der Liquidität der Gesellschaft verantwortlich. Daraus ergibt sich, dass Zahlungen zu Lasten des Stammkapitals an die Gesellschafter nicht erfolgen dürfen. Ansonsten haftet der Geschäftsführer der Gesellschaft gemäß § 43 Abs.3 GmbHG. Selbst ein Darlehen an die Gesellschafter kann zu haftungsrechtlichen Problemen führen, wenn das Darlehen nicht an die Gesellschaft zurückgezahlt wird. Geschäftsführer sollten sich daher in der Praxis genau prüfen, ob eine Darlehensvergabe haftungsrechtlich relevant ist. Nach § 64 Abs.3 GmbHG sollten Geschäftsführer ebenfalls keine Zahlungen an die Gesellschafter leisten, die zur Insolvenzreife führen könnten. Wir empfehlen daher eine genaue Dokumentation der Zahlungen, um sich im Rahmen des § 63 Abs.3 GmbHG entlasten zu können.
Durchgriffshaftung wegen Nichtabführung von Sozialversicherungsbeiträgen
Die Geschäftsführung könnte sich nach § 266a StGB strafbar machen, wenn sie fällige Beiträge nicht an den zuständigen Sozialversicherungsträger abführt. Werden diese Beiträge nicht gezahlt, so kann die zuständige Krankenkasse den Geschäftsführer persönlich in Anspruch nehmen und diesem gegenüber Schadenersatz geltend machen. Den Geschäftsführer erwartet dann nicht nur ein Strafverfahren von der Staatsanwaltschaft, sondern auch ein zivilrechtlicher Anspruch gegen ihn persönlich. Diese Strafbarkeit führt dazu, dass die Geschäftsführung in der Praxis auch bei einer finanziellen Schieflage der Gesellschaft wenigstens diese Beiträge an die zuständige Stelle zahlen sollte.
Haftung wegen Nichtzahlung von Lohn-, Umsatz-, Körperschafts- oder Gewerbesteuern
Steuern müssen bezahlt werden. Nichtzahlen von Steuern der GmbH an das Finanzamt lösen ebenfalls eine persönliche Haftung der Geschäftsführung auslösen. In Betracht kommt nicht nur eine Durchgriffshaftung wegen Nichtzahlung von Lohnsteuern, sondern auch bezüglich der Nichtzahlung von Umsatz-, Körperschafts-, oder Gewerbesteuern. Die Haftung umfasst auch die infolge der Pflichtverletzung zu zahlenden Säumniszuschläge.
In der Praxis empfiehlt sich daher der Rat an die Geschäftsführer, die Steuern als erstes zu bezahlen, bevor Lieferanten oder anderen Gläubiger bedient werden.
Kostenfreie anwaltliche Erstberatung
Unternehmensgründung vom Anwalt nach individueller Beratung – Bundesweit.
KOSTENFREIE ERSTBERATUNGJetzt gratis Erstkontakt:0221 – 6777 00 55(Mo. – So. von 9 – 22 Uhr / Bundesweit)Geschäftsführerhaftung in der Insolvenz
Jedes Unternehmen kann in eine wirtschaftliche Schieflage geraten. Wenn eine Kapitalgesellschaft eine Regelinsolvenz beantragt, kann dies viele verschieden Ursachen haben. In solchen Fällen fragen sich die Gläubiger, an wen sie Ihre Ansprüche richten können. Der Geschäftsführer rückt häufig in die nähere Betrachtung der Gläubiger. Grundsätzlich haftet in einer GmbH bzw. UG die Geschäftsführung nicht mit ihrem Privatvermögen haftet. Dieser Grundsatz der Haftungsbeschränkung wird jedoch in einigen Fällen durchbrochen und die Geschäftsführung haftet persönlich, und kann sich darüber hinaus sogar strafbar machen.
Durchgriffshaftung wegen Insolvenzverschleppung
Wenn die Geschäftsführung nicht innerhalb der gesetzlichen Pflicht des § 15a InsO für die GmbH/UG einen Insolvenzantrag stellt, so haftet er Dritten gegenüber mit seinem Privatvermögen. Wann eine Haftung wegen Insolvenzverschleppung vorliegt, hängt vom Zeitpunkt der eingetretenen Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft ein. Eine strafrechtliche Haftung wegen Insolvenzverschleppung nach § 15a InsO wird häufig vor der zivilrechtlichen Haftung von der Staatsanwaltschaft geprüft. Nach § 823 Abs.2 BGB i.V.m. § 15A InsO ist häufig auch das persönliche Vermögen des Geschäftsführers gefährdet.
Haftung für Zahlungen nach Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung
Eine Besonderheit des UG / GmbH Rechts bietet der § 64 Abs.2 GmbHG. Nach dieser Vorschrift haftet der Geschäftsführer für Zahlungen von Forderungen zu dem Zeitpunkt, an dem die GmbH bereits insolvent ist. Es ist hierbei unerheblich, ob zu diesem Zeitpunkt bereits ein Insolvenzantrag gestellt wurde oder nicht. Entscheidend ist alleine, ob ein Insolvenzgrund objektiv vorgelegen hat und nach diesem Zeitpunkt eine Zahlung getätigt wurde. Die Feststellung, ob ein Insolvenzgrund vorliegt ist in der Praxis recht schwierig und wird häufig von den Geschäftsführern bzw. den Gesellschaftern verdrängt.
Wir empfehlen daher, frühzeitig Insolvenzgründe prüfen zu lassen bzw. einen Insolvenzantrag zu stellen, damit diese wohl größtmögliche Haftungsfalle umgangen werden kann.
Haftung des Geschäftsführers bei Verlust des Stammkapitals
Wenn die Gesellschaft sich in einer finanziellen Schieflage befindet, sollten die Geschäftsführer darauf achten, die Gesellschaft zu informieren. Dem Geschäftsführer drohen strafrechtliche Konsequenzen, wenn er es unterlässt, den Gesellschaftern den Verlust in Höhe der Hälfte des Stammkapitals anzuzeigen. § 84 GmbHG schützt die Gesellschafter vor der Wertminderung ihrer Anteile und versetzt diese in die Situation, mit Maßnahmen den Verlust des Stammkapital abzuwenden. Unterlässt der Geschäftsführer die Information der Gesellschafter, haftet er persönlich und macht sich darüber hinaus strafbar.
In der Praxis empfehlen wir daher, immer einen Blick auf die Bilanz der Gesellschaft zu werfen und im Zweifel frühzeitig eine Gesellschafterversammlung einzuberufen.
Haftung wegen Steuerhinterziehung bei falscher Bilanz
Die Geschäftsführung hat die Pflicht, die Bilanz für die GmbH rechtzeitig und richtig zu erstellen. Grade in Zeiten der Krise ist häufig nicht genug Geld für einen Steuerberater oder anderes Fachpersonal da. Die Bilanz ist Grundlage für die Besteuerung der GmbH. Wenn die Bilanz nicht richtig ist kann dies zu einer Strafbarkeit und einer Geschäftsführerhaftung nach §§ 369 ff. AO wegen Steuerhinterziehung führen.
Zusammenfassung
Die Tätigkeit eines Geschäftsführers ist von vielen haftungsrechtlichen Fragestellungen durchzogen. In jeder Phase der Geschäftstätigkeit droht eine persönliche Haftung.
Wir empfehlen daher jedem Geschäftsführer sich vor der Tätigkeit rechtliche Expertise einzuholen, um die haftungsrechtlichen Fallstricke zu umgehen.