Die wesentlichen Nachteile der französischen Insolvenz im Überblick:
- Dem Schuldner kann auferlegt werden, den pfändbaren Teil seiner Einkünfte über zwei Jahre zur Befriedigung der Gläubiger abzuführen.
- Der Schuldner muss mindestens sechs Monate vor Antragstellung in Frankreich gelebt haben.
- Die Verfahrenseröffnung wird acht Jahre im französischen Verzeichnis für Verbraucherinsolvenzen festgehalten.
- Ohne zeitliche Beschränkungen kann das Insolvenzverfahren wiederaufgenommen werden, wenn das Schuldnervermögen nicht ausreichend oder unvollständig verwertet wurde.
- Von der französischen Restschuldbefreiung sind keine rückständigen Unterhaltsforderungen sowie Ausgleichsansprüche im Rahmen des Gesamtschuldnerausgleichs oder einer Bürgschaft umfasst.
- Der Lebensmittelpunkt des Schuldners muss nach Frankreich verlagert werden.
Ähnlich wie in England oder Irland sind französische Gerichte bestrebt, Insolvenztourismus zu verhindern. Entsprechend akribisch wird überprüft, ob eine Verlagerung des Lebensmittelpunktes nach Frankreich stattgefunden hat. Die nur scheinbare Verlagerung des Lebensmittelpunktes führt dabei in vielen Fällen zum Scheitern des Verfahrens.
In der Gesamtschau stellt sich somit das deutsche Insolvenzrecht als wesentlich konsistenter und rechtssicherer dar. Wir raten Mandanten, die den Wunsch nach einem beschleunigten Verfahren hegen, zur Durchführung eines deutschen Insolvenzplanverfahrens. Auf diesem Wege kann eine Entschuldung schon innerhalb eines Jahres ermöglicht werden.
Französische Insolvenz – Ablauf und Dauer
Anders als in den übrigen europäischen Mitgliedsstaaten kennt das französische Insolvenzrecht eine Vielzahl unterschiedlicher Verfahren. Dieser historisch bedingte Umstand führt dazu, dass eine genaue Abwägung bzgl. der Art des gewählten Verfahrens stattfinden muss. Für deutsche Schuldner dürfte dabei lediglich ein Verfahren im Elsass bzw. den Departements Bas-Rhin, Haut-Rhin oder Moselle in Frage kommen. Das dort zulässige, sog. „Faillite-civile“ stellt ein – im Vergleich zum deutschen Pendant – deutlich verkürztes Verbraucherinsolvenzverfahren dar.
Die Vorbereitung bis zur Antragseinreichung
Es ist zwingend notwendig, dass vor Antragstellung der Schuldner seinen Lebensmittelpunkt in eines der französischen Departements Bas-Rhin, Haut-Rhin oder Moselle verlagert. Grundsätzlich muss der sog. „COMI“ (Center of Main Interest) des Schuldners zum Zeitpunkt der Antragstellung in Frankreich liegen. Bei nur scheinbarer Verlagerung droht – ähnlich der COMI-Problematik im Zusammenhang mit englischen Insolvenzen – eine nachträgliche Annullierung des Verfahrens durch ein französisches Gericht bzw. die Nichtanerkennung der Restschuldbefreiung in Deutschland. Die gesamte Begründung eines neuen Lebensmittelpunktes dauert erfahrungsgemäß – inkl. aller administrativer Schritten – ca. sechs Monate. Da der französische Gesetzgeber einen Mindestaufenthalt von weiteren sechs Monaten vor der eigentlichen Antragstellung fordert, müssen Antragsteller also mit einer Vorlaufzeit von ca. einem Jahr rechnen.
Das Verfahren
Nach Antragseinreichung beginnt das französische Insolvenzeröffnungsverfahren. In dieser sog. „période suspecte“ wird das verbliebene Vermögen des Schuldners gesichert. Noch vor Eröffnung des Verfahrens wird seitens des Gerichts ein Gutachter bestellt, der das Vermögen des Schuldners sichtet und ein entsprechendes Verzeichnis erstellt. Durch gerichtlichen Beschluss wird sodann das Insolvenzverfahren eröffnet. Mithin beginnt die eigentliche, zwölfmonatige Verfahrenslaufzeit. Für den weiteren Verlauf wird ein Insolvenzverwalter bestellt. Dieser übernimmt die Kommunikation mit den Gläubigern und ist für die Aufteilung des Schuldnervermögens zuständig. Der Antragsteller wird dazu verpflichtet, den pfändbaren Teil seiner laufenden Einkünfte zur Befriedigung der Gläubiger darzureichen.
Die Zeit nach Erteilung der Restschuldbefreiung
Die Erteilung der Restschuldbefreiung erfolgt durch richterlichen Beschluss. Besonders zum Nachteil des Schuldners wirkt, dass – anders als nach deutschem Recht – von der französischen Restschuldbefreiung keine rückständigen Unterhaltsforderungen oder Ausgleichsansprüche von Gesamtschuldnern oder Bürgen umfasst sind. Wurde die Restschuldbefreiung rechtmäßig in Frankreich erteilt, bedarf sie eines Anerkenntnisses in Deutschland. Unterbleibt ein Anerkenntnis, würde die Restschuldbefreiung lediglich Wirkung in Frankreich entfalten. Der französische Gerichtsbeschluss muss ins Deutsche übersetzt und anschließend amtlich beglaubigt werden. Auch nach bereits erteilter Restschuldbefreiung kann der Schuldner seitens des französischen Gerichts dazu verpflichtet werden, seine pfändbaren Einkommensteile zwei weitere Jahre abzuführen und zur Befriedigung der Gläubiger zur Verfügung zu stellen. Entsprechend erscheint die französische Insolvenz auch unter zeitlichen Aspekten weit weniger attraktiv.