Bedauerlicherweise negieren die neueren Entwicklungen den durchaus schuldnerfreundlichen Ansatz der irischen Insolvenz. Aufgrund des drohenden Brexit verschiebt sich der Insolvenztourismus zunehmend nach Irland. Die dortigen Gerichte prüfen daher wesentlich gründlicher, ob eine Verlagerung des Lebensmittelpunktes – des sog. COMI – tatsächlich stattgefunden hat. Entsprechend häufiger kommt es neuerdings zur Annullierung von Verfahren oder einer Verweigerung des Anerkenntnisses seitens der deutschen Gerichtsbarkeit. Dadurch büßt die irische Insolvenz stark an Attraktivität gegenüber den hiesigen Regelungen ein.
Insbesondere erscheint in diesem Lichte das deutsche Insolvenzplanverfahren weitaus rechtssicherer und ebenso zeitsparend.
Ablauf und Dauer der irischen Insolvenz
Das irische Insolvenzverfahren lässt sich in drei Phasen unterteilen:
1. Die Vorbereitung bis zur Verfahrenseröffnung
Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Antragstellung ist die Verlagerung des eigenen Lebensmittelpunktes, des sog. „COMI“, nach Irland. Diese Prozedur wird mit allen notwendigen, administrativen Schritten ca. sechs Monate in Anspruch nehmen. Im Rahmen der weiteren Vorbereitungsphase sind durch den Schuldner alle, seine Schulden- und Vermögenssituation betreffenden Dokumente zu beschaffen und mitsamt dem Insolvenzantrag bei Gericht einzureichen. Daneben ist eine Versicherung an Eides statt abzulegen, wodurch die gesamte Vermögenssituation offengelegt wird.
2. Die eigentliche Verfahrenslaufzeit nach Eröffnung des Verfahrens
Nach der Antragseinreichung beginnt die eigentliche Laufzeit der Insolvenz. Das zwölfmonatige Verfahren wird durch einen gerichtlichen Beschluss eingeleitet. Für den weiteren Verlauf wird ein zuständiger Beamter der irischen Insolvenzbehörde ernannt, der sog. „offical assignee“. Die Stellung dieses Beamten entspricht in weiten Teilen derer eines deutschen Insolvenzverwalters. Er übernimmt insbesondere die Kommunikation mit den Gläubigern sowie die gleichmäßige Aufteilung der noch vorhandenen Vermögenswerte. Die Insolvenz wird im „Register of Bankruptcies“ veröffentlicht.
3. Die Zeit nach Erteilung der Restschuldbefreiung
Wurde die Restschuldbefreiung rechtmäßig in Irland erteilt, bedarf diese eines Anerkenntnisses in Deutschland. Ohne ein solches Anerkenntnis würde die erteilte Restschuldbefreiung lediglich Wirkung in Irland entfalten. Zu diesem Zweck muss der Beschluss des irischen Insolvenzgerichts übersetzt und beglaubigt werden. Auch nach bereits erteilter Restschuldbefreiung sind die pfändbaren Beträge zwei weitere Jahre abzuführen. Dieser unbefriedigende Umstand relativiert die vermeintlich kürzere Verfahrenslaufzeit.
Wer kann eine irische Insolvenz beantragen?
Nach irischem Recht wird nicht zwischen Privat- und Geschäftspersonen unterschieden. Entsprechend erfolgt auch keine Differenzierung zwischen einer Privatinsolvenz oder einer Regelinsolvenz. Der Antragsteller muss
- über Verbindlichkeiten i.H.v. mindestens 20.000,00 € verfügen und diese nicht begleichen können sowie
- diesbezüglich einen gescheiterten, außergerichtlichen Einigungsversuch unternommen haben und
- seinen Lebensmittelpunkt bzw. COMI (Center of main interest) in Irland haben und
- es darf in keinem weiteren EU-Mitgliedsstaat ein Insolvenzverfahren über das Vermögen des Antragstellers eröffnet sein.
Liegen diese Voraussetzungen vor, wäre ein Insolvenzantrag in Irland grundsätzlich zulässig. Entsprechend der Problematik bei der Antragstellung in England ist auch in Irland zu erwarten, dass das Vorliegen der Voraussetzungen strengstens geprüft werden wird.