Ablauf und Dauer der englische Insolvenz
Das englische Insolvenzverfahren lässt sich in drei Phasen unterteilen:
- Die Vorlaufzeit vor Verfahrenseröffnung
- Die eigentliche Verfahrenslaufzeit nach Eröffnung des Verfahrens
- Die Zeit nach Erteilung der Restschuldbefreiung
Lesen Sie hier mehr zu den drei Phasen einer Privatinsolvenz in England / EU-Insolvenz.
Wer kann eine EU-Insolvenz beantragen?
In England besteht keine Unterscheidung zwischen Regelinsolvenz und Privatinsolvenz. Deshalb sind sowohl
- Privatpersonen / Verbraucher als auch
- Unternehmer und Selbstständige
antragsberechtigt. Für Sie spielt es deshalb keine Rolle, ob Sie beispielsweis ein Arbeitnehmer sind oder eine eigene Unternehmung haben.
Neben Ihnen als Schuldner sind noch andere Personen berechtigt, einen Insolvenzantrag zu stellen. Lesen Sie hier mehr zum Kreis der antragsberechtigten Personen.
Vorbereitung der englischen Insolvenz
Grundbaustein für die Antragsannahme und somit auch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens in England ist die Erfüllung der Hauptbedingung, mindestens 6 Monate in England oder Wales seinen Lebensmittelpunkt (der sog. COMI) zu haben.
Um später bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens darlegen zu können, dass der Lebensmittelpunkt seit mindestens 6 Monaten in England liegt, sollten Sie als Schuldner nach England umziehen. Die Frage, wo der Lebensmittelpunkt einer Person liegt, wird im Insolvenzverfahren, anders als beispielsweise im Steuerrecht, nicht allein aufgrund von Aufenthaltszeiten, sondern anhand der gesamten Lebensumstände beurteilt. Es werden also die familiäre Situation, die Erwerbstätigkeit und die Wohnsituation überprüft. Ein COMI ist nicht anzunehmen, wenn der Lebensmittelpunkt von vornherein nur für einen beschränkten Zeitraum begründet und danach wieder zurück nach Deutschland verlagert werden soll. Wer diesbezüglich falsche Angaben gegenüber dem Gericht tätigt, rechtfertigt bereits damit eine Annullierung des Insolvenzverfahrens und somit das Scheitern einer Entschuldung in England. Die englischen Gerichte kontrollieren und hinterfragen die Beweggründe der Antragsteller sehr genau. Insbesondere spricht gegen die Begründung eines COMI, wenn der Antragsteller sich bei der Anmietung einer Wohnung, der Zulassung eines Kfz und anderen, entsprechenden Angelegenheiten von einer Organisation unterstützen lässt, um einen COMI zu kreieren. Die Gerichte sehen darin deutliche Anhaltspunkte für ein Vortäuschen falscher Tatsachen (vgl. High Court, Case No 19421/2008)
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Der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens wird in England von Ihnen persönlich gestellt. Bei diesem sogenannten „Hearing“ liegt ein wichtiger Beratungsschwerpunkt. Dabei gilt es, bestimmt Formalia strikt einzuhalten und die notwendigen Termine beim Insolvenzgericht, welche meistens persönlich wahrgenommen werden, einzuhalten.
Die Insolvenzeröffnung in England hat für Sie eine wichtige Wirkung: Sie sind von nun an gegen Vollstreckungen und Gerichtsverfahren geschützt.
Lesen Sie hier mehr zu den Besonderheiten des englischen Insolvenzeröffnungsverfahrens sowie den Wirkungen der England Privatinsolvenz / EU-Insolvenz.
Restschuldbefreiung (Discharge) der englischen Insolvenz
Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens dauert es ein bis drei Jahre, bis Sie von allen Schulden befreit werden. Dabei kommt es zur Beendigung des Verfahrens und der Erteilung der Restschuldbefreiung (Discharge). In seltenen Ausnahmefällen tritt sogar eine frühere Restschuldbefreiung – der sogenannte „Early Discharge“ – ein. Dabei ist im Gegensatz zum deutschen Recht die Restschuldbefreiung unabhängig von der Verwertung des jeweiligen Schuldnervermögens. Es spielt keine Rolle, ob und ggf. wie viel Vermögen vorhanden ist und wie lange dessen Verwertung dauert. Die Voraussetzungen für eine Versagung der Restschuldbefreiung sind nach englischem Insolvenzrecht strikter. Es besteht zudem eine zeitlich unbegrenzte Möglichkeit der Versagung einer bereits erteilten Restschuldbefreiung. Lesen Sie hier mehr zur Dauer bis zur Erteilung der Restschuldbefreiung nach englischem Insolvenzrecht, den Wirkungen der Discharge und ihrem Umfang sowie Versagungsgründen.
Anerkennung der englischen Restschuldbefreiung in Deutschland
Die englische Restschuldbefreiung (Discharge) wurde bislang nach höchstrichterlicher deutscher Rechtsprechung (BGH-Urteil vom 18.09.2001, Az. IX ZB 51/0) sowie nach EU-Recht (EU-Verordnung Nr. 1364/2000 vom 29.05.2000) deutschlandweit anerkannt. Sowohl englische, als auch deutsche Gericht vertreten mittlerweile eine deutlich härtere Linie und verweigern Schuldnern häufiger die Restschuldbefreiung nach englischem Recht. Daneben bedroht der bevorstehende Brexit ebenfalls die ehemals attraktive Entschuldungsmöglichkeit der englischen Insolvenz. Lesen Sie hier mehr zur Anerkennung der englischen Restschuldbefreiung (Discharge) in Deutschland.
Privatinsolvenz England – Die Kosten
Die Kosten einer England Privatinsolvenz hängen von vielen individuellen Faktoren wie z.B. die Möglichkeit der Erwerbstätigkeit in England, Umfang der Beratungsleistungen oder Miethöhe ab. In der Regel nehmen sogenannte Relocation services eine Gebühr in Höhe von 5.000 – 10.000 €, je nach Umfang der Diensteistung. Neben den Umzugskosten sind hier die Kosten für Formalitäten wie die Abmeldung in Deutschland und die Anmeldung in England einzurechnen. Die Errichtung eines Wohnsitzes inkl. einer meistens halbjährigen Vorlaufzeit wird angesichts der höheren englischen Unterhaltskosten mit einem monatlichen Betrag ab etwa 1.500 € zu Buche schlagen – bei einer Dauer von 18 Monaten (6 Monate Vorbereitung und 12 Monate Verfahrenslaufzeit) fallen auf diese Weise auch bei einem bescheidenen Lebensstil 27.000 € an.
Hinzu kommen die Verfahrenskosten. Hierbei handelt es sich um einen kleineren, aber fixen Posten. Die Gerichtskosten betragen 700 £, die sich aus Gerichtskosten in Höhe von 175 £ und weiteren Verfahrenskosten in Höhe von 525 £ zusammensetzen. Hinsichtlich der Gerichtskosten kann ggf. Prozesskostenhilfe gewährt werden. Die Möglichkeit einer Verfahrenskostenstundung wie in Deutschland gibt es in England nicht.
Bei den Kosten für den Insolvenzverwalter gibt es einen großen Unterschied zwischen dem deutschen und englischen Recht. Während in Deutschland die Kosten für den Insolvenzverwalter abhängig sind von der Insolvenzmasse und dem Aufwand des Insolvenzverwalters, ist in England die Vergütung für den Insolvenzverwalter festgelegt auf 1.715 £.
Insgesamt ist der Insolvenzplan angesichts der hohen notwendigen Investion und der mit der englischen Insolvenz für deutsche „Umsiedler“ einhergehenden Unwägbarkeiten die zur Zeit preislich vorzugswürdige Alternative.
Privatinsolvenz England – Unsere Empfehlung
Aufgrund der fehlenden Rechtssicherheit, dem ungewissen Anerkenntnis in Deutschland und den exorbitanten Kosten empfehlen wir unseren Mandanten den Rückgriff auf das Insolvenzrecht desjenigen Landes in welchem die Verbindlichkeiten entstanden sind. Mandanten, deren Schuldensituation sich in Deutschland gründet, raten wir insbesondere zu einem Insolvenzplanverfahren. Bei gleichem, zeitlichem Aufwand kann so eine kostengünstige, effektiven und vor allem rechtssicheren Entschuldung gewährleistet werden.
Lesen Sie hier mehr zu den Erfolgsaussichten eines Insolvenzplans.
Die englische Insolvenz im Vergleich zur deutschen Insolvenz
England | Deutschland | |
---|---|---|
Kosten | Rund 40.000 Euro incl. Umzugskosten, Lebenshaltungskosten und Relocation Service. Die Insolvenz alleine kostet rund 2400 Pfund (2100 Euro). | Verbraucherinsolvenz ist kostenfrei bei Beratungshilfe, ansonsten ab rund 600 Euro. |
Dauer | Ca. 2 Jahre vom Umzug bis zur Restschuldbefreiung. Längere Vorbereitung ist jedoch ratsam. Danach weitere zwei Jahre Abtretung des Einkommens. | 3 Jahre, 5 Jahre oder maximal 6 Jahre, abhängig von der Höhe der Rückzahlung. Bei monatlicher Rückzahlung in der Regel 5 Jahre. |
Rechtssicherheit | Risiko durch „Brexit“: England bald kein Mitglied der EU mehr, EU-Insolvenz in England daher stark gefährdet. Zudem droht eine Versagung der Restschuldbefreiung, wenn deutsche Behörden feststellen, dass der Lebensmittelpunkt nur zum Schein nach England verlegt wurde. | Bei anwaltlicher Begleitung ist Rechtssicherheit garantiert. |
Restschuldbefreiung | Umfassende Restschuldbefreiung, nur wenige Ausnahmen. | Umfassende Restschuldbefreiung, nur Schulden aus unerlaubten Handlungen sind nicht umfasst. |
Für weitere Informationen lesen Sie auch unseren Artikel zum Thema Insolvenz in der EU anmelden – EU Insolvenz im Vergleich.
Ihre Fragen und unsere Antworten zur England-Insolvenz
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Englische Restschuldbefreiung
Sehr geehrter Herr Ghendler, leider verstehe ich den Zusammenhang zwischen der erteilten Restschuldbefreiung und den 2 Jahren Einkommensabtretung nicht. Wenn man also das Zertifikat der Restschuldbefreiung bekommen hat, können die Gläubiger doch alle angeschrieben & informiert werden. Bestenfalls ziehen diese ihre Forderungen zurück und die Einträge werden aus der Schufa gelöscht. Wozu dann also noch […]
Insolvenzverfahren nach kontopfändung?
Sehr geehrter Herr Ghendler, Mein Mann hat als Einzelunternehmer nach einer BP vergangenen November nun Steuerschulden über 90.000,-€. Bis zum heutigen Tag versuchten wir mithilfe unseres Steuerberaters einen ratenzahlungsplan mit dem FA zu machen, was aber nun letzte Woche abgelehnt wurde und nur einen Tag später wurde ihm das Konto dichtgemacht. Meine Frage wäre nun […]
Steuerschulden und Privatinsolvenz
Hallo, Ist eine zivilrechtliche Steuerschuld beim Finanzamt durch eine Privatinsolvenz auch nach der Beendigung der Privatinsolvenz hinfällig bzw. für den Schuldner getilgt, wenn der Schuldner zuvor ein Strafverfahren wegen Steuerhinterziehung gehabt hat, die Auflagen des Strafverfahrens allerdings alle erfüllt hat? Meine persönliche Situation stellt sich wie folgt dar: 1. Verurteilung wegen Steuerhinterziehung 2013. Alle Auflagen […]
Forderungen nachwirkend einreichen
Hallo, kann man als Tochtergesellschaft (sitz in Deutschland) Forderungen gegenüber der Muttergesellschaft (sitz in England) nachwirkend einreichen? Das Insolvenzverfahren wurde ende November 2014 nach englischem Recht eröffnet. Der Geschäftsbetrieb der Muttergesellschaft wurde vollständig eingestellt.Wie verläuft sowas? kann man trotzdem noch Forderungen für die Tabelle einreichen?
Mietvertrag mit einer englischen Limited
Hallo, hat ein Insolvenzverwalter Zugriff auf Mietkautionen welche für einen Mietvertrag in Deutschland mit einer Limited mit Sitz in London geleistet wurden. Gibt es hier Höchstbeträge, z.B. 3 oder 6 oder 12 Monatsbeträge oder ….? Gruss Norbert Gross-Hardt
Insolvenz England
Habe fast 350.000 Euro Schulden beim Finanzamt bezüglich EKST-Nachzahlung aus 2012. Würde die englische Insolvenz für mich in Frage kommen !? Vielen Dank. Mit freundlichen Grüßen Claudia Buic
englische Insolvenz
hallo ich habe seit unzähligen Jahren mit dieser besch…… Schufa Probleme und möchte nun endlich klar Schiff machen. meine Gesamtschuld beläuft sich auf ca. 80.000 ca. 25 versch. Gläubiger – ich glaube ich könnte in den nächsten 6 Monaten ca. 30.000 € auftreiben bzw. verdienen. was können Sie mir empfehlen ??? mfg kls
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Peter Hanauer says: Hallo, ich habe Schulden in Höhe von 480.000 Euro und möchte diese schnellstmöglich loswerden. Kommt für mich eine Insolvenz in England in Frage? Was kostet das bei Ihnen?
englische insolvenz bis zur entschuldungsanerkennung oder urkunde
hallo, ich bin durch investitionen in sachsen-anhalt ,durch wiedererhalt einer familienimmobilie vor allem. mit erheblichen folgekosten und gesunkenen mieten bzw. leerstand so ruiniert, dass ich nicht mehr auf einen grünen zweig komme. die engl. insolvenz gefällt mir, zumal ich einen freund habe, der vor jahren sehr lange in llondon lebte+ jetzt wieder zurückgeht. ich könnte […]
Absichern von LV gegen Privatinsolvenz
Guten Tag, ich habe gelesen, das nach „England-Insolvenz“ künftige Erträge wie Renten oder LV’s aus der Verwertung bei PI ausgenommen werden können. Allerdings gibt es dazu konträre Meinungen, daher die Bitte an Sie als Fachmann ggf. klären zu können. Konkret (Alter heute 55, Geschäftführer – Gesellschafter, Schuldenlast bei Banken): a. Rentenanspruch liegt bei >1000€ und […]
Gesellschaft übertragen und später Insolvenz England
Hallo, mein Bekannter sagt, ich solle die Gesellschaft auf meine Frau übertragen, damit ich später z.B. in 2-3 Jahren, falls eine PI notwendig wird, nicht diese Gesellschaft in die Insolvenzmasse fliesst. Momentan hätte wir nicht einmal das Vermögen um 2 Wohnsitze (Familie in ES Ich in England) zu bezahlen, wir müssen also 2-3 Jahre in […]
Multas in Spanien und Restschuldbefreiung
Werden Multas (Zuschläge („multas“) von der Restschuldbefreiung in England erfasst? Eigentlich handelt es sich bei spanischen Multas für Steuerrückstände zwar um eine Art Säumniszuschläge, aber laut Duden bedeutet Multa Bußgeld & Geldstrafe. Da diese bis zu 150% der eigentlichen Steuerschuld betragen, wäre es ganz toll, wenn diese via Privatinsolvenz in DE oder England erfasst wären. […]
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julian says: Ich meinte eigentlich ob Geldbußen aus Ordnungswidrigkeiten (50-150% der eigentlichen Steuerschuld) von der PI in England erfasst werden.
Kontoauszüge bei PI England?
Ist es typisch bzw. kommt es überhaupt vor, dass in England rückwirkend für mehrere Jahre Kontoauszüge verlangt werden?
Englische Insolvenz abgelehnt
Hallo, meine englische Insolvenz wurde vor einem Jahr abgelehnt. Ich habe seit dem nur damit Zeit verbracht den Grund zu erfahren. Nachdem ich nun endlich ein „transcript of Judge HHJ David Cooke’“ gemacht habe, habe ich nun schriftlich den Grund erfahren. Laut Richter wurde die Insovenz abgelehnt weil ich angeblich nicht Glaubhaft beweisen konnte dass […]
Sehr geehrte Fragestellerin,
bei der deutschen Insolvenz sind Forderungen der Gläubiger, die sich in einem durch Restschuldbefreiung abgeschlossenen Insolvenzverfahren befunden haben, danach nicht mehr vollstreckbar.
Im englischen Insolvenzrecht ist die Restschuldbefreiung „vorgelagert“. Das heißt es erfolgt erst die gerichtliche Erteilung, die in Deutschland anerkannt werden kann und danach muss weiterhin eine Einkommensabtretung erfolgen.
So ist die Phase nach der erteilten Restschuldbefreiung vergleichbar mit der Wohlverhaltensphase im deutschen Recht.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. V. Ghendler
Rechtsanwalt