BGH: Inflationsausgleichsprämie ist pfändbar
Viele Arbeitnehmer erhalten von ihrem Arbeitgeber eine so genannte Inflationsprämie. Ob diese bei Überschuldung gepfändet werden darf, war lange unklar. Der BGH hat diese Frage nun entschieden: Die Inflationsausgleichsprämie ist pfändbar.
In dem zugrundeliegenden Fall sollte einem insolventen Krankenpfleger seine Inflationsprämie von 3.000 €, zahlbar in Teilbeträgen in Höhe von 1.500 €, gepfändet werden. Hiergegen wehrte sich der Mann vor dem Landgericht Bielefeld, jedoch ohne Erfolg. Im Unterschied zur Energiepauschale, so das Gericht, habe der Gesetzgeber für die Inflationsprämie gerade keine Unpfändbarkeit angeordnet. Sie sei daher wie das übrige Einkommen nach Maßgabe des § 850c ZPO pfändbar.
Der Schuldner zog daraufhin bis zum Bundesgerichtshof. Dieser bestätigt jedoch die Auffassung des Landgerichts. Die Prämie, so hieß es in dem Beschluss. sei als Teil des wiederkehrend zahlbaren Arbeitseinkommens anzusehen. Deshalb sei sie genau wie dieses unter Berücksichtigung der Pfändungsfreigrenzen pfändbar
Bei der dem Schuldner gewährten Inflationsausgleichsprämie handle es sich um eine aus eigenen Mitteln des Arbeitgebers gezahlte freiwillige Zusatzleistung zum Arbeitslohn. Die Prämie sei keine aus öffentlichen Mitteln finanzierte staatliche Hilfsmaßnahme, sondern lediglich steuerlich und abgabenrechtlich begünstigt.
Die Inflationsausgleichsprämie sei auch weder als Erschwerniszulage nach § 850a Nr. 3 ZPO anzusehen, die eine besondere Belastung bei der Erbringung der Arbeitsleistung voraussetzen würde, noch als als Aufwandsentschädigung im Sinne des § 850a Nr. 3 ZPO. Mit der Inflationsausgleichsprämie bezwecke der Arbeitgeber keinen Ausgleich tatsächlich entstandener Auslagen im Zusammenhang mit einer Tätigkeit, sondern die Abmilderung allgemein gestiegener Verbraucherpreise.
Derartige Prämien seien Teil der wiederkehrend zahlbaren Vergütung. Daran ändere auch eine einmalige Zahlweise der Prämie nichts. Die Inflationsausgleichsprämie vergüte weder eine von dem Schuldner erbrachte Zusatz- oder Mehrarbeit noch eine besondere einmalige Leistung. Ihr Bezugspunkt sei vielmehr die bereits mit dem laufenden Gehalt vergütete, regelmäßige Arbeitsleistung. Die Prämie erhöhe bei gleichbleibender Arbeitsleistung das zu entrichtende Gehalt.
(Az. IX ZB 55/23).
Andre Kraus ist Fachanwalt für Insolvenzrecht und Gründer der KRAUS GHENDLER RUVINSKIJ Anwaltskanzlei. Seit 2012 ist er auf die Entschuldung und Beratung von Personen mit finanziellen Schwierigkeiten spezialisiert.
Dein Kommentar
An Diskussion beteiligen?Hinterlasse uns Deinen Kommentar!