Die häufigsten Fragen von Insolvenzgläubigern

Die häufigsten Fragen von Insolvenzgläubigern

1. Was ist ein Insolvenzverfahren? 

Das Insolvenzverfahren ist ein gesetzlich geregelter Ablauf, um Gläubigeransprüche zu befriedigen, wenn das Schuldnervermögen zur Befriedigung aller Gläubigeransprüche nicht mehr ausreicht. Ziel des Insolvenzverfahrens ist die bestmögliche Gläubigerbefriedigung (§ 1 S. 1 InsO), indem das Schuldnervermögen von einem Insolvenzverwalter verwertet und der Erlös an die Gläubiger verteilt wird. 

2. Wann wird ein Insolvenzverfahren eröffnet?

Das Insolvenzgericht eröffnet auf Antrag das Insolvenzverfahren, wenn der Schuldner nicht mehr ausreichend fähig ist, alle Ansprüche, die sich gegen ihn richten, zu befriedigen. Dann liegt ein Insolvenzgrund im Sinne der §§ 17 – 19 InsO vor.

Einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens können gemäß § 13 InsO der Schuldner selbst aber auch dessen Gläubiger stellen.

3. Wozu wird ein vorläufiger Insolvenzverwalter eingesetzt?

Ist beim Insolvenzgericht ein Eröffnungsantrag eingegangen, kann dessen Prüfung einige Zeit in Anspruch nehmen. In der Zwischenzeit besteht die Gefahr, dass der Schuldner das noch vorhandene Vermögen mindert oder weitere Schulden aufhäuft. Zum Schutz der Gläubigerbefriedigung und zur Sicherung des Restvermögens des Schuldners bestellt das Insolvenzgericht einen vorläufigen Insolvenzverwalter. Hierbei hat das Insolvenzgericht die Wahl, ob es einen sogenannten „schwachen“ oder „starken“ vorläufigen Insolvenzverwalter einsetzt.

Der „schwache“ vorläufige Insolvenzverwalter hat gemäß § 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 InsO keine Befugnis über das Schuldnervermögen zu verfügen. Welche Befugnisse ihm zu kommen, werden vom Insolvenzgericht abhängig vom jeweiligen Einzelfall bestimmt. Oftmals ordnet das Gericht einen sogenannten Zustimmungsvorbehalt an. Das bedeutet, dass der Schuldner keine Verfügungen ohne Einwilligung des Insolvenzverwalters vornehmen kann und dass Zahlungen lediglich an den Insolvenzverwalter erfolgen können.

Der „starke“ vorläufiger Verwalter ist gemäß § 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 InsO dem „endgültigen“ Insolvenzverwalter hinsichtlich dessen Rechte und Pflichten gewissermaßen gleichgestellt. In aller Regel hat er die gleichen Verwaltungs- und Verfügungsbefugnisse wie der ordentliche Insolvenzverwalter. Zugleich treffen ihn aber auch dessen Pflichten, wie etwa die Pflicht gemäß § 22 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 InsO, das Schuldnervermögen vor Beeinträchtigungen zu sichern und es zu erhalten

Andre Kraus ist Fachanwalt für Insolvenzrecht und Gründer der KRAUS GHENDLER RUVINSKIJ Anwaltskanzlei. Seit 2012 ist er auf die Entschuldung und Beratung von Personen mit finanziellen Schwierigkeiten spezialisiert.

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4. Wie lange dauert ein Insolvenzverfahren?

Die Bundesregierung hat am 1.7.2020 einen Gesetzesentwurf vorgelegt, wonach überschuldete Unternehmen und Verbraucher einheitlich nach spätestens drei Jahren das Insolvenzverfahren beenden können. Dies soll für alle Verfahren gelten, die ab 1.10.2020 beantragt werden. Weitere Einzelheiten zu Übergangsregelungen können Sie unserem Artikel Dauer der Insolvenz einheitlich auf drei Jahre verkürzt entnehmen. Für die kürzere Verfahrensdauer dürfen die während des Insolvenzverfahrens geltenden Obliegenheiten nicht verletzt werden. Eine bestimmte Mindestbefriedigungsquote sowie die Begleichung der Verfahrenskosten sollen nicht mehr Voraussetzung hierfür sein. Damit setzt die Bundesregierung die EU-Richtlinie 2019/1023 über Restrukturierung und Insolvenz schneller um, als bislang angekündigt.

Bislang dauerten Insolvenzverfahren in der Regel zwischen drei und sechs Jahren.

5. Wann erhalte ich mein Geld?

In der Regel können Sie mit einer Zahlung erst am Ende des Verfahrens rechnen. Nach dem Schlusstermin wird entsprechend der Insolvenzquote die Insolvenzmasse an die Gläubiger verteilt. Wie genau die Verteilung erfolgt, lässt sich aus dem Verteilungsverzeichnis entnehmen, welches der Insolvenzverwalter am Ende des Verfahrens erstellt und vor dem Schlusstermin dem Insolvenzgericht zukommen lässt. Es wird anschließend öffentlich bekannt, wann der Schlusstermin ist, wie hoch die Insolvenzmasse ausgefallen ist und welche Insolvenzforderungen angemeldet worden sind. Damit erhält jeder Gläubiger anhand des Verteilungsverzeichnisses Einsicht, mit welcher Zahlung zu rechnen. Außerdem kann der Gläubiger am Schlusstermin teilnehmen.

In Ausnahmefällen – wenn ausreichende Insolvenzmasse besteht – kann der Insolvenzverwalter auch während des Verfahrens Abschlagszahlungen an die Insolvenzgläubiger leisten.

6. Wie erhalte ich als Arbeitnehmer meinen Lohn, wenn das Unternehmen im Insolvenzverfahren steckt?

Vor der Insolvenzeröffnung erhalten Sie als Arbeitnehmer Geld von der Bundesagentur für Arbeit (Insolvenzgeld), wenn ein entsprechender Antrag gestellt worden ist und eine Insolvenzgeld-bescheinigung vorliegt. Hierüber erteilt die Bundesagentur für Arbeit weitere Auskünfte. Das Insolvenzgeld wird Ihnen grundsätzlich für die Dauer von drei Monaten vor Insolvenzeröffnung bzw. Insolvenzabweisung ausgezahlt. Ist Ihnen vor Entscheidung des Gerichts gekündigt worden, so erhalten Sie in der Regel für die letzten drei Monate Ihrer Beschäftigung das Insolvenzgeld, soweit Ihnen aufgrund des Insolvenz des Arbeitgebers Lohneinbußen entstanden sind. Haben Sie Lohneinbußen aus Zeiträumen vor den genannten drei Monaten, so haben die Einbuße als Forderung zur Insolvenztabelle anzumelden und erhalten am Ende des Erfahrens entsprechend der Insolvenzquote eine Auszahlung.

Nach der Insolvenzeröffnung sind Lohnforderungen sogenannte Masseforderungen. D.h., Sie erhalten vom Insolvenzverwalter die Lohnauszahlung, soweit das Arbeitsverhältnis besteht.

7. Was muss ich als Gläubiger beachten, wenn ich meine Forderungen zur Tabelle anmelden?

Nach Verfahrenseröffnung können Sie als Gläubiger Ihre Forderung gegen Schuldner anmelden, indem Sie dem Insolvenzverwalter schriftlich, fristgerecht und unter Vorlage von Belegen nachweisen, wie hoch Ihre Forderung ist. Der Insolvenzverwalter informiert jeden ihm bekannten Gläubiger hierüber.

Die Frist zur Forderungsanmeldung zur Insolvenztabelle wird im Eröffnungsbeschluss mitgeteilt, gleichwohl ist eine nachträgliche Anmeldung möglich. Dann ist jedoch mit einer Gerichtsgebühr in Höhe von derzeit (Stand Juli 2020) 20 Euro (vgl. Nr. 2340 KV GKG) zu rechnen.

Handelt es sich um eine Forderung, die an der Schlussverteilung teilnehmen soll, ist die zweiwöchige Frist aus § 189 Abs. 1 InsO zu beachten.

8. Was mach ich, wenn ich die Höhe meiner Forderung noch nicht genau bestimmen kann?

Sie können die Forderung dennoch fristgerecht unter Schätzung ihrer Höhe anmelden. Geben Sie hierbei an, dass es sich um eine Schätzung handelt, um sich nicht in den Bereich eines versuchten Betrugs zu begeben. Der Insolvenzverwalter wird in der Regel die Forderung bestreiten, Sie haben aber die Möglichkeit nachträglich Bestand und Höhe der Forderung nachzuweisen. Der Insolvenzverwalter wird dann seinen Widerruf zurücknehmen.

9. Warum wurde meine zur Tabelle angemeldete Forderung vom Insolvenzverwalter bestritten?

Den Insolvenzverwalter treffen Prüfpflichten, um die bestmögliche gemeinschaftliche Gläubigerbefriedigung zu erreichen. Eine zur Tabelle festgestellte Forderung lässt sich nachträglich kaum mehr revidieren, falls sich herausstellt, dass die angemeldete Forderung unberechtigterweise geltend gemacht wurde. Entsprechend streng sind die Insolvenzverwalter bei der Prüfung, sodass angemeldete Forderungen ohne genügend Beweise vom Insolvenzverwalter in der Regel bestritten werden. Daher ist es unerlässlich belastbare Unterlagen bei der Anmeldung der Forderung beizufügen. Dies können u.a. unterzeichnete Vertragsunterlagen oder unterzeichnete Lieferschein sein.

Sind Sie davon überzeugt, die Forderung ausreichend nachgewiesen zu haben, weigert sich der Insolvenzverwalter jedoch weiterhin, die Forderung zur Tabelle eintragen zu lassen, bleibt Ihnen nur die Erhebung einer Feststellungsklage.

10. Wie erfahre ich den aktuellen Stand des Insolvenzverfahrens?

Dies hängt davon ab, wie und welchem Umfang der Insolvenzverwalter die Gläubiger informiert. Zumeist hält der betreffende Insolvenzverwalter eine Internetseite bereit, auf der weitere Information zum aktuellen Sachstand den Gläubigern mitgeteilt werden.

11. Welche Folgen hat es für mich als Lieferant oder Geschäftspartner, wenn mein Kunde in der Insolvenz ist?

Offenstehende Forderungen können Sie zur Insolvenztabelle anmelden und erhalten entsprechend der Insolvenzquote eine Auszahlung am Ende des Insolvenzverfahrens.

Gelieferte Ware können Sie unter Umständen zurückverlangen, wenn Sie diese unter Eigentumsvorbehalt geliefert haben. Denn der aus dem Eigentum folgende Herausgabeanspruch auf die Vorbehaltsware gibt ein Aussonderungsrecht. Damit können Sie vom Insolvenzverwalter verlangen, dass die Ware nicht verwertet werden darf, sondern an Sie herauszugeben ist.

Bitte beachten Sie: Dem Insolvenzverwalter steht in einem solchen Fall ein Wahlrecht zu. Er kann entweder den Vertrag erfüllen, also den Kaufpreis zahlen und die Ware behalten oder die Erfüllung verweigern, woraufhin die Ware herauszugeben ist. Er kann die Ausübung des Wahlrechts bis zur Entscheidung der Gläubigerversammlung über Sanierung oder Liquidation des Schuldnerunternehmens hinauszögern.

Das Hinauszögern ist jedoch unzulässig, wenn bis zum Abwarten des ersten Berichtstermins eine beträchtliche Wertminderung der Ware zu erwarten ist.

Werden Verbindlichkeiten nach der Insolvenzeröffnung bei Unternehmensfortführung begründet, handelt es sich um Masseverbindlichkeiten. Diese können Sie vom Insolvenzverwalter beglichen verlangen.

12. Darf ein Unternehmen nach gestelltem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens fortgeführt werden?

Dies ist der Regelfall. Bis zur Entscheidung über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens bleiben Unternehmen oftmals unter der Leitung des Schuldners, wobei das Insolvenzgericht in der Regel einen vorläufigen Insolvenzverwalter bestellten wird. Dieser begleitet die Unternehmensfortführung dergestalt, dass Geschäftsentscheidungen immer mit Zustimmung des Insolvenzverwalters zu treffen sind.

Es kann aber auch sein, dass ein sogenannter „starker“ vorläufiger Insolvenzverwalter eingesetzt wird, sodass die Geschäftsleitung auf diesen übergeht. Hierbei entstehende Gläubigerforderungen sind Masseverbindlichkeiten.

13. Was kann ich als Eigentümer von Sachen tun, die sich im Besitz des insolventen Unternehmens befinden?

Wie unter 11. aufgeführt, haben Sie ein Aussonderungsrecht, womit sie Herausgabe der Sache vom Insolvenzverwalter verlangen können.

14. Gelten wegen Corona Besonderheiten hinsichtlich des Insolvenzverfahrens?

Es gibt einige Besonderheiten, die Sie  unserem Artikel Corona-Insolvenzwelle im Herbst entnehmen können.   

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