Einstellung der Zwangsvollstreckung

Wozu dient die Einstellung der Zwangsvollstreckung?

Die Einstellung der Zwangsvollstreckung verhindert bzw. hemmt die bereits begonnene oder bevorstehende Zwangsvollstreckung ins Vermögen des Schuldners. Es gewährt diesem eine Atempause. Um die Einstellung der Zwangsvollstreckung zu erwirken, gibt es mehrere gesetzliche Möglichkeiten, die an unterschiedliche Bedingungen knüpfen und unterschiedlich weit reichen. 

Ob die Einstellung der Zwangsvollstreckung im Einzelfall möglich ist, hängt von vielen Faktoren ab. Eine grundlegende Unterscheidung ist zu treffen, ob die Vollstreckung im Vorfeld eines Insolvenzverfahrens oder in der Einzelvollstreckung stattfindet. Daneben ist relevant, in welchem Interesse die Einstellung der Zwangsvollstreckung liegt. Jede Aussetzung der Vollstreckung liegt in der Regel im Interesse des Schuldners, aber es gibt auch Fälle, in denen dies dem Interesse des Gläubigers entspricht. Welche Anträge für welche Situation in Frage kommen und welche Voraussetzungen hierbei erfüllt werden müssen, beantwortet der nachfolgende Beitrag.

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Einstellung der Zwangsvollstreckung in der Insolvenz

Im Insolvenzverfahren kann das Insolvenzgericht bis zur Entscheidung über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorläufig anordnen, dass einzelne Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen den Schuldner vorläufig einzustellen sind (§ 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 InsO). Die Einstellung kann angeordnet werden, soweit die Vollstreckung keine Immobilie erfasst. In erster Linie bezweckt die Einstellung der Zwangsvollstreckung nach § 21 InsO aber nicht den Schutz des Schuldners, sondern den Schutz der Gläubigerinteressen. Das wird daran deutlich, dass das Insolvenzgericht nur dann die weitere Zwangsvollstreckung untersagt, wenn die Gläubigerbefriedigung durch das bevorstehende Insolvenzverfahren gefährdet ist. Gleichwohl wird auch mittelbar der Schuldner hiervon profitieren, indem sein Vermögen nicht weiter angetastet wird.

Soll im Vorfeld zur Entscheidung über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens eine Zwangsvollstreckung in eine Immobilie verhindert werden, so muss ein Antrag gemäß §§ 30 bzw. 30a ZVG gestellt werden. Dieser ist nach herrschender Meinung nicht beim Insolvenzgericht, sondern wegen mangelnder Sonderregelung beim zuständigen Vollstreckungsgericht zu stellen. Zu den Voraussetzungen eines solchen Antrags, lesen Sie bitte die nachfolgenden Absätze.

Einstellung des Zwangsversteigerungsverfahrens bei Immobilien

Durch Antrag des Schuldners

Die Einstellung der Zwangsvollstreckung in die Immobilie des Schuldners kann gemäß § 30a ZVG herbeigeführt werden, wenn dies der Schuldner beim Vollstreckungsgericht beantragt und die Aussicht besteht, dass durch die Einstellung der Zwangsversteigerung die Immobilie beim Schuldner verbleiben kann. Zudem müssen die persönlichen und wirtschaftlichen Umstände des Schuldners eine Einstellung des Zwangsversteigerungsverfahrens ermöglichen. Das bedeutet, dass die Gründe für die entstandenen Schulden berücksichtigt werden müssen. Außerdem darf der Gläubiger nicht dringenden Geldsorgen unterliegen, da ihm die Einstellung der Zwangsvollstreckung ansonsten nicht zumutbar wäre. Zuletzt ist auch zu berücksichtigen, welchen Erlös eine etwaig spätere Zwangsversteigerung  einbringen würde. Liegt dieser Erlös weit unter dem Erlös, den die Jetzt-Zwangsversteigerung einbringen würde, so steht dies der Einstellung der Zwangsvollstreckung grundsätzlich entgegen.

Nach Einwilligung des Gläubigers

Die Einstellung der Zwangsvollstreckung in die Immobilien des Schuldners kann gemäß § 30 ZVG bewirkt werden, wenn der Gläubiger in die Einstellung der Zwangsversteigerung einwilligt. Diese nach § 30 ZVG eröffnete Möglichkeit hat nicht nur auf der Hand liegende Vorteile für den Schuldner, der seine Immobilie retten kann, sondern auch für den Gläubiger.

Denn der Gläubiger ist bei der Zwangsversteigerung zunächst verpflichtet, einen hohen Kostenvorschuss für die Erstellung eines Gutachtens über den Verkehrswert der Immobilie zu zahlen. Durch eine Ratenzahlungsvereinbarung kann der Gläubiger zur Abgabe einer solchen Einwilligung bewogen werden.

Ebenso kann der Gläubiger aus strategischen Gründen der Einstellung der Zwangsvollstreckung zustimmen, etwa wenn er ein ungünstig erscheinendes Gebot verhindern möchte (vgl. § 73 ZVG und § 30 ZVG). 

Einstellung der Zwangsvollstreckung wegen irreversibler Nachteile

Einstellung wegen Einwänden gegen den Titel

Droht dem Schuldner die Zwangsvollstreckung kann dieser die Einstellung der Zwangsvollstreckung beim Vollstreckungsgericht gemäß § 769 ZPO beantragen. Dieser Antrag ist notwendig, wenn der Schuldner meint, dass die Zwangsvollstreckung aufgrund von Sachfehlern unrechtmäßig ist, er also Einwendungen gegen den festgestellten Titel geltend macht. Um endgültig die Zwangsvollstreckung zu stoppen, muss der Schuldner aber eine Vollstreckungsabwehrklage gemäß § 767 ZPO erheben. Da bis zur Entscheidung hierüber aber viel Zeit vergehen kann und der Gläubiger bereits über einen Titel verfügt, können dem Schuldner bis zur Entscheidung über seine Vollstreckungsabwehrklage nachhaltige und unumkehrbare Nachteile erwachsen, wenn der Gläubiger weiterhin die Zwangsvollstreckung verfolgt. Und da die Erhebung der Vollstreckungsabwehrklage selbst die Zwangsvollstreckung nicht aufschiebt, muss der Schuldner selbst tätig werden und einen Antrag nach § 769 ZPO auf Einstellung der Zwangsvollstreckung stellen. 

Einstellung wegen Existenzvernichtung

Der Schuldner kann aber die Einstellung der Zwangsvollstreckung gemäß § 712 ZPO beantragen, ohne hierfür eine Vollstreckungsabwehrklage erheben zu müssen, wenn durch die Vollstreckung dem Schuldner ein nicht zu ersetzender Nachteil entstünde. Allerdings bezieht das Gericht bei der Entscheidung über den Antrag auch die Gläubigerinteressen mit ein, sodass aus der Formulierung des Gesetzes folgt, dass der Schuldner besonders gewichtige Gründe für die Einstellung der Zwangsvollstreckung ins Feld führen muss. Ein solcher Grund ist anzunehmen, wenn dem Schuldner die Vernichtung der wirtschaftlichen Existenz sicher droht.

Einstellung wegen Gesundheitsgefährdung

Ähnlich zum Antrag nach § 712 ZPO kann der Schuldner gegen ein erst- oder zweitinstanzielles Urteil gemäß §§ 719, 707 ZPO beantragen, die Vollstreckung einstellen zu  lassen, wenn dem Schuldner besonders nachhaltige Nachteile entstünden. Ein solcher besonders schwer wiegender Nachteil kann ebenfalls bei Vernichtung der wirtschaftlichen Existenz anzunehmen sein, aber auch wenn durch die Zwangsvollstreckung der Gesundheitszustand verschlechtert und hieraus eine konkrete Gefahr für das Leben oder ein schwerwiegendes gesundheitliches Risiko für den Schuldner entstehen würde. Allerdings wird auch in diesem Fall eine Abwägung zu den Gläubigerinteressen vorgenommen und nach Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist zu prüfen, ob durch Anwesenheit von Fachpersonal und fachmännische Betreuung die für den Schuldner bestehenden Gefahren reduziert oder ausgeschaltet werden können. In diesem Fall kann die Zwangsvollstreckung ganz oder teilweise fortgesetzt werden.

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Andre Kraus ist Fachanwalt für Insolvenzrecht und Gründer der KRAUS GHENDLER RUVINSKIJ Anwaltskanzlei. Seit 2012 ist er auf die Entschuldung und Beratung von Personen mit finanziellen Schwierigkeiten spezialisiert.

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