Folgen und Wirkungen des Insolvenzverfahrens

Was sind die Folgen und Wirkungen des Insolvenzverfahrens?  

1. Was passiert mit meinen Sachen und meinem Vermögen? 

Mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens wird das gesamte bestehende und im Laufe des Verfahrens erworbene Vermögen des Schuldners Teil der Insolvenzmasse. Das Vermögen des Schuldners wird also zum Zwecke der bestmöglichen Gläubigerbefriedigung (§ 1 InsO) in Beschlag genommen (§ 35 Abs. 1 InsO). 

Vermögen, was dem Vollstreckungszugriff aus Gründen des Schuldnerschutzes zur Existenzsicherung entzogen ist, bleibt auch von der in Beschlagnahme im Zuge der Verfahrenseröffnung ausgenommen

Das grundsätzlich von der Beschlagnahme erfasste und Bestandteil der Masse gewordene  Vermögen kann ausnahmsweise vom Insolvenzverwalter freigegeben werden (vgl. § 35 Abs. 2, 3 InsO). Dies wird der Insolvenzverwalter z.B. tun, wenn es der Insolvenzmasse keine Vorteile bringt, den in Beschlag genommenen Gegenstand weiterhin zu verwalten. 

Andre Kraus ist Fachanwalt für Insolvenzrecht und Gründer der KRAUS GHENDLER RUVINSKIJ Anwaltskanzlei. Seit 2012 ist er auf die Entschuldung und Beratung von Personen mit finanziellen Schwierigkeiten spezialisiert.

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2. Kann ich über meine Sachen bestimmen? 

2.1 Übergang der Verfügungsbefugnis und Verwaltungsbefugnis auf Insolvenzverwalter, §§ 80, 81 InsO

Mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens verliert der Schuldner die Verfügungsbefugnis über seine Sache und sein Vermögen (§ 80 InsO). Die Verfügungsbefugnis ist die Berechtigung zur Veräußerung eines Gegenstandes oder eines Rechts, wenn dieser bzw. dieses verändert, aufgehoben oder übertragen werden soll. Bei einer Unternehmensinsolvenz verlieren etwa bei der GmbH der Geschäftsführer, bei einer Aktiengesellschaft der Vorstand ihre Verfügungsbefugnis. Sie geht auf den Insolvenzverwalter über (§ 80 Abs. 1 InsO).

Verfügen Sie dennoch über einen Gegenstand, weil Sie etwa aufgrund eines Kaufvertrags zur Erfüllung dessen eine Sache übereignen, dann ist diese Übereignung unwirksam. 

2.2 Inbesitznahme und Verwaltungsbefugnis

Der Insolvenzverwalter nimmt mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens das gesamte Vermögen und die Gegenstände des Schuldners in Besitz und verwaltet dieses bzw. diese. Das heißt, dass die vorgefundenen Sachen genutzt und instand gehalten werden müssen durch den Insolvenzverwalter. Bei einer Unternehmensinsolvenz wird das Unternehmen zunächst weitergeführt, bis das Schicksal des Unternehmens geklärt ist, also das Unternehmen saniert oder zerschlagen wird.

Ausnahmsweise kann dem Schuldner zugestanden werden, Sachen und Vermögen in Eigenregie weiter zu verwalten, was jedoch sehr selten der Fall ist. 

3. Verlust der Prozessführungsbefugnis und der Empfangszuständigkeit

3.1 Was passiert, wenn ich noch Ansprüche durchsetzen will oder Prozesse laufen?

Mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens  ordnet § 240 ZPO an, dass Prozesse über das zum Insolvenzverfahren gehörende Vermögen zunächst ruhen. Der Insolvenzverwalter kann einen solchen Prozess wieder aufnehmen, wenn ihm eine Klage sinnvoll erscheint (§ 85 InsO). 

3.2 Kann ich noch Leistungen von Geschäftspartnern annehmen?

Nein, denn das Insolvenzverfahren und die Einsetzung des Insolvenzverwalters bezweckt, dass zur bestmöglichen Gläubigerbefriedigung keine geteilte Zuständigkeit, sondern eine Zentralisierung der Verantwortlichkeit bestehen soll. Als Schuldner unterstützen Sie die Arbeit des Insolvenzverwalters, indem Sie Ihren Mitwirkungspflichten nachkommen, also im Rahmen des geltenden Rechts Angaben über Ihre Ansprüche gegenüber anderen Geschäftspartnern machen. Die Einziehung der Forderung obliegt aber nicht mehr Ihnen als Schuldner, sondern ist Aufgabe des Insolvenzverwalters.

Der Jurist spricht hierbei vom Wechsel der Empfangszuständigkeit. Dies reicht so weit, dass ein Gläubiger nochmal leisten muss, wenn er nach Insolvenzeröffnung dennoch an den Schuldner leistet, statt an den Insolvenzverwalter.

4. Vollstreckungsverbot und keine Konfrontation mehr mit den Gläubigern, §§ 87, 89 InsO 

Spätestens mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens erhalten Sie keine lästigen Briefe von Ihren Gläubigern. Meist beginnt dies aber schon dann, wenn Sie sich an einen Anwalt wenden und dieser den Gläubigern anzeigt, dass er das Insolvenzverfahren einleiten wird. 

Für Sie besteht mit Insolvenzverfahrenseröffnung ein Vollstreckungsschutz. Das bedeutet, dass die Gläubiger Ihre gegen Sie bestehenden Forderungen nicht mehr gegen Sie persönlich geltend machen dürfen. Bereits gegen Sie erwirkte Titel dürfen nicht mehr vollstreckt werden. Ebenso wenig können Gläubiger neue Titel gegen Sie erwirken. Die Gläubigerbefriedigung erfolgt gemeinschaftlich nach den Regeln des Insolvenzverfahrens. D.h., dass alle Gläubiger aus der Insolvenzmasse am Ende des Insolvenzverfahrens gemeinschaftlich befriedigt werden, ohne dass Sie sich vereinzelt mit Gläubigern auseinander setzen müssen

5. Was passiert mit eingeräumten Sicherheiten, die kurz vor Eröffnungsantrag bestellt worden sind? 

Es besteht eine sogenannte Rückschlagsperre. Das bedeutet, dass kurz vor Stellung des Eröffnungsantrags bestellte Sicherheiten rückwirkend nichtig werden. Hintergrund der Regelung ist die Verhinderung eines Wettlaufs der Gläubiger, die darauf drängen werden, die Sicherheiten schnellstmöglich durchzusetzen, um ihre einzelnen Forderungen zu befriedigen. 

Die Rückschlagsperre bezieht sich bei der Unternehmensinsolvenz auf Sicherheiten, die im letzten Monat vor gestelltem Insolvenzantrag bestellt wurden. Bei der Verbraucherinsolvenz erstreckt sich der Zeitraum auf drei Monate

Diese Regelung ist eine Ergänzung zu den Regeln über die Insolvenzanfechtung, die letztlich den Bestand der Massesicherung im Auge hat. 

6. Was passiert mit noch nicht erfüllten Verträgen? 

Wenn Sie als Schuldner einen gegenseitigen Vertrag (z.B. Kauf-, Darlehens oder Werkvertrag) geschlossen haben und bislang noch kein Leistungsaustausch stattfand oder nur eine Seite den Vertrag vollständig erfüllt hat, dann spricht man von einem schwebenden Rechtsgeschäft. Ein solches schwebendes Rechtsgeschäft wird vom Insolvenzrecht gesondert behandelt: 

  • Hat der Gläubiger vor Insolvenzeröffnung vollständig geleistet und steht die Leistung des Schuldners aus, so kann der Gläubiger seine Forderung nur als Insolvenzforderung zur Insolvenztabelle anmelden. Er erhält am Ende des Verfahrens eine quotale Befriedigung.
  • Hat der Schuldner bereits geleistet, kann der Insolvenzverwalter die Gegenleistung vom Gläubiger fordern.
  • Haben weder der Gläubiger noch der Schuldner den Vertrag erfüllt, hat der Insolvenzverwalter ein Wahlrecht: Er kann entweder auf Vertragserfüllung bestehen, was er tun wird, wenn es sich um ein Masse günstiges Geschäft handelt oder die Vertragserfüllung ablehnen. In diesem Fall wird die Forderung des Gläubigers nicht nur Insolvenz-, sondern eine Masseforderung. Das bedeutet, Das bedeutet, dass der Gläubiger aus der Insolvenzmasse befriedigt wird und bei Nichtleistung die Insolvenzmasse auf Befriedigung der Forderung verklagen kann. 

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