Was passiert bei vergessenen Gläubigern?
Uns erreichen oftmals Fragen, was geschieht, wenn man als Schuldner einen oder mehrere Gläubiger vergessen hat, als man den Insolvenzantrag stellte. Für den Schuldner ist in diesem Zusammenhang vieles unklar. Das Insolvenzverfahren soll dem Schuldner den ersehnten finanziellen Neustart ermöglichen. Und diesen möchte man nicht gefährden, indem ein vergessener Gläubiger zu Problemen führt. Rechtliche Nachteile drohen, wenn Sie grob fahrlässig einen Gläubiger vergessen haben. Sie können sich jedoch “entschuldigen”, wenn Sie alles Erforderliche im Vorfeld der Antragstellung getan haben.
Dieser Beitrag widmet sich den wichtigsten von Mandanten an uns heran getragene Fragen, wenn es um einen vergessenen Gläubiger geht. Wir gehen der Frage nach, ob ein vergessener Gläubiger die Restschuldbefreiung gefährden kann, ob dieser und dessen Forderung nachgemeldet werden können, wie Gläubiger ermittelt werden können und welche Folgen mit einer bewussten Nichtanmeldung von Forderungen seitens des Gläubigers einhergehen.
Andre Kraus ist Fachanwalt für Insolvenzrecht und Gründer der KRAUS GHENDLER RUVINSKIJ Anwaltskanzlei. Seit 2012 ist er auf die Entschuldung und Beratung von Personen mit finanziellen Schwierigkeiten spezialisiert.
Sehr geehrter Herr Kraus,
Vielen Dank für die schnelle Antwort.
Im konkreten Fall geht es um folgende 2 Fälle.
Beide gläubiger standen nicht in der gläubigerliste beim Antrag.
– 1 Gläubiger hat sich im laufenden Insolvenzverfahren selber angemeldet (z. B. über öffentliche Bekanntmachung o. Ä.)
-Dieser Gläubiger hat eine Forderung die über 14 Jahre alt ist und mimimun 10 Jahre kein Kontakt mit dem Schuldner, weder schriftlich noch in jeglicher anderer Form
– kein Eintrag im vollstreckungsportal noch schufa oder bonify etc.
-Gläubiger 2 hatte ich schlicht und einfach vergessen obwohl er nicht hätte vergessen werden können/sollen und als der sich vor schlusstermin meldete habe ich dies umgehend an den Insolvenzverwalter weitergeleitet und er wurde nachträglich in die Tabelle aufgenommen.
Meine Frage :
Zu gläubiger Nr 1 kann man ja tatsächlich vergessen haben, halb so schlimm.
Gläubiger 2 aber:
Insolvenzquote ca 7 %.
Wenn er ein Antrag auf Versagung der restschuldbefreiung stellt aufgrund unvollständiger Gläubigerliste, kann der groben Fahrlässigkeit eine einfache Fahrlässigkeit entegegengehalten werden indem unverzüglich und unaufgefordert der gläubiger nachgemeldet wurde, damit er an der schlussverteilung teilnimmt, also im Gegenzug auf obliegenheit der Auskunft und mitwirkungspflicht plädieren falls es zu einem versagungsantrag kommt?
Oder stehen bei diesen dargestellten Fall die Chancen sehr schlecht für den Schuldner wenn das der einzige Antrag auf Versagung der restschuldbefreiung ist?
Vielen und freundliche Grüße
Thomas
Sehr geehrter Ratsuchender,
bitte beachten Sie, dass in diesem Rahmen keine individuelle Rechtsberatung geleistet werden kann, noch stattfinden darf. Allgemein lässt sich jedoch sagen, dass ein Versagungsantrag denkbar ist in der beschriebenen Konstellation, jedoch zudem ein vorsätzliches oder grob fahrlässiges Verschulden glaubhaft gemacht werden müsste.
Mit freundlichen Grüßen
A. Kraus
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Insolvenzrecht
Guten Tag Herr Anwalt ,
Ich habe mich nun ausführlich diw InsO Paragraphen wochenlang studiert und ich habe dabei festgestellt das ein vergessener gläubiger ( ob vorsätzlich oder nicht)
kein Versagungsgrund erfüllt.
Laut § 290 Absatz 6 steht geschrieben “… unrichtige oder unvollständige Angaben gemacht hat…”
Wenn man einen Gläubiger, aus welchen Grund auch immer, nicht angegeben hat, hat man demzufolge logischerweise keine unrichtige oder unvollständiger Angabe gemacht.
Z. B. Wenn ich bei einer Zeugenaussage keine Aussage tätige, dann kann man mir ja auch nicht vorwerfen, eine unrichtige oder unvollständige Aussage gemacht zu haben.
Damit ist es meines Erachtens eindeutig das ein Vergessener Gläubiger sich nicht einfach darauf ausruhen kann das der Schuldner ihn schon nicht vergessen wird in der gläubigerliste im Falle einer Insolvenz, sondern man dem Gläubiger ebenso grobe fahrlässigkeit unterstellen kann wenn er sich nicht aktiv ab und zu Informationen zu seinem Schuldner versucht zu holen.
Einem gläubiger muss bewusst sein, daß sein Schuldner die Möglichkeit hat sich mittels einer Restschuldbefreiung sich seiner Schulden zu entledigen und es darf erwartet werden das hierzu der gläubiger in der Lage ist sich, über öffentliche Bekanntmachungen sich zu informieren, wenn er denn an eine Begleichung der Schulden weiterhin Interesse hat.
§ 290 Absatz 6 ist also bewusst vom Gesetzgeber so formuliert worden das ein nicht angegebener Gläubiger, der es versäumt, sich selber auch über seinen Schuldner zu informieren, sein Versäumnis dem Schuldner in die Schuhe zu schieben und grobe fahrlässigkeit oder Vorsatz geltend zu machen um sein eigenes Versäumnis wett zu machen.
Genau wie ein Schuldner muss auch der Gläubiger aufpassen das er nicht aufgrund eigener grober fahrlässigkeit (sich nicht informieren über eigene Schuldner) dazu beiträgt das er es verpasst seine Forderung rechtzeitig vorm schlusstermin anzumelden.
Deswegen ist meiner Meinung nach vom Gesetzgeber bewusst die Formulierung weg gelassen worden.
Die Restschuldbefreiung ist zu versagen wenn,
“… über einem oder mehrere Gläubiger keine Angaben gemacht hat….”
Denn nur diese Art von Formulierung wäre zulässig um wegen eines vergessenen Gläubiger die Restschuldbefreiung zu versagen.
Liege ich in meiner Annahme richtig oder übersehe ich was im Gesetzestext?
Sehr geehrter Fragesteller,
zunächst freut es uns, dass Sie sich ebenfalls für das Insolvenzrecht interessieren. Die Rechtslage sieht jedoch vor, dass der Schuldner das seinerseits Erforderliche zu tun hat, dass kein Gläubiger bei der Antragstellung vergessen wird (vgl. u.a. § 305 Abs. 1 Nr. 3 a.E. InsO “dass die enthaltenen Angaben richtig und vollständig sind”). Das bedeutet, je nach Einzelfall kann ein vergessener Gläubiger zur Versagung der Restschuldbefreiung führen, zwingend ist dies jedoch nicht.
Mit freundlichen Grüßen
A. Kraus
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Insolvenzrecht
Hallo,
Ich habe jetzt durch den Gerichtsvollzieher erfahren, dass die Schuldner im Jahre 2017 das Insolvenzverfahren durchgeführt haben und sich in der Wohlverhaltensphase befindet. Was ist nun mit meiner Forderung. Sind Mietschulden?
Mit freundlichen Grüßen
Sehr geehrte Fragestellerin,
Insolvenzverfahren werden öffentlich bekanntgemacht, was die Gläubiger in die Lage versetzt, ihre Forderungen zur Insolvenztabelle anzumelden. Befindet sich der Schuldner in der Wohlverhaltensphase ist die Anmeldung der Forderung zur Insolvenztabelle nicht mehr möglich. Mit Erteilung der Restschuldbefreiung braucht der Schuldner auch die Forderung aus einem Mietverhältnis nicht mehr zu zahlen.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. V. Ghendler
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Insolvenzrecht
Guten Abend!
Laut Gerichtsurteil schuldet die Ex Frau meines Mannes eine Summe X, welche sie angeblich nicht mehr hat. Über unseren Anwalt wurde ein GV beauftragt und sie hat eine eidesstattliche Versicherung abgegeben, ausser meinen Mann gibt es keine weiteren Gläubiger. Über einige Monate ging ein geringer Betrag von ca. 100 EUR ein. Nur durch Zufall haben wir erfahren, das die ,,Dame,, Insolvenz angemeldet hat ohne den GV in Kenntnis zu setzen das es einen Gläubiger gibt. Die Zahlung von ihr wurde eingestellt.
Fragen: Welche Konsequenzen kommt auf die Schuldnerin zu?
Welche wirksamen Möglichkeiten hat der Gläubiger um
an sein Geld zu kommen?
Sehr geehrte Frau B.,
wenn sich die Schuldnerin im Insolvenzverfahren befindet, dann kann die eigene Forderung gegen die Schuldnerin nur im Verfahren geltend gemacht werden. Das bedeutet, die Forderung zur Insolvenztabelle anzumelden und es erfolgt dann die Befriedigung des Forderung durch ein geordnetes förmliches Verfahren entsprechend der Insolvenzquote. Andere Möglichkeit der Durchsetzung außerhalb des Insolvenzverfahrens gibt es nicht.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. V. Ghendler
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Insolvenzrecht
Hallo
Habe eine Frage , ich bin in einer Privatinsolvenz , die jetzt zum Gericht gegangen ist, und habe einen Gläubiger vergessen anzugeben. Ich hatte mir mal Geld von einem Bekannten geliehen , worüber es aber keinen Nachweis oder Vertrag gibt. Jetzt nach 4 Jahren meldet er sich und verlangt sein Geld. Ich weiß jetzt nicht was ich machen soll. Muss ich den jetzt Nachmelden?
Sehr geehrte Fragestellerin,
es wäre empfehlenswert, den Gläubiger nachzumelden, sofern die Wohlverhaltensphase noch nicht begonnen hat. Die Forderung könnte zwar bereits verjährt sein, aber dennoch sollte man die Forderung nachmelden.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. V. Ghendler
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Insolvenzrecht
Guten Tag,
ein Gläubiger wurde in der Insolvenz nicht erfasst und hat etwa 1 Jahr nach Eröffnung einen Vollstreckungsbescheid erwirkt. Dieser soll nun über die Vermögensauskunft beim GV eingezogen werden. Das Problem hätte natürlich im Vorfeld abgewendet werden können, ist es aber leider aus Unkenntnis nicht.
Was genau muss wer jetzt in die Wege leiten?
Vielen Dank für eine Antwort
Sehr geehrte Fragestellerin,
da ich die genauen Umstände nicht kenne, weshalb der Gläubiger nicht gemeldet wurde, kann ich nur allgemeine Hinweise geben. Am besten Sie informieren Ihren Insolvenzverwalter hiervon. Des weiteren sollten Sie Ihrem Gläubiger als auch dem Gerichtsvollzieher das laufende Insolvenzverfahren anzeigen. Weisen Sie darauf hin, dass in der Insolvenz ein allgemeines Zwangsvollstreckungsverbot besteht.
Mit freundlichen Grüßen
A. Kraus
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Insolvenzrecht