Haftbefehl wegen Schulden?

Muss ich wegen Schulden ins Gefängnis?

Immer wieder taucht die Frage auf, ob man wegen Geldschulden oder Geldstrafen inhaftiert werden kann. Das hängt grundsätzlich davon ab, wie die Schuld entstanden ist und welches Rechtsgebiet in Rede steht.  Kurzer Exkurs:

Zivilrecht: Rechtsverhältnis Bürger zu Bürger

Öffentliches Recht: Rechtsverhältnis zwischen Staat und Bürger

Strafrecht: Staatliche Sanktionierung von menschlichem Fehlverhalten 

Zunächst lässt sich sagen, dass wegen Schulden im Zivilrecht keine Inhaftierung droht. Allerdings können titulierte Schulden und die anschließende mangelnde Mitarbeit im Rahmen der Vermögensauskunft zu einem Haftbefehl führen. Denn das Vollstreckungsverfahren ist öffentliches Recht und hier ist eine Inhaftierung möglich. Näheres hierzu weiter unten. Rühren die Geldschulden aus einer Straftat (z.B. wegen eines Betrugs gemäß § 263 StGB), wurde eine Geldstrafe oder eine Geldbuße bzw. ein Bußgeld verhängt, kann bei verweigerter Zahlung die Inhaftierung angeordnet werden. 

Der folgende Beitrag zeigt auf, bei welchen (Geld)Schulden und unter welchen Umständen der Gang in Gefängnis ansteht. 

Andre Kraus ist Fachanwalt für Insolvenzrecht und Gründer der KRAUS GHENDLER RUVINSKIJ Anwaltskanzlei. Seit 2012 ist er auf die Entschuldung und Beratung von Personen mit finanziellen Schwierigkeiten spezialisiert.

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1. Muss ich wegen Schulden aus Verträgen ins Gefängnis? 

Wegen Schulden aus Verträgen muss niemand befürchten, inhaftiert zu werden. Dabei ist es auch gleichgültig, weshalb die Schulden nicht mehr getilgt werden können. In Artikel 1 des Protokolls Nr. 4 zur Europäischen Menschenrechtskonvention heißt es hierzu: 

„Niemandem darf die Freiheit allein deshalb entzogen werden, weil er nicht in der Lage ist, eine vertragliche Verpflichtung zu erfüllen.“ 

Wichtig sind aber die Worte „allein deshalb“. Denn bemüht sich ein Gläubiger erfolgreich um eine Titulierung der Forderung gegen den Schuldner und verweigert in weiterem Verlauf der Schuldner unberechtigterweise die Mitarbeit bzw. Auskunft, kann ein Haftbefehl drohen. Dazu im nächsten Punkt im Detail. 

2. Haftbefehl wegen nicht abgegebener Vermögensauskunft? 

Bild von Handschellen

Grundsätzlich hängt die Entscheidung um die Inhaftierung davon ab, in welcher Form die Schuld entstanden ist und um welches Rechtsgebiet es in diesem Fall geht.

Ist die gegen Sie als Schuldner geltend gemachte Forderung tituliert, kann der Gläubiger von Ihnen verlangen, Angaben zu Ihren derzeitigen Vermögensverhältnissen abzugeben. Hierzu wird Sie der Gerichtsvollzieher aufsuchen und zur Abgabe der Vermögensauskunft anhalten. Bleiben Sie dem Termin unentschuldigt fehlt oder geben Sie keine Angaben ab, kann gegen ein Haftbefehl als Beugemaßnahme verhängt werden. Die Inhaftierung dient als Zwangsmittel dazu, sich zu den Fragen des Gerichtsvollziehers bezogen auf Ihr Vermögen einzulassen. Die Erzwingungshaft kann bis zu 6 Monate andauern. Sie endet vorher, wenn Schuldner Angaben zu seinem Vermögen abgibt. Detaillierte Informationen zum Ablauf können Sie unserem Beitrag über die Vermögensauskunft entnehmen.

Bitte beachten Sie: Ein Absitzen der Zeit führt in keinerlei Weise dazu, dass sich Ihre Schulden reduzieren. 

3. Muss ich wegen Schulden beim Finanzamt ins Gefängnis? 

Wegen Steuerschulden muss grundsätzlich niemand eine Inhaftierung befürchten. Zwar kann schon aufgrund des Steuerbescheids vollstreckt werden, weil dieser bereits einen Titel darstellt. Aber ein Haftbefehl wird deshalb nicht ergehen. Eine Haft kommt nur in Betracht, wenn die Steuerschuld aus einer Steuerstraftat, wie etwa Steuerhinterziehung (§ 370 AO) resultiert.   

4. Muss ich bei einer Geldstrafe ins Gefängnis? 

Eine vom Gericht im Rahmen einer Strafverhandlung oder eines Strafbefehls verhängte Geldstrafe führt zunächst zu keiner Gefängnisstrafe, wenn der Betroffene die Geldstrafe entsprechend zahlt. Kommt der Betroffene der vom Gericht verhängten Geldstrafe nicht nach, wird er ersatzweise inhaftiert und zwar entsprechend der verhängten Tagessätzen. Zahlt der Verurteilte beispielsweise bei einer Strafe von 90 Tagessätzen die gänzliche errechnete Geldstrafe nicht, muss er eine Haft von 90 Tagen antreten. 

5. Muss ich bei Schulden wegen einer Straftat ins Gefängnis? 

Haben Sie als Täter die Opfer z.B. durch eine Erpressung oder einen Betrug zu einem Vermögensschaden geführt, ist zwischen zwei Ebenen zu unterscheiden. Der beim Opfer verursachte Vermögensschaden ist ausgleichspflichtig, indem das Erlangte wieder herauszugeben ist oder Schadensersatz zu leisten ist. Das ist die zivilrechtliche Ebene und begründet nicht die Haftstrafe. Eine Haftstrafe kommt nur auf der zweiten Ebene, dem Strafrecht in Frage. Wurde ihr Verhalten von einem Strafgericht sanktioniert, kann eine Freiheitsstrafe oder Geldstrafe ausgesprochen werden. Bezüglich der Geldstrafe gilt das Gesamte im vorherigen Abschnitt. 

6. Muss ich ins Gefängnis, wenn ich einen Strafzettel (Bußgeld) nicht zahle? 

Begehen Sie eine Ordnungswidrigkeit, kann dies mit einem Bußgeld geahndet werden. Bußgelder unterliegen einer schnellen Verjährung, weshalb die Ordnungsbehörden versuchen, diese besonders rasch einzutreiben. Dabei kann die zuständige Ordnungsbehörde auch die Zahlung des Bußgeldes durch Haft erzwingen (Erzwingungshaft). Diese kann im höchsten Fall drei Monate andauern. Sie kann auch nur einmal auferlegt werden. 

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2 Kommentare
  1. Lisa B.
    says:

    Guten Tag, leider habe ich einen Haftbefehl wegen Schulden erhalten. Ich habe die Stelle angerufen und um eine Ratenzahlung gebeten, leider war die Sachbearbeiterin sehr unfreundlich und teilte mir mit das sie damit nicht einverstanden sei. Was kann ich tun? Ich habe zwei Kinder und bin alleinerziehend. Ich kann die gesamt Summe nicht aufbringen und sollte ich in Haft müssen, verliere ich meine Arbeit und meine Wohnung.

    Bitte helfen Sie mir. Ich weiß nicht mehr weiter.

    Viele Grüße
    Lisa B

    • Dr. V. Ghendler
      says:

      Sehr geehrte Frau B.,

      vielen Dank für Ihre Frage. Wie aus unserem Artikel hervorgeht, sind Schulden an sich kein Grund für einen Haftbefehl. Vermutlich handelt es sich daher um einen Haftbefehl zur Erzwingung der Abgabe einer Vermögensauskunft.
      Dieser Haftbefehl wird dann nichtig, wenn die Vermögensauskunft abgegeben wird. Somit wäre es empfehlenswert, der Aufforderung nachzukommen.

      Mit freundlichen Grüßen

      Dr. V. Ghendler
      Rechtsanwalt, Fachanwalt für Insolvenzrecht

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