Verkürzung der Insolvenz auf 3 Jahre und weitere Neuerungen 2021
Bundestag und Bundesrat haben auf der Zielgeraden des Jahres 2020 entscheidende Neuerungen zum Insolvenzverfahren in Deutschland verkündet. Die wichtigste Veränderung:
Das Insolvenzverfahren (Regelinsolvenz und Privatinsolvenz) wurde flächendeckend auf 3 Jahre verkürzt. Dies gilt für alle Verfahren, die ab dem 1.10.2020 beantragt wurden. Insolvenzen die zwischen dem 17.12.2019 und dem 30.09.2020 beantragt wurden gilt eine Übergangsregelung.
Für Schuldner stellt dies eine große Erleichterung dar: Denn eine dreijährige Insolvenz (bzw. die “Restschuldbefreiung nach 3 Jahren”) bietet einen viel schnelleren Neustart in eine schuldenfreie Zukunft und war lange überfällig!
Die Gesetzesänderungen im Wortlaut finden Sie hier. Die wichtigsten Neuerungen haben wir jedoch auch hier, in diesem Artikel, für Sie zusammengefasst:
Andre Kraus ist Fachanwalt für Insolvenzrecht und Gründer der KRAUS GHENDLER RUVINSKIJ Anwaltskanzlei. Seit 2012 ist er auf die Entschuldung und Beratung von Personen mit finanziellen Schwierigkeiten spezialisiert.
Inhalt dieser Seite:
- 1. Neuerung: Verkürzung der Insolvenz auf 3 Jahre
- 2. Neuerung: Längere Sperrfrist nach Erhalt der Restschuldbefreiung (jetzt: 11 Jahre)
- 3. Neuerung: Bescheinigung über den außergerichtlichen Einigungsversuch verfällt langsamer
- 4. Neuerung: Neues Formular
- 5. Neuerung: Herausgabepflichten bei Erbschaften, Schenkungen und Gewinnen während der Wohlverhaltensperiode
- 6. Neuerung: Keine unangemessene Verbindlichkeiten
- Fazit
- Ihre Fragen und unsere Antworten
Sehr geehrter Herr Ghendler, sehr geehrter Herr Kraus,
besteht beim neuen Insolvenzgesetz ebenfalls eine verkürzte Dauer, wenn man innerhalb einer bestimmten Zeit 35 % seiner Schulden abbezahlt?
Vielen Dank
Sehr geehrter Herr E.,
vielen Dank für Ihre Frage. Durch die Reform im Insolvenzrecht können alle Antragsteller in 3 Jahren schuldenfrei werden. Die 35 Prozent Regel ist weggefallen. Wichtig ist jedoch, bei der Antragstellung keine Fehler zu machen, um von den Schulden am Ende des Verfahrens befreit zu werden. Gerne beraten wir Sie beim Gang in die Insolvenz. Im Rahmen der kostenlosen Erstberatung gehen für Sie auch alternative Entschuldungsmöglichkeiten durch und prüfen, ob diese nicht womöglich besser auf Ihre Situation passen. Sie erreichen uns am Telefon (0221 6777 00 55), per E-Mail (info@anwalt-kg.de) oder können unser Online-Formular nutzen.
Mit freundlichen Grüßen
A. Kraus
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Insolvenzrecht
Eine Frage, kann man während der privatinsolvenz mit Aktien handel und Dividenden
erzielen und diese wieder investieren, wenn man es aus seinem unpfändbaren Betrag finanziert
Sehr geehrter Herr R.,
in der Zeit des Insolvenzverfahrens sind Gewinne, auch wenn Sie aus dem unpfändbaren Teil seines Vermögens erzielt werden, dem Insolvenzverwalter anzuzeigen und an diesen abzuführen. Dies folgt aus § 35 InsO. Es handelt sich um einen sogenannten Neuerwerb. Näheres hierzu erfahren Sie in unserem Artikel Neuerwerb im Insolvenzverfahren – Wichtige Fälle!
Mit freundlichen Grüßen
A. Kraus
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Insolvenzrecht
Wenn man aber schon 2016 in die Insolvenz gegangen ist, bringt einem das gar nichts. Super ungerecht. Denn auch wenn die Restschuldbefreiung erteilt ist kann man nicht neu starten.
Und was neues aufbauen auch wenn das Einkommen vorhanden ist.
Man bleibt weiterhin auf der negativen Seite.
Man kann nicht mal das Einkommen nehmen um mit dem neuen Partner ein Haus finanzieren.
Sehr geehrte Frau S.,
ich verstehe Ihren Unmut. Gesetzesreformen bringen zum Teil gewisse Ungleichbehandlungen mit sich, die der Gesetzgeber manchmal durch Rückwirkungsfristen oder Übergangsfristen abzumildern versucht. Nach Ihrer Restschuldbefreiung besteht allerdings aktuell Grund zur Hoffnung, wenn es um den diesbezüglichen SCHUFA Eintrag geht. Aktuell sieht es so aus, als müsste die SCHUFA den Eintrag über die Restschuldbefreiung spätestens 6 Monate nach ihrer Erteilung löschen. Auf dem Laufenden können Sie sich durch unseren Artikel SCHUFA Eintrag schon in 6 Monaten gelöscht halten.
Mit freundlichen Grüßen
A. Kraus
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Insolvenzrecht
Moin.
Meine Frau hat im Januar 2020 das Insolvenzverfahren eröffnen lassen.
Fällt sie auch unter das neue Insolvenzrecht bzw. in die Übergangslösung?
Wenn ja.
Werden die bisherigen/zukünftigen Zahlungen (Pfändungen) an den Inso.-Verwalter auf die Verfahrenskosten pp. angerechnet und könnte sie dann bereits nach 4 1/2 Jahren Restschuldbefreiung erlangen wenn die Kosten ausgeglichen sind?
Beste Grüße
K. R.
Sehr geehrter Herr R.,
danke für Ihre Frage. Ihre Frau fällt laut Ihrer Angaben in die Übergangsregelung. Es kommt auf das genaue Datum des Insolvenzantrags an. Die Verfahrensdauer beträgt dann entweder fünf Jahre und sieben Monate oder fünf Jahre und sechs Monate.
Die bisherigen Zahlungen werden auf die Verfahrenskosten angerechnet. Sind diese innerhalb von fünf Jahren bezahlt, kann das Verfahren auf genau fünf Jahre verkürzt werden, also leider nur um sechs bzw. sieben Monate, nicht um ein ganzes Jahr.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. V. Ghendler
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Insolvenzrecht
Im alten (vor 2020) Insolvenzrecht waren Steuerschulden ausdrücklich von der Möglichkeit (durch eine 6jähriges Wohlverhalten “schuldenfrei” zu werden) ausgenommen – wahrscheinlich weil der Staat NIE auf seine Ansprüche verzichtet, vulgo NICHT mit sich (Schuldenschnitt) verhandeln läßt.
Wie ist das jetzt im neuen / reformierten Insolvenzrecht?
Wie ist das wenn eine Verschuldung ausschließlich aus Steuerschulden besteht?
Sehr geehrter Fragesteller,
vielen Dank für Ihre Frage. Ihre Aussage ist nicht richtig. Denn Steuerschulden waren bislang durchaus von der Restschuldbefreiung umfasst und sind dies auch weiterhin.
Allerdings gibt es tatsächlich auch Ausnahmen. Steuerschulden sind dann von der Restschuldbefreiung ausgenommen, wenn der Schuldner wegen Steuerhinterziehung, Schmuggel oder einer ähnlichen Straftat verurteilt wurde. Eine “normale” Nachzahlung ist aber von der Restschuldbefreiung umfasst, wobei zu prüfen ist, ob das Finanzamt ggf. mit Ansprüchen des Schuldners aufrechnen darf.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. V. Ghendler
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Insolvenzrecht
Hallo,
Ich hätte eine Frage betreffs einer Schenkung. In Privatinsolvenz seit 2018, zur Zeit natürlich in der Wohlverhaltensphase. Mich erwartet in naher Zukunft eine Schenkung, mehrere Hundertausend Euro.
Frage wäre: altes oder zählt neues Recht, wie sieht es in diesem Fall mit der doch sehr hohen Summe aus…? Muss das ( zum Teil ? ) an den Treuhändler abgeführt werden, resp. muss das dem Treuhändler überhaupt mitgeteilt werden ?
Vielen dank im Voraus für Ihre Mühe.
Sehr geehrte Frau S.,
für Sie gilt grundsätzlich nach Ihren Angaben das alte Insolvenzrecht, wonach Schenkungen in der Wohlverhaltensperiode vollständig behalten werden dürfen, sofern Sie nicht nicht mit Blick auf ein vorweggenommenes Erbe erfolgen. Eine aktive Meldepflicht besteht grundsätzlich in der Wohlverhaltensperiode diesbezüglich nicht mehr.
Mit freundlichen Grüßen
A. Kraus
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Insolvenzrecht
Meine privatinsolvenz beginnt im August 20 21. Kann ich während der 3 Jahre z. B. nach Bulgarien auswandern?
Sehr geehrter Herr G.,
Auswandern ist in der Privatinsolvenz möglich. Einige wichtige Dinge, die sich zu beachten haben hierbei, haben wir Ihnen in unserem Artikel Auswandern bei Privatinsolvenz zusammengetragen.
Mit freundlichen Grüßen
A. Kraus
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Insolvenzrecht
Guten Tag,
meine Insolvenz läuft bereits seit 2019, habe bereits die Restschuldbefreiung nach 3 Jahren angefragt und vom Verwalter das ok bekommen. Das ich ab und an Lotto spiele und kürzlich um die 1000€ gewonnen habe bin ich mir unsicher ob ich es melden muss?
herzliche Grüße
Alexander
Sehr geehrter Fragesteller,
sofern das Insolvenzverfahren bereits aufgehoben wurde und die Wohlverhaltensphase begonnen hat, muss der Gewinn nicht gemeldet werden.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. V. Ghendler
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Insolvenzrecht
Guten Tag,
ich habe meinen Insolvenzantrag im Juli 2020 gestellt und profitiere somit von der neuen Stufenregelung und werde bereits nach 5 Jahren die Restschuldbefreiung beantragen können.
Zudem wurden durch mein verwertbares Vermögenen, das in die Masse eingeflossen ist, bereits die Verfahrens- und Gerichtskosten abgedeckt. Mein Insolvenzverwalter hat bereits seinen Schlussbericht verfasst und Ich warte jetzt auf den Beschluss des Gerichts, dass das Hauptverfahren abgeschlossen ist.
Meine Frage: Durch die neue „Stufenregelung“ dauert meine Wohlverhaltensphase anstatt 6 Jahre nur 5 Jahre. Verkürzt sich diese Zeit um ein weiteres Jahr, da die Prozess- und Verfahrenskosten bereits getilgt sind, dann auf 4 Jahre? Vor der Neuregelung war diese Form der Verkürzung möglich. Gilt dies immer noch?
Vielen Dank vorab für die Antwort!
Sehr geehrte/r Fragesteller/in,
eine Verkürzung auf 4 Jahre war im Gesetz nicht vorgesehen.
Mit freundlichen Grüßen
A. Kraus
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Insolvenzrecht
Hallo, mein Insolvenzverfahren wurde am 12.04.2016 eröffnet. Habe ich eine Chance auf eine vorzeitige Beendigung der Insolvenz? Evtl auch auf Grund der neuen Regelungen?
Sehr geehrter Fragesteller,
die neuen Regelungen haben auf Verfahren aus 2016 grundsätzlich keinen Einfluss.
Eine Verkürzung auf fünf Jahre wäre möglich, wenn die Verfahrenskosten bereits in die Insolvenzmasse geflossen sind (in der Regel ist dies ab einer Insolvenzmasse zwischen 2.000 und 3.000 Euro möglich)
Mit freundlichen Grüßen
Dr. V. Ghendler
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Insolvenzrecht
wann ist eine Bank verpflichtet, kein Konto für den Insolvenzschuldner während des Insolvenzverfahren zu öffnen?
Sehr geehrter Herr A.,
grundsätzlich sind Banken verpflichtet ein Jedermann-Konto für den Betreffenden zu eröffnen, wenn dieser noch kein Bankkonto hat. Dies gilt grundsätzlich auch in der Insolvenz.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. V. Ghendler
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Insolvenzrecht
Hallo,
Ich habe zusammen mit meinem Freund ein Lottoangebot angenommen für zwei Tippscheine 1 Euro. Nun hat sein Lottoschein gewonnen. Lotto zahlt aber nur auf das Konto aus mit dem bezahlt wurde. Ist das Geld jetzt weg, weil ich seit 03.2021 in Insolvenz bin ? Es ist doch rechtlich sein Gewinn..
Sehr geehrte Frau K.,
Sie könnten eine Spielgemeinschaft bilden, sodass in Ihrem Fall Gesellschaftsrecht nach GbR-Regeln Anwendung finden könnte. Hier gelten dann Sonderregeln. Abhängig davon, wie Sie im Rechtsverkehr aufgetreten sind und wie die Vertragslage in Ihrem Fall ist, könnte es sein, dass Ihr Freund der gesamte oder hälftige Gewinn zusteht. Außerdem könnte ein Anspruch gegen Lotto dahingehend bestehen, dass ein anderes Konto auf Anweisung gezahlt werden muss. Dies hängt jedoch auch von der Vertragsgestaltung ab. Je nach dem, wie hoch der Gewinn ist, könnte eine Rechtsberatung zu überlegen sein. Eine genaue und abschließende Aussage kann ich nur nach Prüfung aller Umstände Ihres Falles abgeben.
Mit freundlichen Grüßen
A. Kraus
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Insolvenzrecht
hallo..alles schön und gut mit den 3 jahren..man sollte aber hierbei nicht vergessen,das die negativen einträge in der schufa immer noch 3 jahre stehen..das heisst einen neuanfang gibt es trozdem erst nach 6 jahren..was meiner meinung nach ein absolutes unding ist.die schufa sollte auch verkürtzt werden.gerade jetzt in der corona zeit.mit freundlichen grüssen ..thomas
Sehr geehrter Fragesteller,
auch wir bedauern, dass bei der Reform dieser Punkt nicht anders geregelt wurde. Allerdings entspannt sich nach einer Restschuldbefreiung die Lage für einen Schuldner im Vergleich zur ursprünglichen Schuldenlage in jedem Falle.
Mit freundlichen Grüßen
A. Kraus
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Insolvenzrecht
Ich habe bereits mehrere Vermögensaufstellungen abgegeben.
Ich bin 61 Jahre alt und zurzeit erwerbsunfähig.
Ich habe immer ein Insolvenzverfahren gescheut, weil jeder Zuverdienst meldepflichtig ist.
Gibt es hier neue Grenzen
Sehr geehrter Herr R.,
im Insolvenzverfahren gelten weiterhin die Mitwirkungspflichten, wonach sämtliche Einkünfte offenzulegen sind. Andererseits kann bereits nach 3 Jahren Schuldenfreiheit erreicht werden.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. V. Ghendler
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Insolvenzrecht
Hallo. Ich befinde mich seit dem Okt 2018 in der Privatinsolvenz und seit einem Jahr nur noch in der Wohlverhaltensperiode. Meine frage ist jetzt, die neue reform der wohlverhaltensphase gilt die auch für mich, der 6 jahre durchmachen muss, oder gilt das mit den hälfte der schenkung und lotterie abgabe nur für diejenigen die ab dem 1.10.20 insolvenz gehen?
Sehr geehrter Fragesteller,
für Sie gilt zwar noch die “alte” Dauer von grundsätzlich sechs Jahren, dafür gilt für Sie auch, dass Sie Schenkungen und Gewinne in der Wohlverhaltensphase behalten dürfen.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. V. Ghendler
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Insolvenzrecht
Schönen guten Tag,
ich habe nun innerhalb von 2-3 Jahren Schulden von ca 50.000 € angehäuft, und würde gerne 3 Jahre Insolvenz beantragen, da ich sonst 6 Jahre evtl. kaum leben könnte. Können Sie mir sagen, inwiefern ich durch die Insolvenz eingeschränkt bin, z.B. lebenslanger negative Schufa usw. ???
Gruß
Patrick B.
Sehr geehrter Herr B.,
ein Schufa-Eintrag wegen erteilter Restschuldbefreiung wird drei Jahre nach Erteilung gelöscht. Eine lebenslange Einschränkung gibt es nicht, vielmehr bietet das Privatinsolvenzverfahren nach 3 Jahren einen finanziellen Neustart. Wenn Sie von uns hierbei begleitet werden wollen, können Sie uns gern per Telefon (0221 6777 00 55) kontaktieren oder eine E-Mail an info@anwalt-kg.de mit Ihrem Anliegen schreiben oder unser online-Formular nutzen.
Mit freundlichen Grüßen
A. Kraus
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Insolvenzrecht