Leistungsverweigerungsrecht

Was ist ein Leistungsverweigerungsrecht?

Ein Leistungsverweigerungsrecht berechtigt eine Partei, eine geschuldete Leistung zurückzuhalten. Ein solches Recht kann sich aus Vertrag oder aus dem Gesetz ergeben. Die Rechtsordnung erkennt an, dass ein Leistungsverweigerungsrecht aus dazu dient, den Schuldner anzuspornen, den Vertrag zu erfüllen.

Außerdem soll das Leistungsverweigerungsrecht jenen schützen, der auf Fakten gestützt, vermutet, dass sich die andere Seite in Erfüllungsschwierigkeiten befindet (weil etwa Zahlungsschwierigkeiten bekannt werden).

Der folgende Beitrag zeigt Ihnen, welche Leistungsverweigerungsrechte das Gesetz kennt und skizziert exemplarisch deren Voraussetzungen.

Andre Kraus ist Fachanwalt für Insolvenzrecht und Gründer der KRAUS GHENDLER RUVINSKIJ Anwaltskanzlei. Seit 2012 ist er auf die Entschuldung und Beratung von Personen mit finanziellen Schwierigkeiten spezialisiert.

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Verjährung, § 214 

Bezüglich des aus der Verjährung folgenden Leistungsverweigerungsrechts verweisen wir an dieser Stelle auf unseren eigens erstellten Beitrag zur Verjährung.

Treu und Glauben, § 242 BGB 

Aus dem in § 242 BGB statuierten, die gesamte Rechtsordnung durchziehenden Grundsatz von Treu und Glauben ergeben mehrere Konstellation, in denen einer Partei ein Leistungsverweigerungsrecht von der Rechtsprechung zugestanden wird:

  1. So folgt aus dem Gebot sich treugemäß zu verhalten, das Verbot vom rechtsmissbräuchlichen Verhalten. Stellt sich eine eingeforderte Leistung eines Gläubigers als rechtsmissbräuchlich dar, kann der Schuldner die Leistung unter Verweis auf den Grundsatz von Treu und Glauben verweigern. Dies ist etwa anzunehmen, wenn der Gläubiger keines Rechtsschutzes bedarf, aber seine formale Position ausnutzt, bloß um den Schuldner zu schikanieren, ohne hierbei einen Nutzen davon zu tragen.

Beispiel 1: Schuldner verweigert die Abgabe der Vermögensauskunft, weil der Gläubiger eine Zinsforderung in Höhe von 2.10 DM durchsetzen möchte.

Beispiel 2: Hat der Schuldner den Untergang eines wertlosen Gegenstandes zu verantworten, kann er u.U. die Wiederbeschaffung derer verweigern, wenn einen gleichartigen Gegenstand stattdessen anbietet.

  1. Ebenfalls aus Treu und Glauben folgt ein Leistungsverweigerungsrecht für jenen, der eine Sache jetzt an den ‚noch-Eigentümer‘ herausgeben müsste, aber von diesem im nächsten Augenblick dieselbe Sache wieder herausverlangen kann (sog. dolo-agit- oder dolo-petit-Einrede).

Beispiel: A besitzt das Leasing-Fahrzeug des B. Es ist jedoch vereinbart, dass A mit der letzten Rate Eigentümer des Fahrzeugs wird. Nach Ende der Leasingzeit weist A die Überweisung der letzten Rate nach, dessen Gutschreibung wegen technischer Fehler verzögert. Verlangt B jetzt dennoch unter Angabe seiner formalen Eigentümerposition die Herausgabe des Fahrzeugs, könnte A dies mit dem Hinweis auf die dolo-agit-Einrede verweigern.

Zurückbehaltungsrecht, § 273 BGB

Bild von einem Würfel mit "Nein"

Aus § 273 BGB folgt ein Leistungsverweigerungsrecht für eine Partei, wenn die andere Seite ihrer Leistungspflicht noch nicht nachgekommen ist. Bei einem Austauschvertrag, wie es etwa der Kaufvertrag ist, gilt, dass die Leistungen Zug-um-Zug auszutauschen sind. Das Zurückbehaltungsrecht ergibt sich aber auch für geschuldete Leistungen aus demselben rechtlichen Verhältnis (z.B. mehrere Ansprüche nach Scheidung oder aus einem laufenden Geschäftsverhältnis).

Einrede des unerfüllten Vertrags, § 320 BGB

Haben sich Parteien auf gegenseitigen Vertrag (z.B. Kauf-, Werk oder Dienstvertrag) geeinigt, kann sich aber oft durch ausdrückliche oder stillschweigende Vereinbarung oder aber aus der Verkehrsanschauung ergeben, dass eine Seite vorleistungspflichtig ist. Dann ergibt für die Seite, die auf die Vorleistung wartet solange ein Leistungsverweigerungsrecht, bis die vorleistungspflichtige Seite geleistet hat.

Grobes Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung und Unzumutbarkeit der Leistungserbringung, § 275 Abs. 2 und 3

Eine Seite kann die Leistung auch dann verweigern, wenn Ihre Erbringung in einem krassen Missverhältnis zu dem steht, was der Schuldner unternehmen müsste, um die Leistung noch zu erbringen zu können.

Beispiel 1: A und B einigen sich bei einem Seegang auf den Verkauf der von A getragenen und von B begehrten Solex Uhr. B übergibt A sofort in bar den Kaufpreis. Als A dem B die Uhr überreichen will, erwischt das Boot eine Welle und die Uhr versinkt im Kilometer tiefen Wasser.

Ebenfalls räumt das Gesetz dem Schuldner ein Leistungsverweigerungsrecht ein, wenn diesem unter Abwägung aller Umstände nicht zugemutet werden kann, die geschuldete Leistung zu erbringen.

Beispiel 2: Der beim Stadttheater angestellte A muss seinen Einsatz bei der Premierenvorstellung absagen, da sein Sohn fiebrig kränkelt.

Zurückbehaltungsrecht des Besitzers, § 1000

Auch der Besitzer einer Sache kann gegenüber Eigentümer, der die Rückgabe der Sache verlangt, die Herausgabe verweigern. Dies setzt z.B. voraus, dass der Besitzer Aufwendungen zum Erhalt der Sache getätigt hat und zur Rückgabe an den Eigentümer nur dann bereit ist, wenn dieser Ersatz der Verwendungen leistet.

Kaufmännisches Zurückbehaltungsrecht, § 369 HGB

Stehen sich Kaufleute gegenüber und schuldet eine Seite aus einem Handelsgeschäft eine Leistung, kann der auf Leistung wartende Kaufmann jene Sachen des Schuldners zurückbehalten, die dieser ihm hat zukommen lassen.

Geht es darum, dass ein Kaufmann eigene zur Übergabe geschuldete Waren zurückbehalten will, bis der andere Kaufmann seine Leistungen erfüllt hat, so kommt nicht § 369 HGB, sondern vielmehr § 320 BGB oder § 273 BGB zur Anwendung.

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