Neuerwerb im Insolvenzverfahren – Wichtige Fälle! 

Was ist ein Neuerwerb?

Einnahmen, Schenkungen, Gewinne oder Erbschaften werden im eröffneten Insolvenzverfahren als Neuerwerb bezeichnet. Diese können von Ihnen u. U. behalten werden, wenn Sie Folgendes zunächst beachten: Normalerweise zählt der Neuerwerb zur Insolvenzmasse. Demzufolge werden Zuwendungen, Ansparungen oder Einnahmen vom Insolvenzbeschlag erfasst. Ausnahmen hiervon sind allerdings: Gegenstände, die nicht der Pfändung unterliegen, freigegebene Gegenstände (= Sachen, die Nachteile zu Lasten der Masse nach sich zögen) und der Neuerwerb während der Wohlverhaltensperiode. Weil das Insolvenzverfahren mit dem Schlusstermin alsbald aufgehoben wird (§ 200 InsO), können Sie in der Wohlverhaltensperiode etwas ansparen oder Zuwendungen erhalten. Allerdings gelten hierbei seit der Insolvenzrechtsreform von 2020 Einschränkungen, die Ihnen im Artikel Die neue Herausgabeobliegenheit erklärt werden.

Der folgende Artikel erklärt Ihnen, ob Vermögen aus Gespartem, einem Erlös, einer Rückzahlung oder ob Zuvielgeleistetes an die Insolvenzmasse Ihnen oder der Insolvenzmasse zustehen.

Andre Kraus ist Fachanwalt für Insolvenzrecht und Gründer der KRAUS GHENDLER RUVINSKIJ Anwaltskanzlei. Seit 2012 ist er auf die Entschuldung und Beratung von Personen mit finanziellen Schwierigkeiten spezialisiert.

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Gespartes aus unpfändbarem Einkommensteil 

Während des Insolvenzverfahrens steht jedem Schuldner ein monatlicher Betrag zum Bestreiten seines Lebensunterhalts zu. Dieser bestimmt sich nach § 850c ZPO (i.V.m. § 36 InsO). Um Ihnen die Bestimmung des monatlich unpfändbaren Einkommensteils zu erleichtern, haben wir Ihnen eine Pfändungstabelle erstellt, aus der Sie Ihren monatlichen Selbstbehalt grundsätzlich ablesen können.

Es ist jedoch ein Trugschluss, wenn Sie das Gesparte aus dem unpfändbaren Einkommensteil auch für unpfändbar hielten. Denn das Angesparte wird von der Insolvenzordnung als Neuerwerb angesehen und dieser unterliegt dem Insolvenzbeschlag. Das bedeutet für Sie, Vermögen aus Ihrem Selbstbehalt darf nicht angespart werden, weil es dann zur Insolvenzmasse gezogen wird. Diese Folge ergibt sich aus dem eindeutigen Wortlaut von § 35 Abs. 1 InsO. 

Gewinn oder Erlös aus Verkauf von Gegenständen 

Wie Sie vielleicht bereits wissen, gibt es Sachen und Gegenstände, die nicht der Pfändung unterliegen. Das gilt im Grundsatz sowohl für die Einzelvollstreckung, als auch für das Insolvenzverfahren. Die grundsätzlich unpfändbaren Gegenstände sind insbesondere in § 811 ZPO aufgeführt. Wir haben zur Erläuterung und Illustration aber zudem einen Artikel für Sie bereitgestellt, der weitere Informationen zu unpfändbaren Gegenständen enthält: Unpfändbare Sachen – Das sind nicht pfändbare Sachen!.

Auch freigegebene Gegenstände, also solche, die zunächst eigentlich zur Insolvenzmasse gehören, werden nachträglich wieder unpfändbar, wenn der Insolvenzverwalter aus wirtschaftlichen Gründen auf sie verzichtet. Dann fallen sie endgültig wieder dem Schuldner zu.

Nun könnte man meinen, dass der Erlös oder Gewinn, der aus dem Verkauf von unpfändbaren oder freigegebenen Sachen auch vom Schuldner behalten werden darf. Denn die dahinter stehende Überlegung beruft sich auf einen Fortsetzungsgedanken: „Hätte ich den Gegenstand nicht verkauft, dürften die Gläubiger nicht darauf zugreifen; also müsste der aus den Gegenständen resultierende Erlös ebenso dem Zugriff der Gläubiger entzogen sein.“ Aber auch hier greift während des Insolvenzverfahrens der oben genannte Gedanke vom Neuerwerb. Dies hat der BGH auch schon endgültig so zugunsten der Insolvenzmasse entschieden. Für Sie als Insolvenzschuldner gilt daher, dass Sie sich gut überlegen müssen, ob es sinnvoll ist, einen Gegenstand während des Insolvenzverfahrens zu veräußern. 

Rückzahlungen aus unpfändbaren Einkommen 

Wir wurden auch schon mehrfach gefragt, wie der Fall zu beurteilen sei, wenn nach einem Kauf über das Internet eine Rückzahlung vom Händler veranlasst wird, weil Sie von Ihrem Rückgaberecht Gebrauch machen. In aller Regel werden Sie den Kaufpreis aus dem unpfändbaren Vermögen bezahlt haben. Erfolgt nun die Rückzahlung, kann die Bank nicht erkennen, woraus die Rückzahlung folgte und aufgrund des Insolvenzbeschlags wird diese Rückzahlung als Einkommen gewertet und womöglich an die Insolvenzmasse abgeführt. Hiergegen können Sie sich mit einem Pfändungsschutzantrag wenden, wobei der Erfolg des Antrags vom Einzelfall abhängig sein dürfte. 

Weiterpfändung des Lohns nach Restschuldbefreiung 

Im Insolvenzverfahren kann es auch vorkommen, dass der Lohn weiter vom Treuhänder gepfändet wird, obwohl die Restschuldbefreiung bereits erteilt wurde. In diesem Fall stellt sich die Frage, ob das nach der Restschuldbefreiung auf das Konto des Treuhänders eingegangene Einkommen vom Schuldner zurückverlangt werden kann. Auch hier handelt es sich um einen Neuerwerb. Dieser fällt aber zugunsten des Insolvenzschuldners nicht der Insolvenzmasse, sondern dem Vermögen des Insolvenzschuldners zu. So entschied jedenfalls das AG Bochum mit Urteil vom 16.10.2020 – Aktenzeichen: 75 C 72/20. Dies gelte auch dann, wenn die Abtretungserklärung z.B. für drei Jahre erklärt wurde, aber die Restschuldbefreiung vorzeitig erteilt wird.

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