Gibt es eine Pflicht zur Abgabe einer Vermögensauskunft?
Möchte der Gläubiger die Zwangsvollstreckung betreiben, muss er wissen, wie es um die Vermögensverhältnisse seines Schuldners bestellt ist. Denn regelmäßig verfügt er nicht über ausreichende Informationen, so dass es ihm schwer fällt, einzuschätzen, ob der Schuldner über pfändbares Vermögen verfügt und sich die Pfändung damit lohnt.
Damit die Pfändung nicht ins Leere geht, kann der Gläubiger den Gerichtsvollzieher zuvor damit beauftragen, den Schuldner zur Abgabe einer Vermögensauskunft aufzufordern. Diese Auskunft (auch Offenbarungseid genannt) ist vom Schuldner gegenüber dem Gerichtsvollzieher abzugeben und dient dazu, dem Gläubiger Kenntnis der dem Schuldner gehörenden Vermögensgegenstände zu verschaffen, um in diese erfolgreich vollstrecken zu können. Für einen zulässigen Antrag benötigt der Gläubiger natürlich einen entsprechenden Titel. z.B. in Form eines Vollstreckungsbescheides oder rechtskräftigen Urteils.
Schuldner müssen dieser Aufforderung vollumfänglich nachkommen, d.h. sie müssen alle ihnen gehörenden Vermögensgegenstände angeben sowie die in § 802c Abs. 2 ZPO genannten Angaben machen. Auf Grundlage der Auskunft erstellt der Gerichtsvollzieher nach 802f Abs. 5 S. 1 ZPO das sog. Vermögensverzeichnis. Der Schuldner wiederum hat sodann zu Protokoll an Eides statt zu versichern, dass die gemachten Angaben nach bestem Wissen und Gewissen richtig und vollständig sind (§ 802f Abs. 5 S. 2, § 802c Abs. 3 ZPO).
Der Gerichtsvollzieher wird dieses Vermögensverzeichnis nun beim Vollstreckungsgericht hinterlegen und dem Gläubiger einen Abdruck zukommen lassen (§ 802f Abs. 6 ZPO).
Nach Ablauf von zwei Jahren seit Abgabe der Auskunft wird das Vermögensverzeichnis dann wieder gelöscht (§ 802k Abs. 1 S. 4 ZPO). Dies geschieht automatisch, muss also nicht vom Schuldner beantragt werden.
Ich bin mit einer Genossenschaft (CEHATROL Technology eG in Berlin) in Kontakt, die auch Förderungen für Startups zur Verfügung stellen. Deren Bonitätsindex liegt bei 5,0 im roten Bereich mit hohem Risiko. Sie haben am 21.02.2019 die Aufforderung für die Vermögensauskunft abgelehnt, aus welchen Gründen auch immer. Ist die Firma nach dieser Verweigerung überhaupt noch berechtigt, Förderprogramme durchzuführen, geschweige denn geschäftlich zu agieren?
Mit freundlichen Grüßen
Lukas Rathay
Sehr geehrter Fragesteller,
nach kurzem Blick auf die Webseite des genannten Unternehmens kommen auch bei mir zumindest Zweifel an der Seriosität des Unternehmens.
Die Verweigerung der Vermögensauskunft kann mehrere Gründe haben.
Es könnte beispielsweise passieren, dass der Vorstand kurz vor dem Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft ausgewechselt wurde, so dass man ihm nicht habhaft werden konnte, oder einfach aufgrund unentschuldigten Fernbleibens.
Grundsätzlich darf die Genossenschaft weiterhin geschäftlich agieren, solange sie sich nicht im Insolvenzverfahren befindet. Beachten Sie, dass eine eventuelle Auszahlung an Sie unter Umständen anfechtbar sein kann.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. V. Ghendler
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Insolvenzrecht