Ist die Rürup-Rente pfändbar?
1. Irrglaube, dass alle Rürup-Renten unpfändbar seien
Ein weit verbreiteter Irrtum ist, dass alle Rürup-Renten unpfändbar seien, wenn vertraglich z.B. ein Abtretungs- oder Verpfändungsverbot vereinbart worden sei. Denn durch vertragliche Regelungen sind die gesetzlichen Vorgaben, die einen Pfändungsschutz im Fall der Einzelvollstreckung oder Pfändung im Rahmen einer Insolvenz vorsehen und ermöglichen, nicht verdrängbar. Vielmehr muss der Rürup-Vertrag allen gesetzlichen Vorgaben entsprechen, um einen Pfändungsschutz – wie unten dargelegt wird – zu entfalten.
2. Wann ist die Rürup-Rente nicht pfändbar?
Grundsätzlich ist zu unterscheiden, ob durch Pfändung auf die monatliche Rentenauszahlung oder auf das angesparte Kapitalvermögen zugegriffen werden soll.
a) Pfändungsschutz für laufende Rentenleistungen
Die laufende monatliche Rentenauszahlung wird je nach Einzelfall durch die einzelnen §§ 850 Abs. 3 lit. b) ZPO (für abhängig beschäftigt Arbeitnehmer), 851c oder 851d (für Selbständige und nicht Berufstätige) ganz oder teilweise vor der Pfändung geschützt. Der Pfändungsschutz ist aber nicht allumfassend, sondern begrenzt nach den Pfändungsregeln über das Arbeitseinkommen. D.h., die laufende Rentenleistung wird wie Arbeitseinkommen behandelt und nach den entsprechend anzuwendenden Pfändungsschutzvorschriften geschützt. Welcher Betrag grundsätzlich pfändbar ist, erfahren Sie in unserem Beitrag Aktuelle Pfändungstabelle – Pfändungsfreigrenze für Arbeitseinkommen.
Bitte beachten Sie: Beziehen Sie aus mehreren Verträgen Rentenleistungen oder erzielen Sie zudem Arbeitseinkommen, so haben Ihre Gläubiger die Möglichkeit, beim Vollstreckungsgericht eine Zusammenrechnung aller Leistungen zu beantragen (§ 850e Nr. 2, 2a ZPO). Dies erfolgt im Falle der Insolvenz durch das Insolvenzgericht. Das bedeutet, dass die einzelne Versorgungsleistung für sich betrachtet innerhalb der Pfändungsfreigrenze liegen kann und somit nicht pfändbar wäre. Durch Zusammenrechnung der Versorgungsleistung und des ggf. erzielten Arbeitseinkommen wird der Pfändungsfreibetrag überschritten und insoweit auch gepfändet.
b) Pfändungsschutz des eingezahlten Vorsorgekapitals
Die in den Rürup-Vertrag eingezahlten Beiträge bilden das Vorsorgekapital – auch Kapitalstock genannt –, welches später in monatlichen Rentenleistungen ausgezahlt wird. Dieses unterliegt einem begrenzten Pfändungsschutz, wenn es unübertragbar (§ 851 Abs. 1 ZPO) und unaufkündbar (§ 168 Abs. 3 Satz 1 VVG) ist. Damit ist gemeint, dass die Pfändung soweit sie den jeweiligen Altersvorsorge-Freibetrag unterschreitet (§ 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB II), unpfändbar ist.
Der Altersvorsorge-Freibetrag liegt grundsätzlich gemäß § 12 Abs. 2 Satz 2 SGB II bei Personen
- die vor dem 1. Januar 1958 geboren sind, bei 48 750 Euro;
- die nach dem 31. Dezember 1957 und vor dem 1. Januar 1964 geboren sind, bei 49.500 Euro;
- die nach dem 31. Dezember 1963 geboren sind, bei 50.250 Euro.
Bitte beachten Sie: Auch bezogen auf das bereits eingezahlte Vorsorgekapital kann eine Zusammenrechnung mit anderem aus Rentenanwartschaften herrührendem Vermögen stattfinden. Hieraus kann sich dann ein Gesamtbetrag ergeben, der doch der Pfändung unterworfen sein kann.
3. Wann ist die Rürup-Rente pfändbar?
Die Rürup-Rente ist insoweit pfändbar, als das eine Einmalkapitalauszahlung erfolgt. Seit 2015 kann eine solche vereinbart werden. Damit ist z.B. die Abfindung einer Kleinbetragsrente (§ 10 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3, 4 EStG) der Pfändung unterworfen, da es sich insoweit um keine monatliche Leistung handelt. Der Pfändungsschutz nach § 851d ZPO betrifft nur monatliche, aber keine einmaligen Leistungen.
Dagegen unpfändbar ist die Einmalzahlung eines Gesamtbetrags, der sich aus der Zusammenfassung von maximal 12 Monatsrenten zusammensetzt.
4. Meine Rürup-Rente reicht nicht aus – Was tun?
Da die Rürup-Rente insoweit der Pfändung unterliegt, wie es für das Arbeitseinkommen gelten würde, haben Sie über § 850f ZPO die Möglichkeit, beim zuständigen Gericht eine Erhöhung des Pfändungsfreibetrags zu erwirken, wenn dies notwendig ist und die Belange der Gläubiger nicht entgegenstehen.
Sehr geehrter Herr Kraus,
ein nicht Berufstätiger (Hausmann) spart durch Zahlungen des Ehepartners eine Rürup Rente an, für die es kein Wahlrecht zur Einmalzahlung gibt. Nun erwirkt ein Gläubiger eine Pfändung gegen ihn. Ist der angesparte Betrag im Rürup Produkt (Aktienfonds) vor der Pfändung sicher? Wenn nicht, lässt sich das im Vorfeld durch bestimnte Spezifikationen im Vertrag zur Rürup Rente verhindern? Was passiert mit der Ansparsumme, wenn der Schuldner in Peivatinsolvenz geht? Vielen Dank für Ihre Antwort. Mit freundlichen Grüßen R. Lang
Sehr geehrter Herr L.,
vereinfacht gesagt gilt, dass die Auszahlung der Rürup-Rente wie Arbeitseinkommen behandelt wird und pfändbar ist. In der Ansparphase ist die Rürup-Rente unpfändbar, wenn sie unübertragbar und unaufkündbar und unter dem Altersvorsorge-Freibetrag (vgl. § 12 SGB II) liegt. Das Gesagte trifft in der Regel auch für den in der Insolvenz befindlichen Schuldner zu.
Mit freundlichen Grüßen
A. Kraus
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Insolvenzrecht