Erhöhung des pfändungsfreien Einkommens bei Unterhaltspflichten
Eine Erhöhung des pfändungsfreien Grundfreibetrags des Schuldners erfolgt, wenn der Schuldner aufgrund einer gesetzlichen Verpflichtung Unterhalt gewährt. Zu den Unterhaltsberechtigten zählen Ehegatten, frühere Ehegatten, Lebenspartner, frühere Lebenspartner oder Verwandte in gerader Linie, wie Kinder, Eltern, Großeltern etc., vgl. § 850c Abs. 1 ZPO.
Neue Entscheidung zum Unterhalt
Das Amtsgericht Reutlingen hat im Jahr 2014 eine schuldnerfreundliche Entscheidung erlassen (Beschluss vom 18.02.2014, Az.: 21 M 4204/13). Diese bestätigt: Ein gesetzlicher Unterhaltsberechtigter mit eigenen Einkünften kann bei der Berechnung des unpfändbaren Freibetrags als Unterhaltspflicht berücksichtigt werden, wenn eine Einbeziehung seines Einkommens unbillig wäre.
Zu entscheiden hatte das Gericht den folgenden Fall:
Die Klägerin, eine Bank, hatte die Altersrente und die Betriebsrente des Schuldners gepfändet. Neben dem Antrag auf Pfändung hatte sie auch beantragt, die Ehefrau des Schuldners bei der Berechnung des unpfändbaren Betrags nicht zu berücksichtigen, da diese über eigenes Einkommen in Höhe von 678,91 € verfügte. Hiergegen setzte sich der beklagte Schuldner zur Wehr, da die Ehefrau des Schuldners mit ihren Einkünften nicht ihren notwendigen Unterhalt bestreiten konnte. Der Schuldner und seine Ehefrau hatten aufgrund chronischer Erkrankungen regelmäßig hohe Heilbehandlungskosten aufzuwenden.
Fraglich war, ob und wann eine Berücksichtigung der Einkünfte des nicht schuldenden Ehepartners beim Pfändungsfreibetrag des Schuldners stattfindet.
Grundsätzlich gilt hierbei:
Bezieht ein Ehepartner selbst eigene Einkünfte, so richtet sich die Berücksichtigung dieses Ehepartners nach den wirtschaftlichen Verhältnissen der Ehepartner. Liegen die Einkünfte des nicht schuldenden Ehepartners weit hinter denen des Schuldners, wird dieser als Unterhaltsberechtigter behandelt. Dadurch erhöht sich der pfändungsfreie Betrag des Schuldners. Dies ist dann der Fall, wenn diese Einkünfte die Lebensgrundlage der ehelichen Lebensgemeinschaft lediglich erweitern, aber nicht der Vermögensbildung dienen.
Keine gesetzlichen Grenzen beim Einkommen des Ehepartners
Amtsgericht Reutlingen: Ob und in welcher Höhe eigenes Einkommen des Ehepartners die Berücksichtigung ausschließt, habe das Gesetz bewusst nicht geregelt.
Abgestellt wird auf den konkreten Einzelfall
Entscheidend sei eine im konkreten Einzelfall vorzunehmende Abwägung der wirtschaftlichen Lage des Gläubigers gegen die des Schuldners und seiner unterhaltsberechtigten Angehörigen. Die Einkünfte eines gesetzlich unterhaltsberechtigten Ehepartners könnten bei der Berechnung des Freibetrags ganz oder teilweise unberücksichtigt bleiben. Nach einer vom Gericht vorzunehmenden Ermessensentscheidung, wie sie § 850c Abs. 4 ZPO in diesen Fällen vorsieht, war im vorliegenden Fall keine Minderung des Pfändungsfreibetrags vorzunehmen. Das Amtsgericht Reutlingen führte aus: „Die Bestimmung des § 850 c Abs. 4 ZPO hat unter Einbeziehung aller wesentlichen Umstände des Einzelfalles und nicht nur nach festen Berechnungsgrößen zu erfolgen (Musielak, ZPO 10. Auflage 2013, Rn. 12 zu § 850 ZPO).“
Berücksichtigung der Unterhaltsverpflichtung gegenüber der Ehefrau
Das Vollstreckungsgericht ist nach Abwägung der Umstände zu dem Schluss gekommen, dass es im vorliegenden Fall unbillig wäre, wenn man die Ehefrau des Schuldners bei der Berechnung des unpfändbaren Teils des Einkommens des Schuldners ganz oder teilweise unberücksichtigt lassen würde.
Für Sie bedeutet das: Erzielt Ihr Ehepartner selbst Einkünfte, mindern diese Einkünfte nicht unbedingt Ihren Pfändungsfreibetrag. Dies ist im konkreten Einzelfall zu beurteilen. Gerne beraten wir Sie hierzu und zu allen Fragen rund um die Privatinsolvenz im Rahmen eines kostenfreien Telefontermins. Rufen Sie uns an!
Mein Mann und ich sind seit Mai 2020 verheiratet.
Er ist seit Januar 2019 in der Privatinsolvenz, also schon vor unserer Ehe.
Seine Onsolvenzberaterin verlangt immer Steuererklärungen rückwirkend seit 2017.
Ivh hatte vor unserer Ehe selbst meine eigenen Steuererklärungen genacht.
Wir haben 2 Töchter, geboren 1/2018 und 4/2019.
Die Steuererklärung 2020 hat die Insolvenzberaterin als Eheleute mit Gemeinsamveranlagung gemacht, weil sie dadurch Geldeinfluss von zu viel bezahlten Steuern bekam und ich noch nicht arbeiten war.
Nun ist es so, dass ich seit 5.4.2021 wieder arbeite und Anfang nächstes Jahr meine eigene Steuererklärung als Einzelveranlagung machen will.
Ich habe beim Finanzamt nachgefragt und diese sagten mir, dass ich das nicht entscheiden dürfe, da es die Onsolvenzberaterin meines Mannes zu entscheiden hätte, weil es für die Gläubiger natürlich mehr Gekd gibt, wenn wir genrinsam veranlagt sind.
Darf sie das so über meinen Kopf hinweg entscheiden?
Ich habe ja mit der Insolvenz nichts zu tun, das diese vor unserer Heirat schon vorhanden war und der Schuldenberater uns sagte, dass wir ruhig heiraten dürften.
Freundliche Grüße
Sehr geehrte Fragestellerin,
meines Erachtens ist die Aussage des Finanzamtes nicht korrekt. Der Insolvenzverwalter hat grundsätzlich keinen Anspruch darauf, vom Ehegatten die Zustimmung zur Zusammenveranlagung zu erhalten. So entschied es auch das OLG Schleswig (Az. 10 UF 63/13).
Ob das Urteil auch auf Ihren Fall anwendbar ist, kann in diesem Rahmen leider nicht detailliert besprochen werden.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. V. Ghendler
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Insolvenzrecht
Hallo,
ich wollte anfragen ob und wieviel bei meinen Mann gepfändet werden darf. Sein netto ca1340.. Ich als Ehefrau hab einmal 680 und einmal 450 EU..
Das Finanzamt hat jetzt eine Lohnpfändung durchgedrückt.
Zähle ich trotz Einkommen als Unterhaltsberechtigt, so dass sein Netto steigt oder muss der Arbeitgeber zahlen…?
Mit freundlichen Grüßen
M. H.
Sehr geehrte Frau H.,
vielen Dank für Ihre Frage. Grundsätzlich können Verheiratete immer eine P-Konto-Bescheinigung vorlegen, bei der eine Unterhaltspflicht angegeben ist. Dies muss die Bank akzeptieren. Dann wäre gar nichts pfändbar.
Es ist dann Sache des Gläubigers, beim Gericht zu beantragen, dass die Unterhaltspflicht aufgrund eigenen Einkommens des Unterhaltsberechtigten nicht anerkannt wird. Bei einem Einkommen von über 1.000 Euro könnte es durchaus sein, dass das Gericht dem stattgibt.
Dann wären ca. 61,15 Euro monatlich pfändbar, laut aktueller Pfändungstabelle.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. V. Ghendler
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Insolvenzrecht
Sehr geehrte Damen und Herren, ich bin in der Privatinsolvenz, und Verheiratet. Habe schon vor längerer Zeit mein Pfändungsfreibetrag auf 1622€ erhöt.
Meine Frau bekommt 945€ Erwerbsminderungsrente. Ich verdiene ca 1300€ Netto.
Jetzt hat mein Insolvenzverwalter einen Antrag bei Gericht gestellt, das meine Frau als null bewertet wird, und nur eine Lohnabrechnubg zu Grunde legt mit 1490€ Netto, wo Feiertage und Überstunden drauf sind . Jetzt wollen sie mir 179€ abziehen.
Geht das ?
Mit freundlichen Grüßen
H.
Sehr geehrter Herr H.,
rechtlich ist dies möglich. Die Entscheidung steht im Ermessen des Gerichts, welches Ihre persönlichen Belange und die der Gläubiger miteinander abwägt.
Mit freundlichen Grüßen
A. Kraus
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Insolvenzrecht
Hallo, gegen mich gibt es unterhalsforderung. Ich verdiene 1000€ meine Ehefrau ca. 3000€ darf man mir meinen ganzen Lohn pfänden?
Und ich muss dann von meiner Frau Unterhalt verlangen?
Mfg
Sehr geehrter Herr R.,
grundsätzlich gilt auch für Sie der Pfändungsfreibetrag, der sich zudem erhöht, soweit Sie unterhaltspflichtig sind, was auch grundsätzlich in Bezug auf Ihre Ehefrau gilt. Es ist aber so, dass bei Unterhaltsschulden der Pfändungsfreibetrag geringer ausfallen kann. Damit ist es denkbar, dass bei Ihnen bis zur Grenze von Sozialhilfeniveau gepfändet werden kann.
Mit freundlichen Grüßen
A. Kraus
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Insolvenzrecht
Guten Abend. Ich habe eine lohnpfändung. Ich verfiene netto 1500€ aber mein Mann ist zur zeit arbeitslos und der antrag auf algII ist noch nicht durch. Ist es rechtmässig das mir 246€ gepfändet werden?
Sehr geehrte Frau B.,
es scheint mir, als werde Ihr Ehemann nicht berücksichtigt. Nach der Pfändungstabelle wird bei einem Nettolohn von 1500 Euro und einer unterhaltsberechtigten Person grundsätzlich nichts gepfändet. Sie sollten Ihrem Arbeitgeber dies mitteilen, sodass eine Neuberechnung des pfändbaren Einkommensteil vornehmen kann. Bei einer unterhaltsberechtigten Person beginnt die Person grundsätzlich erst ab einem Nettoverdient in Höhe von 1630,00 Euro.
Mit freundlichen Grüßen
A. Kraus
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Insolvenzrecht
Meinem Mann werden 218,92 gepfändet wegen Finanzamt Nachzahlungen. Ich bin arbeitslos jetzt erhalte alg 1. Wir haben 1 Kind. Zählt das alg 1 jetzt mit bei Unterhaltsberechtigte Personen?
Sehr geehrte Fragestellerin,
ja, ALG 1 zählt bei der unterhaltsberechtigten Person zum Einkommen hinzu. Es käme also insbesondere auf die Höhe der Zahlung an.
Grundsätzlich leisten sich Eheleute gegenseitig Naturalunterhalt, somit kommt eine Unterhaltspflicht häufig dennoch in Betracht.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. V. Ghendler
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Insolvenzrecht
Hallo, wegen meiner Insolvenz werden mir gemäss der Pfändungstabelle von meinen Renten – gesetzlich und Firmenrente – in Höhe von € 2134 unter Berücksichtigung meiner unterhaltsberechtigten Ehefrau ( ohne Einkommen ) €253,92 abgezogen. Nun tritt zum 1.1.2020 eine Änderung durch Eintritt Ihres Rentenalters ein und ihr Rentenbescheid weist eine Rente und somit Einkommen in Höhe von € 481 netto aus. Frage : wie wirkt sich das auf die Pfändung aus? Was bleibt uns von der neuen Rente meiner Frau ? Wohnort in NRW.
Sehr geehrter Herr O.,
ich würde nicht davon ausgehen, dass das eigene Einkommen Ihrer Frau in der genannten Höhe dazu führt, dass sie nun nicht mehr als Unterhaltspflicht berücksichtigt wird. Meiner Meinung nach dürfte sich daher für Sie nichts ändern.
Allerdings handelt es sich um eine Entscheidung, die das Insolvenzgericht nach eigenem Ermessen trifft und daher schwer vorherzusagen ist.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. V. Ghendler
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Insolvenzrecht
Hallo
Ich habe 2 Fragen. Wenn mein Partner(56) und ich (42) mein Partner beide P- Konto Netto Verdienst 1100,- und ich ca.900,-heiraten würden,erhöht sich die Pfändungsgrenze oder bleibt diese gleich?
-Entfällt dann auch der Unterhalt für meine Mädels 14 und 7 Jahre, vom leiblichen Vater?
Vielen lieben Dank für ihre Hilfe
Glg
Sehr geehrte Fragestellerin,
bei dem von Ihnen genannten Einkommen liegen Sie ja auch ohne Freibeträge noch unterhalb der Pfändungsfreigrenze. Ob ein Ehegatte aufgrund seines eigenen Einkommens nicht mehr als Unterhaltspflicht berücksichtigt wird, entscheidet das Insolvenzgericht nach eigenem Ermessen und ist vom Einzelfall abhängig. Wir würden den Einzelfall genau prüfen, wenn Sie uns mit der Erstellung einer Bescheinigung gemäß § 850k ZPO beauftragen. Wenden Sie sich hierzu gerne per E-Mail an info@anwalt-kg.de
Ihr Ex-Partner wäre weiterhin zur Zahlung von Unterhalt für seine leiblichen Kinder verpflichtet, auch wenn Sie wieder heiraten. Nur die Unterhaltspflicht für Sie würde entfallen.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. V. Ghendler
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Insolvenzrecht