Restschuldbefreiung und Erwerbsobliegenheit
Eine nur unwesentliche Beeinträchtigung der Gläubiger-Befriedigungschancen hat keine Versagung der Restschuldbefreiung zur Folge. Dies wäre unverhältnismäßig und u.U. sogar rechtsmissbräuchlich, wie das Amtsgericht Esslingen entschied .
Der zugrundeliegende Fall
Das Finanzamt als Gläubiger hatte einen Antrag auf Versagung der Restschuldbefreiung gestellt und behauptet, der Schuldner habe seine Erwerbsobliegenheit verletzt, da er keine Vollzeittätigkeit annahm/ seine Teilzeittätigkeit nicht aufstockte. Hätte er dies getan, so hätte der pfändbare Betrag um rund € 24,- monatlich höher gelegen.
Der Schuldner, der mit € 76.000.- in der Kreide stand, wandte ein, er habe bisher schon länger aus gesundheitlichen Gründen keine Vollzeittätigkeit ausüben könne, hoffe das aber nach einer anstehenden Operation und seiner Genesung künftig tun zu können.
Entscheidung des Gerichts
Der Antrag des Finanzamtes wurde vom Gericht zurückgewiesen. Ein Versagungsgrund der Restschuldbefreiung sei nicht gegeben, so das Gericht.
Schuldner hätten zwar eine angemessene Erwerbstätigkeit aufzunehmen, die eine bestmögliche Befriedigung der Gläubiger ermögliche. Der Schuldner habe insofern gegen seine Obliegenheiten verstoßen, als dass er sich schon langer um einen OP-Termin hätte bemühen können.
Allerdings führe eine so unwesentliche Beeinträchtigung der Gläubiger-Befriedigungsaussichten wie hier nicht zu einer Versagung der Restschuldbefreiung, da dies unverhältnismäßig wäre. Die offenen Forderungen von mehr als € 76.000.- ständen in keiner Relation zu dem entgangenen pfändbarer Betrag von insgesamt rund € 240, so das Gericht.
Im konkreten Fall sah das Gericht das Vorgehen des Finanzamtes sogar als rechtsmissbräuchlich an. An geringfügige Verstöße dürften nicht derart weittragende Rechtsfolgen geknüpft werden. Eine Versagung der Restschuldbefreiung stände in keinem angemessenen Verhältnis zum begangenen Verstoß, der betragsmäßig nur geringe Nachteile ausgelöst habe.
Amtsgericht Esslingen, 13 IN xxx/20, Quelle: Infodienst Schuldnerberatung
Andre Kraus ist Fachanwalt für Insolvenzrecht und Gründer der KRAUS GHENDLER RUVINSKIJ Anwaltskanzlei. Seit 2012 ist er auf die Entschuldung und Beratung von Personen mit finanziellen Schwierigkeiten spezialisiert.
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