b) Pfändbarkeit der Versicherungsleistung als Schuldnervermögen?
Maßgeblich ist grundsätzlich nicht der Zeitpunkt, an dem die Versicherungsleistung zur Zahlung ansteht. Entscheidend ist, wann der Versicherungsvertrag abgeschlossen wurde.
aa) Schuldner ist Versicherungsnehmer
Beispiel 1: Schuldner S hat bei einer Versicherung eine Risikolebensversicherung abgeschlossen, die eine Geldzahlung für ihn selbst vorsieht, wenn er mit Vollendung des 65. Lebensjahr noch lebt oder bei dessen vorherigen Tod, einem Dritten (Begünstigten) die vereinbarte Geldsumme einzahlt. Als Dritten setzt S setzt seine Ehefrau F ein, wobei er sich zu Lebzeiten vorbehält, dies zu widerrufen einen anderen als Begünstigten zu benennen. Danach fällt S in die Insolvenz.
Ist der Schuldner wie im Beispiel 1 der Versicherungsnehmer und hat er bislang niemanden als Begünstigten eingesetzt oder ist der Dritte nur widerruflich Bedachter, so gehört die versprochene Versicherungsleistung zum Vermögen des Schuldners. Der Insolvenzverwalter kann durch Kündigung oder Widerruf des Versicherungsvertrags, die Versicherungsleistung zur Insolvenzmasse ziehen.
Beispiel 2: Es verhält sich wie in Beispiel 1 mit dem Unterschied, dass F endgültig und unwiderruflich die Versicherungssumme erhalten soll, falls S vorzeitig stirbt.
Ist der Schuldner der Versicherungsnehmer und hat er einen Dritten unwiderruflich als Begünstigten eingesetzt, so ist die Versicherungsleistung nicht mehr Bestandteil des Schuldnervermögens. Der Dritte hat bereits mit der Einsetzung als Begünstigter eine so gesicherte Rechtsposition (Anwartschaftsrecht) auf die Versicherungsleistung, dass der Anspruch auf die Versicherungsleistung nicht mehr im Schuldnervermögen ist. Die Versicherungsleistung kann nicht gepfändet werden. Der Begünstigte erwirbt den Anspruch auf die Versicherungsleistung unmittelbar mit Eintritt des Versicherungsfalls (z.B. Tod des Schuldners).
bb) Schuldner ist Dritter (Begünstigter)
Ist der Schuldner Begünstigter einer Versicherungsleistung, hängt die Antwort auf die Frage, ob die Versicherungsleistung dem Schuldner oder der Insolvenzmasse zufällt, ebenfalls davon ab, ob der Schuldner die Versicherungsleistung in jedem Fall (unwiderruflich) oder unter Vorbehalt (widerruflich) erhalten soll.
Beispiel 3: Der Vater V des Schuldner S hat bei einer Versicherung eine Risikolebensversicherung abgeschlossen. Darin hat er S widerruflich als Begünstigten eingesetzt. Als S in die Insolvenz fällt, stirbt V.
Beispiel 4: Es verhält sich wie in Beispiel 3 mit dem Unterschied, dass S unwiderruflich die Versicherungsleistung im Todesfall des V erhalten soll.
Ist der Schuldner Begünstigter und hat sich der Versicherungsnehmer wie in Beispiel 3 vorbehalten, einen anderen als den Schuldner als Begünstigten zu benennen, dann hat der Schuldner noch keinen Anspruch auf die Leistung und auch kein Anwartschaftsrecht hierauf. Denn Letzteres setzt eine gesicherte Rechtsposition voraus, deren Eintritt von der Zeit und nicht mehr vom Willen einer Person abhängt. Da also der Schuldner weder einen Anspruch noch ein Anwartschaftsrecht auf die Versicherungsleistung hat, kann diese auch nicht Teil des Vermögens des Schuldners geworden sein. Die Versicherungsleistung bleibt unangetastet.
Bitte beachten Sie: Tritt während des Insolvenzverfahrens „zugunsten“ des Schuldners der Versicherungsfall ein und steht die Versicherungsleistung zur Zahlung an, dann wird sie im maßgeblichen Zeitpunkt Vermögensbestandteil des Schuldners und damit Teil der Insolvenzmasse.
Soll der Schuldner die Versicherungsleistung wie in Beispiel 4 unwiderruflich erhalten, dann wird sie Bestandteil seines Vermögens mit Abschluss des Versicherungsvertrags. Daher fällt die Versicherungsleistung in die Insolvenzmasse.
4. Wie kann ich mich vor Pfändungen schützen?
Den besten Pfändungsschutz können Sie erreichen, wenn Sie sich vor Abschluss eines Versicherungsvertrags umfassend beraten lassen, um die richtige Vertragsgestaltung zu wählen und die Absicherung der Familie nicht leer laufen zu lassen.
Darüber hinaus hat der Gesetzgeber ein paar schützende Vorschriften geschaffen:
- Bis zu einem Betrag von 3579 Euro unterliegen Auszahlungen aus einer Lebensversicherung nicht der Pfändung (§§ 36 Abs. 1 S. 1, 850b ZPO).
Bitte beachten Sie: Diese Regelung schützt aber nur den Schuldner. Hat der Schuldner eine Lebensversicherung zugunsten seiner Familie abgeschlossen, dann greift diese Regelung nicht zu deren Gunsten.
- Steht die Lebensversicherung im Zusammenhang mit der betrieblichen Altersversorge im Sinne des Betriebsrentengesetzes, so kann den Schuldner § 2 Abs. 2 S. 4 BetrAVG jedenfalls bis zum Eintritt des Versicherungsfalls vor der Kündigung des Lebensversicherungsvertrags schützen.
- Der Umfang der Pfändung richtet sich danach, welcher Teilbetrag bis zum Ende des Insolvenzverfahrens erlöst worden wäre. Es unterfällt damit regelmäßig nicht die gesamte Versicherungsleistung der Pfändung.
Guten Tag ,
meine RSB war am 29.07.20 erteilt worden.
Ich habe noch eine alte LV beitragsfrei von 2004/2005 die untergegangen ist.
Darf ich mir diese auszahlen lassen oder bekomme ich nachträglich noch Schwierigkeiten mit Finanzamt oder Verwährung der RSB ??
Mit freundlichen Grüßen
Sehr geehrter Fragesteller,
ein Jahr nach der rechtskräftigen Erteilung der Restschuldbefreiung droht auch nachträglich kein Widerruf derer mehr. Mit Zugang des Beschlusses über die Erteilung der Restschuldbefreiung braucht es 2 Wochen, bis die Entscheidung rechtskräftig wird; und von diesem Zeitpunkt an muss ein weiteres Jahr verstreichen, damit die Restschuldbefreiung unumstößlich feststeht (vgl. § 303 Abs. 2 InsO). Ob es eine steuerrechtliche Relevanz gibt, kann ich Ihnen in diesem Rahmen nicht sagen.
A. Kraus
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Insolvenzrecht
Hallo,eine Frage.Ich befinde mich seit 4 Jahren in der Insollvenz.Ich bekomme nächstes Jahr meine Lebensversicherung ausbezahlt,die aber schon viele Jahre Beitragsfrei ist.Darf ich das Geld behalten?Ich bin 64j.
Sehr geehrter Herr H.,
vielen Dank für Ihre Frage, die im Abschnitt Pfändbarkeit der Lebensversicherung im Einzelfall ausführlich beantwortet wird. Da die Pfändbarkeit von mehreren Umständen abhängt, geht der Abschnitt auf die jeweiligen Fallkonstellationen ausführlich ein.
Mit freundlichen Grüßen
A. Kraus
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Insolvenzrecht
Hallo, meine Frage wäre folgende da ich Privatinsolvenz anmelden möchte im Insolvenzantrag steht die Frage welche Versicherungen haben sie.
Ich habe eine Risikoversicherung abgeschlossen Versicherungsnehmer bin ich Versicherte Person mein Mann bezugsberechtigte bin ich fällt dies in die insolvenzmasse wenn ich jetzt noch die bezugsberechtigung änder könnte mir dies zum nachteil ausgelegt werden später bei der restschuldbefreiung vielen Dank für ihr bemühungen danke
Sehr geehrte Frau D.,
das Problem ist vor allem, dass eine Insolvenzanfechtung durch den Insolvenzverwalter vorgenommen werden könnte. Denn Sie würden Vermögen an eine nahestehende Person verschieben. Näheres hierzu erklärt Ihnen unser Artikel Insolvenzanfechtung.
Mit freundlichen Grüßen
A. Kraus
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Insolvenzrecht