Wie kommt es zu einer Überpfändung?
Wird gegen Sie als Schuldner bereits die Zwangsvollstreckung durch Pfändung betrieben oder steht diese bevor, sollten Sie sich über Schutzmaßnahmen Gedanken. Eine der ersten Maßnahmen betrifft die Umwandlung ihres Girokontos in ein Pfändungsschutzkonto (P-Konto) gemäß § 850k ZPO. Wie das geht und was Sie hierzu wissen müssen, erklärt unser Beitrag zum P-Konto.
Allerdings gewährt dies nur einen Basisschutz in Höhe von derzeit (Stand: 2020) 1178,59 Euro pro Monat. Jeder darüber eingehende Geldbetrag wird von der Bank einbehalten und an den Gläubiger überwiesen, obwohl Sie es nach den gesetzlichen Möglichkeiten behalten dürften. So gelten z.B. bei bestehenden Unterhaltspflichten und bei der Berechnung des pfändbaren Arbeitseinkommen wichtige schuldnerschützende Vorschriften, nach denen sehr viel mehr Geld behalten können, als das P-Konto mit seinem Basisfreibetrag vermittelt.
Damit können Sie je nach Einzelfall erheblich Geld verlieren, wenn Sie nicht die richtigen Maßnahmen einleiten. Hierzu müssen Sie zwei Konstellationen unterscheiden: Einmal wird sowohl Lohn als auch Konto gepfändet; im zweiten Fall wird nur das Konto gepfändet.
Anhand der beiden Konstellation, erläutern wir Ihnen die Gefahr der ‚Überpfändung‘, um anschließend aufzuzeigen, wie Sie zu viel gepfändeten Einkommensteil zurückbekommen und zukünftig vor Zugriffen schützen können.
a) Lohn und Konto sind gepfändet
Das Problem bei Pfändung von Lohn und Konto besteht darin, dass ohne die richtige Schutzmaßnahme der Lohn „quasi zweimal“ gepfändet wird, wenn Sie nur ein P-Konto als Schutzmaßnahme ergriffen haben. Denn zunächst wird Ihr Lohn um die Pfändung gekürzt auf Ihr Konto überwiesen. Wenn der überwiesene Lohn den oben genannten monatlichen Basisschutzbetrag in Höhe von derzeit (Stand: 2020) 1178,59 Euro übersteigt, behält die Bank den überschießenden Teil ein. Damit wird der ausgezahlte und eigentlich unpfändbare Teil Ihres Lohnes noch einmal von der Pfändung belastet.
b) Nur das Konto ist gepfändet
Liegt eine Lohnpfändung noch nicht vor und wird auf Ihr Konto ein Einkommen überwiesen, das den monatlichen Basisschutzbetrag von derzeit (Stand: 2020) 1778,59 Euro übersteigt, so wird der überschießende Betrag gepfändet, obwohl Ihnen von Gesetzes wegen womöglich ein höherer Pfändungsfreibetrag zu steht. So sind etwa einige Einkünfte unpfändbar oder wegen besonderer finanzieller Belastungen dürften Sie monatlich mehr Einkünfte für sich behalten.
Hallo,
mein Mann hat eine Kontopfändung seit April 2019, der Gläubiger ist das Finanzamt. Wir haben erst jetzt erfahren, dass bestimmte Leistungen (Erschwerniszulagen, Spesen, usw.) unpfändbar sind. Seither konnten wir nur den monatlich pfandfreien Sockelbetrag abheben. Jetzt möchten wir diese unpfändbaren Leistungen vom Finanzamt zurückfordern. Können wir rückwirkend ab April 2019 alles zurückfordern oder gibt es hier bestimmte Fristen, ist das eventuell verjährt?
Danke und mit freundlichen Grüßen
Sehr geehrte Frau T.,
Sie können grundsätzlich das ‘Zuvielgepfändete’ zurückfordern.
Mit freundlichen Grüßen
A. Kraus
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Insolvenzrecht
Sehr geehrte Damen und Herren,
ich eröffne demnächst eine Privatinzolvenz, vor wenigen Tagen wurde ein Teil vom Gehalt ausgezahlt, dass aber unter der Freigrenze liegt. Leider wurde die letzten IBAN-Ziffern verwechselt und so wurde der Betrag, statt auf dem Pfändungsschutzkonto, auf das Unterkonto (Sparkonto in der selben Bank) überwiesen. Die Bank möchte es nicht freigeben, weil es ein Sparkonto ist und der Gläubiger möchte die Pfändung nicht zurück ziehen. Allerdings habe ich den Gläubiger noch nicht über der bevorstehenden Privatinzolvenz informiert. Den Antrag gebe ich noch diese Woche ab.
Welche Möglichkeiten habe ich nun?
Besteht überhaupt die Chance das gepfändete Gehalt zurück zu bekommen?
LG Andrea
Sehr geehrte Frau P.,
das Problem ist, dass Sie sich grundsätzlich an den Arbeitgeber halten müssten, da dieser Ihr Gehalt entgegen der Absprache nicht korrekt überwiesen hat. Zugleich möchten Sie natürlich auch keine Spannung zu Ihrem Arbeitgeber aufkommen lassen. Daher sollten Sie sich aus pragmatischen Gründen überlegen, ob Sie sich tatsächlich an Ihren Arbeitgeber halten möchten oder nicht. Dieser wiederum könnte sich dann von der Bank das Überwiesene im Wege des Bereicherungsrechts zurückholen.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. V. Ghendler
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Insolvenzrecht
Hallo,
meine Firma musste von mehreren 100 Mitarbeitern auf knapp 60 reduzieren, auch ich habe dadurch den Arbeitsplatz verloren, es wurden Abfindungen gezahlt.
Da ich schon seit langer Zeit krank geschrieben bin, bin ich inzwischen sowohl aus dem Krankengeld als auch seit Anfang Januar aus dem ALG I gefallen.
Ende Januar sollte mir mein Resturlaubsanspruch zusammen mit der Abfindung ausgezahlt werden.
Durch eine Lohnpfändung wurden ca. 2/3 dieser Zahlung einbehalten.
Ich bekomme kein Hartz 4 und auch keine sonstigen Zahlungen, kann ich den gepfändeten Teil zurück fordern, da ich damit meinen Lebensunterhalt bestreiten muss?
Des Weiteren ist mir auf der Abrechnung aufgefallen, dass statt 40 Tagen Resturlaub nur 20,19 Urlaubstage angesetzt wurden, kann ich hier noch nachfordern?
Mit freundlichen Grüßen
Isabell G.
Sehr geehrte Frau G.,
ich würde Ihnen empfehlen, sich an das zuständige Amtsgericht (Vollstreckungsabteilung) mit Ihrem Fallen zu wenden. Sie können beantragen, dass Ihnen mehr belassen werden müsste, da Sie ansonst Ihren Lebensunterhalt nicht bestreiten können. Fügen Sie dem Antrag auch Nachweise hierüber bei, dass Sie keine anderweitigen Zahlungen erhalten. Bezüglich des Resturlaubs sollten Sie sich mit Ihrem ehemaligen Arbeitgeber schriftlich auseinandersetzen und um eine Korrektur bitten.
Mit freundlichen Grüßen
A. Kraus
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Insolvenzrecht
Hallo
Insolvenzverwalter gibt das Geld nicht wieder das wir vom pfändungsfreien Lohn als Vorrauszahlung ans Finanzamt leisten.
Alle 3 Monate zahlen wir vom Lohn(Firma hat schon Pfändung abgezogen) 164€ ans Finanzamt.Mitterweile sind das schon 492€ .Insolvenzverwalter wurde schon öfter drauf aufmerksam gemacht aber er zahlt das Geld nicht zurück.
Sehr geehrter Herr S.,
vielen Dank für Ihre Frage. Wenn ich Sie richtig verstehe, dann geht es um die Pfändbarkeit des Lohnsteuerausgleichs. Dieser ist grundsätzlich von der Lohnpfändung erfasst, wenn der Arbeitgeber den Ausgleich der Lohnsteuer durchführt; dies gilt grundsätzlich auch in der Insolvenz (vgl. Sächsisches FG, Urteil vom 8.12.2009 – 1 K 604/08). Denn die Rechtsprechung steht grundsätzlich auf dem Standpunkt, dass überzahlte Steuern nicht zum Arbeitseinkommen zählen. Weitergehende Informationen finden Sie auch in unserem Beitrag Steuererstattung im Insolvenzverfahren – Rückerstattungen behalten.
Mit freundlichen Grüßen
A. Kraus
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Insolvenzrecht