Taschenpfändung – Darf mich der Gerichtsvollzieher körperlich durchsuchen?

Was ist eine Taschenpfändung?

Eine Taschenpfändung ist eine Pfändung der Dinge, die der Schuldner bei sich oder in seinen Taschen mit sich trägt. Wird eine Taschenpfändung durchgeführt, dann erfolgt durch den Gerichtsvollzieher (oder einen Vollstreckungsbeamten) eine Durchsuchung des Schuldners und dessen Taschen auf vorhandenes Bargeld sowie Schecks/Wertpapiere und andere Gegenstände, die vermeintlich pfändbar sein könnten. Werden bei der Durchsuchung Bargeld oder andere pfändbare Dinge beim Schuldner gefunden, können sie unter Umständen sofort beschlagnahmt werden.

Der folgende Beitrag zeigt Ihnen, wann eine Taschenpfändung stattfindet, wie sie abläuft und wie weit diese gehen darf.

Andre Kraus ist Fachanwalt für Insolvenzrecht und Gründer der KRAUS GHENDLER RUVINSKIJ Anwaltskanzlei. Seit 2012 ist er auf die Entschuldung und Beratung von Personen mit finanziellen Schwierigkeiten spezialisiert.

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Wann darf eine Taschenpfändung stattfinden?

In den §§ 808 f. ZPO ist geregelt, dass körperliche Sachen im Gewahrsam des Schuldners mittels Inbesitznahme durch den Gerichtsvollzieher gepfändet werden können.

Jedoch müssen – wie bei jeder anderen Zwangsvollstreckungsmaßnahme auch – bestimmte Voraussetzung dafür erfüllt sein:

  • Nur wenn der Schuldner seine Schulden gegenüber dem Gläubiger nicht bezahlt hat, ist eine Pfändung möglich.
  • Zur Durchsetzung der Forderung muss der Gläubiger zunächst einen Vollstreckungstitel erwirken (gerichtliches Mahnverfahren).
  • Die Zustellung des Vollstreckungstitels an den Schuldner muss erfolgt sein.
  • Die Taschenpfändung durch den Gerichtsvollzieher wird nur durchgeführt, wenn der Gläubiger den Auftrag dazu erteilt.

Außerdem gilt:

  • Der Gerichtsvollzieher führt Gründe für die Taschenpfändung an, etwa dass der Schuldner pfändbare Gegenstände hat, die dieser möglicherweise verstecken und somit der Zwangsvollstreckung vorenthalten will.
  • Der Gerichtsvollzieher muss bei der Taschenpfändung den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit einhalten.
  • Die Durchführung einer körperlichen Untersuchung ist nur von einer Person mit dem gleichen Geschlecht erlaubt.

Wie läuft eine Taschenpfändung ab?

Bild von GeldbörseBei einer Taschenpfändung sucht der Gerichtsvollzieher vor allem nach Bargeld sowie nach Wertpapieren und anderen Wertgegenständen. Bei Auffinden dieser Dinge ist eine Pfändung möglich.

Auch im Portemonnaie des Schuldners wird nach Bargeld gesucht. Bei der Pfändung von Bargeld müssen jedoch die Vorschriften zur Zwangsvollstreckung in bewegliche Sachen beachtet werden. Anwendung findet hierbei § 815 ZPO, der Folgendes regelt:

  • Gepfändetes Geld muss an den Gläubiger abgeliefert werden.
  • Kann der Schuldner dem Gerichtsvollzieher glaubhaft nachweisen, dass das Geld rechtmäßig einem Dritten gehört, muss das Geld hinterlegt werden. Eine Fortsetzung der Zwangsvollstreckung erfolgt, wenn nicht innerhalb von zwei Wochen nach dem Pfändungstag eine Einstellung dieser durch das Gericht erlassen wird. (Gehört also einem Dritten das Geld, kann er Drittwiderspruchsklage erheben, eine Prüfung dieses Sachverhalts führt der Gerichtsvollzieher nicht durch.)
  • Sofern keine Hinterlegung erfolgen muss, dann gilt die Pfändung von Bargeld als Zahlung durch den Schuldner.

Gibt es eine Begrenzung bei der Taschenpfändung?

Wird eine Taschenpfändung vorgenommen, dann gilt der Freibetrag gemäß § 850c ZPO nicht. In dieser Vorschrift ist die Pfändungsfreigrenze für Arbeitseinkommen geregelt. Die Pfändungstabelle findet also bei der Taschenpfändung keine Anwendung.

Dennoch muss der Gerichtsvollzieher auch bei einer Taschenpfändung auf bestimmte, in § 811 ZPO geregelte Pfändungsverbote achten. Folgende Dinge dürfen u.a. von ihm nicht beschlagnahmt oder gepfändet werden:

  • Haushaltsgeräte und Kleidung, die für den persönlichen Gebrauch oder die Nutzung im Haushalt bestimmt sind
  • Arbeitskleidung sowie Sachen für eine Berufsausbildung
  • Familienpapiere (auch Eheringe, Ehrenabzeichen, Orden)
  • Brillen, Hilfsmittel für körperliche Gebrechen, künstliche Gliedmaßen

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Sie haben eine allgemeine Frage zum Thema “Taschenpfändung – Darf mich der Gerichtsvollzieher körperlich durchsuchen?”? Wir beantworten sie hier kostenlos!

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10 Kommentare
  1. Manuel A.
    says:

    Darf der Gerichtsvollzieher meine Hosentaschen durchsuchen

    • Andre Kraus
      says:

      Sehr geehrter Fragesteller,

      sollte sich der Eingriff als verhältnismäßig darstellen, ist dies denkbar.

      Mit freundlichen Grüßen

      A. Kraus
      Rechtsanwalt, Fachanwalt für Insolvenzrecht

  2. Iris
    says:

    Hallo gibt es einen Paragrafen oder ähnlichen der besagt, das zum Beispiel Handys mit Vertrag und monatlicher Abzahlung nicht gepfändet dürfen? Vielen Dank

    • Andre Kraus
      says:

      Sehr geehrte Frau W.,

      ein Handy ist nicht per sé unpfändbar. Zudem dürfte das Handy noch bis zur letzten gezahlten Rate im Eigentum des Anbieters verbleiben (sogenannter Eigentumsvorbehalt). Die Folgen hiervon erläutern wir in unserem Artikel Eigentumsvorbehalt bei Privatinsolvenz. Sollten Sie das Handy etwa für die Berufsausübung unbedingt gebrauchen, ist es gemäß § 811 Abs. 1 Nr. 5 ZPO unpfändbar. Weitere Fälle, in denen die Pfändung unzulässig ist, beschreibt Ihnen unser Artikel Unpfändbare Sachen – Das sind nicht pfändbare Sachen! und enthält u.a. der § 811 ZPO.

      Mit freundlichen Grüßen

      A. Kraus
      Rechtsanwalt, Fachanwalt für Insolvenzrecht

  3. Peter B. .
    says:

    Guten Tag,

    erst einmal vielen Dank, dass Sie hier kostenlos Fragen zum Thema Taschenpfändung beantworten.

    Meine Fragen:‎

    1.) Wie erfolgt die Prüfung der Verhältnismäßigkeit durch den Gerichtsvollzieher vor einer Taschenpfändung?‎

    2.) Spielt hierbei eine Rolle, wenn vor wenigen Wochen im Auftrag anderer Gläubiger eine Vermögensauskunft beim Gerichtsvollzieher abgegeben wurde?

    3.) Wie muss der Gläubiger glaubhaft machen, dass trotz abgegebener Vermögensauskunft für andere Gläubiger nun ihm als neuen Gläubiger angeblich Vermögenswerte verheimlicht werden?‎ Muss ein beauftragter Gerichtsvollzieher bei Antrag auf Taschenpfändung überhaupt prüfen, ob andererseits eine Vermögensauskunft abgegeben wurde?

    4‎.) Müssen vor einer Taschenpfändung ‎andere Pfändungen durch den beantragenden Gläubiger wie z. B. eine Kontopfändung erfolglos durchgeführt worden sein oder kann er sofort im ersten Schritt eine Taschenpfändung durchführen lassen?

    5.) Können bei einer Taschenpfändung selbst das letzte Kleingeld für den Einkauf aus dem Portemonnaie gepfändet werden, auch wenn dies nur einen Bruchteil der Miete darstellt?

    6.) Kann bei einer Taschenpfändung in der Wohnung auch die vollständige Einrichtung inkl. aller Papiere (privat wie beruflich) durch den Gerichtsvollzieher durchsucht werden?

    7.) Können bei einer Taschenpfändung auch ein Laptop sowie das Smartphone gepfändet werden (beide veraltet), wenn diese für die berufliche Tätigkeit (selbständig) zwingend notwendig sind? 

    Herzlichen Dank im voraus für eine Beantwortung. Ich hoffe, es sind nicht zuviel Fragen.‎

    • Dr. V. Ghendler
      says:

      Sehr geehrter Herr B.,

      meine Antworten:

      zu 1. Der Eingriff ist verhältnismäßig, wenn er einen legitimen Zweck erfüllt, geeignet und erforderlich zur Zweckerreichung und angemessen ist.
      zu 2. Dies kann ein zu berücksichtigender Faktor sein.
      zu 3. Die Vermögensauskunft ist von der Taschenpfändung zu trennen. Nachweise können z.B. Urkunden oder Zeugen sein.
      zu 4. Die Taschenpfändung kann ohne vorherige Kontopfändungsversuche oder andere Pfändungsversuche durchgeführt werden.
      zu 5. Grundsätzlich ist dies möglich.
      zu 6. Grundsätzlich ist auch dies möglich.
      zu 7. Diese Frage beantworten unsere Artikel Pfändungsschutz: Nicht pfändbare Sach- und Vermögenswerte und Austauschpfändung.

      Mit freundlichen Grüßen

      Dr. V. Ghendler
      Rechtsanwalt, Fachanwalt für Insolvenzrecht

  4. Katharina
    says:

    Was passiert, wenn ich mich außerhalb meiner Wohnung der körperlichen Durchsuchung des Gerichtsvollzieher widersetze? Darf er dann Zwang anwenden?

    • Andre Kraus
      says:

      Sehr geehrte Fragestellerin,

      wenn Sie sich dem verweigern, bedarf es wohl grundsätzlich einer richterlichen Durchsuchungsanordnung, wobei diese aufgrund des Zeitfaktors vom Gläubiger vermutlich nicht beantragt wird. Ausnahmsweise ist der Gerichtsvollzieher auch ohne vorherige Anordnung befugt, Sie zu durchsuchen, wobei hierbei der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gewahrt werden muss. Denn eine körperlich wirkende Durchsuchung stellt einen erheblichen Eingriff in Ihr Persönlichkeitsrecht dar. D.h. Zweck und Erfolgsaussichten der Durchsuchungsmaßnahme müssen zum Persönlichkeitseingriff in einem tolerablen Verhältnis stehen. Ferner findet eine körperliche Durchsuchung nur von einer Person gleichen Geschlechts statt.

      Mit freundlichen Grüßen

      A. Kraus
      Rechtsanwalt, Fachanwalt für Insolvenzrecht

  5. Dominik M.
    says:

    Guten Tag

    Meine Frage bezieht sich auf die sogenannte Sachpfändung.Dürfen Notebooks und Smartphones die über einen Vertrag laufen gepfändet werden ?

    Mit freundlichen Grüßen

    • Dr. V. Ghendler
      says:

      Sehr geehrter Herr M.,

      wenn es sich um finanzierte Geräte handelt, unterliegen diese in der Regel einem Eigentumsvorbehalt und sind nicht Ihr Eigentum, sondern gehören bis zur vollständigen Bezahlung dem Händler. Daher dürfen sie auch nicht gepfändet werden.

      Mit freundlichen Grüßen

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