Vertragsverhältnisse in der Insolvenz

Was passiert mit laufenden Vertragsverhältnissen in der Insolvenz?

Wenn ein Insolvenzverfahren eröffnet wird, bestehen offene Vertragsverhältnisse zwischen dem Insolvenzschuldner und seinen Gläubigern. Der Regelfall sieht so aus, dass lediglich der Vertragspartner seinen Teil des Vertrages bereits erfüllt hat, wohingegen der Schuldner seine Vertragspflicht noch schuldet. Dem Gläubiger bleibt dann nur die Möglichkeit seine offene Forderung zur Insolvenztabelle anzumelden und sich je nach vorhandener Insolvenzmasse mit der Quote zufrieden zu geben. Doch was passiert in den übrigen Fällen, wenn entweder der Gläubiger oder keiner der beiden Vertragsparteien bisher geleistet hat?

Andre Kraus ist Fachanwalt für Insolvenzrecht und Gründer der KRAUS GHENDLER RUVINSKIJ Anwaltskanzlei. Seit 2012 ist er auf die Entschuldung und Beratung von Personen mit finanziellen Schwierigkeiten spezialisiert.

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Einseitige Erfüllung durch den Schuldner

Bild von Geschäftsmann, der etwas unterschreibt

Der Regelfall bei der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens sieht so aus, dass nur der Vertragspartner seinen Vertragsteil erfüllt hat.

Es kommt durchaus vor, dass der Vertrag bisher lediglich durch den Schuldner einseitig erfüllt worden ist und der Gläubiger seine Leistung noch schuldet. Diese Fälle sind aus Sicht des Schuldners und dessen übrigen Gläubigern natürlich sehr ärgerlich. Wenn der Vertrag von mindestens einem Vertragspartner bereits erfüllt worden ist, gibt es grundsätzlich erstmal keine Möglichkeit mehr von dem Vertrag Abstand zu nehmen.
Dies käme allenfalls dann in Betracht, wenn der Vertragspartner Sie bei Vertragsschluss getäuscht hätte, oder Sie einem wesentlichen Irrtum unterlegen wären.

Mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens geht die Verfügungsbefugnis gem. § 80 Abs. 1 InsO auf den Insolvenzverwalter über. Sofern dieser also der Ansicht sein sollte, ein bestehendes Vertragsverhältnis anfechten zu können, liegt dies in seinem Aufgabenbereich. Sollte er das Vertragsverhältnis für wirksam halten, wird er in jedem Fall von der anderen Vertragspartei Erfüllung verlangen.

Wahlrecht bei beiderseitiger Nichterfüllung

Wenn der Vertrag von keinem der Vertragspartner bereits erfüllt worden ist, hat der Insolvenzverwalter gem. § 103 InsO grundsätzlich ein Wahlrecht, ob er Erfüllung verlangt oder diese ablehnt. Wenn der Insolvenzverwalter auf Erfüllung besteht, so ist der Vertragspartner dazu verpflichtet seine versprochene Leistung zu erbringen. Der Insolvenzverwalter ist dann seinerseits aber ebenfalls zur Erbringung der Gegenleistung verpflichtet. Entscheidet er sich die Erfüllung des Vertrages zu verweigern, so bleibt dem Vertragspartner nichts anderes übrig, als seine offene Forderung zur Insolvenztabelle anzumelden und sich in die Liste der übrigen Gläubiger einzureihen.

Ausnahmen: Vormerkung und Eigentumsvorbehalt

Anders verhält es sich, wenn der Gläubiger seine Forderung auf ein Recht an einem Grundstück durch eine im Grundbuch eingetragene Vormerkung gesichert hat. Der Gläubiger kann dann gem. § 106 Abs. 1 InsO Befriedigung aus der Insolvenzmasse verlangen. Ohne diese Regelung müsste der Gläubiger seine Forderung zur Insolvenztabelle anmelden. So hat er jedoch das Recht, die Auflassung des gekauften Grundstücks aus dem Vermögen des Insolvenzschuldners zu verlangen.
Das gleiche gilt gem. § 107 InsO, wenn der Insolvenzschuldner vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens eine Sache verkauft und dabei einen Eigentumsvorbehalt mit seinem Vertragspartner vereinbart hat. Wenn der Käufer bereits im Besitz der Sache ist, kann der Insolvenzverwalter die Sache nicht mehr unter Ausübung des Wahlrechts zurückverlangen. Der Käufer darf von dem Insolvenzschuldner die Vertragserfüllung verlangen, ist jedoch seinerseits dazu verpflichtet, den vollständigen Kaufpreis an diesen zu zahlen.

Sonderfall Miet- und Pachtverhältnisse

Für Miet- und Pachtverhältnisse über unbewegliche Gegenstände oder Räume sowie Dienstverhältnisse des Schuldners gelten einige Besonderheiten. Diese bestehen gem. § 108 Abs. 1 InsO mit Wirkung für die Insolvenzmasse fort. Das bedeutet, dass die auflaufenden Miet- oder Pachtforderungen als Masseverbindlichkeiten vor anderen Verbindlichkeiten in voller Höhe aus der Vermögensmasse bedient werden.

Falls der Schuldner Mieter oder Pächter ist, ist der Insolvenzverwalter gem. § 109 Abs. 1 InsO befugt das Vertragsverhältnis ohne Rücksicht auf die vereinbarte Vertragsdauer binnen einer Frist von drei Monaten oder einer kürzeren Frist zu kündigen. Sofern es sich dabei um ein Wohnraummietverhältnis handelt, ist der Insolvenzverwalter befugt, den Vermieter darauf hinzuweisen, dass die neu auflaufenden Mietforderungen keine Masseverbindlichkeiten darstellen, die im Insolvenzverfahren geltend gemacht werden können. Er muss sich bezüglich dieser Forderungen also weiter direkt an den Schuldner halten.

Ist der Schuldner hingegen selbst Vermieter oder Verpächter, und hat er vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Miete oder Pacht für einen späteren Zeitraum eingezogen, so ist dies gem. § 110 InsO nur für den zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens laufenden Kalendermonat wirksam. Ist die Eröffnung nach dem fünfzehnten des Kalendermonats erfolgt, so ist die Einziehung auch noch für den Folgemonat wirksam. Zahlungen für einen späteren Zeitraum muss der Mieter an die Masse -sprich den Insolvenzverwalter- leisten. Direkte Zahlungen an den Vermieter haben keine schuldbefreiende Wirkung mehr. Der Mieter läuft dann Gefahr, dass er die Miete zweimal zahlen muss.

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