Was ist ein vorläufiger Gläubigerausschuss?
Der vorläufige Gläubigerausschuss ist in den §§ 21 Abs. 2 Nr. 1a, 22a InsO geregelt. Er dient u.a. dazu, den Gläubigern ein Mitspracherecht bei der Auswahl des vorläufigen Insolvenzverwalters einzuräumen. Das Gremium kann auch einen Wechsel des vorläufigen Insolvenzverwalters herbeiführen, was jedoch aufgrund der doppelten Vergütungskosten eher eine Ausnahme darstellt. Es hat aber auch Befugnisse im Schutzschirmverfahren oder kann Stellungnahmen zu Verfahren in der Eigenverwaltung abgeben. Der vorläufige Gläubigerausschuss wird in der Zeit zwischen Insolvenzantragsstellung bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens tätig.
Der vorläufige Gläubigerausschuss wird entweder auf Antrag des Schuldners hin eingesetzt, oder wenn das Gericht dies nach pflichtgemäßer Ermessensausübung für sinnvoll erachtet. Aber auch wenn bestimmte gesetzlich bestimmte Merkmale vorliegen, erfolgt die Bestellung des vorläufigen Gläubigerausschusses von Amts wegen: § 22a Abs. 1 InsO ordnet dies an, wenn neben einer Mindestanzahl von beschäftigten Mitarbeitern des Schuldners noch eine bestimmte Bilanzsumme bzw. ein bestimmter Umsatzerlöses verzeichnet wird.
Wie läuft eine Gläubigerausschusssitzung ab?
In der Insolvenzordnung werden keinerlei Regelungen über den Ablauf einer Gläubigerausschusssitzung getroffen. Hier ist Selbstorganisation gefragt. In der Praxis wird dem Gläubigerausschuss meist empfohlen, sich eine Geschäftsordnung zu geben, die die wichtigsten Punkte regelt. Hierunter zählen meist folgende Fragen:
- Wann kommt der Gläubigerausschuss zusammen?
- Wer führt den Vorsitz?
- Wie wird ein Beschluss gefasst?
- Wer führt das Protokoll?
- Welche Punkte unterliegen der Verschwiegenheit?
Die Mitglieder des Ausschusses sind zur Verschwiegenheit verpflichtet. Dies wird trotz mangelnder ausdrücklicher gesetzlicher Regelung angenommen. Die Verletzung der Verschwiegenheitspflicht kann zur Abberufung des Mitglieds führen (vgl. § 70 InsO). Einen Rechtsbehelf gegen die Abberufung gibt es grundsätzlich nicht.
Für eine wirksame Beschlussfassung (§ 72 InsO) des Gremiums ist einmal die Anwesenheit der Mehrheit der Mitglieder des Ausschusses notwendig. Zum zweiten braucht ein wirksamer Beschluss die Mehrheit der anwesenden Mitglieder.
Sehr geehrter Herr Kraus,
es geht um die Insolvenz einer Bauträgergesellschaft mit mehreren Tochterfirmen in Deutschland und der Schweiz.
Als Gläubiger einer der Gesellschaften war ich durch eine Auslandsreise leider an der Teilnahme der vom Amtsgericht anberaumten Gläubigerversammlung verhindert. Die Gläubigerversammlung hat dort (leider) beschlossen, keinen Gläubigerausschuss zu bestellen.
Es liegt eine nennenswerte Insolvenzmasse im zweistelligen Millionenbereich vor in unserer mittlerweile organisierten Gläubigergemeinschaft gibt es mehrere Personen, die gerne noch einen Gläubigerausschuss bilden würden.
Deshalb meine Frage: Ist es rechtlich möglich bzw. durchsetzbar noch einen Gläubigerausschuss zu bilden, auch wenn in der ersten Gläubigerversammlung (an der nur wenige Gläubiger teilnahmen) beim Amtsgericht / Insolvenzgericht die anwesenden Gläubiger beschlossen haben dies nicht zu tun?
Über eine Beantwortung der Frage würde ich mich sehr freuen. Ggf. werden hierdurch auch Maßnahmen ausgelöst, welche eine anwaltliche Unterstützung erfordern.
Mit freundlichen Grüßen
Gerald S.
Sehr geehrter Herr S.,
vieles zum Gläubigerausschuss ist gesetzlich ungeregelt geblieben. Nach der ersten Gläubigerversammlung einen Gläubigerausschuss zu bilden, könnte schwierig sein. Da die Gläubigerversammlung das höchste Beschlussgremium ist, können Sie die Gläubigerversammlung hierzu um eine Entscheidung bitten. Allerdings ist eine qualifizierte Mehrheit zu erreichen. Ob das Unterfangen tatsächlich und rechtlich realisieren lässt, kann ich nicht außerhalb eines Mandats nicht abschließend sagen.
Mit freundlichen Grüßen
A. Kraus
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Insolvenzrecht