Unterscheidung von Zahlungsunfähigkeit und Zahlungsunwilligkeit
Die grundlegende Frage bei der Anordnung von Erzwingungshaft ist, ob Zahlungsunwilligkeit oder Zahlungsunfähigkeit vorliegt. Bei Zahlungsunfähigkeit liefe die Intention der Erzwingungshaft ins Leere, denn der Schuldner kann das Bußgeld nicht bezahlen, ob er will oder nicht.
Der Begriff der Zahlungsunfähigkeit, der für die Eröffnung der Insolvenz Voraussetzung ist, ist hierbei nicht deckungsgleich mit dem Begriff der Zahlungsunfähigkeit bei Bußgeldvollstreckungen. Eine Insolvenzeröffnung sagt daher noch nicht automatisch, dass eine Zahlungsunfähigkeit im Sinne des Ordnungswidrigkeitsrechts vorliegt. Allerdings lehnt das Gericht die Durchsetzung der Bußgeldforderung im Insolvenzverfahren gleichwohl ab: Die Erzwingungshaft (gemeint ist hier die Haft zur Erzwingung des Zahlungswillens) ist als Maßnahme der Zwangsvollstreckung i.S.d. § 89 InsO zu verstehen und schon deshalb unzulässig, sobald die Eröffnung der Insolvenz erfolgt ist.
Zahlungsunfähigkeit ist nicht gleich Zahlungsunfähigkeit
Allerdings ist zu beachten, dass Verwaltungen sich durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens allein noch nicht darauf verweisen lassen müssen, dass eine Vollstreckung wegen bestehender Zahlungsunfähigkeit ausgeschlossen ist. Hierfür ist nämlich die Zahlungsunfähigkeit gemäß § 96 OWiG maßgeblich, die strenger definiert ist, als die Voraussetzung zur Eröffnung eines Privatinsolvenzverfahrens. Allerdings akzeptiert die Rechtsprechung, dass das Vollstreckungsverbot gemäß § 89 InsO auch für Bußgeldvollstreckungen gilt.
Dies bedeutet: Es gibt generell keinerlei Vollstreckungsmöglichkeit für vor der Insolvenz liegende Bußgeldtatbestände, weil es auf die „Zahlungsfähigkeit“ als Kriterium gar nicht ankommt.
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