Eigentumswohnung in der Privatinsolvenz: Ausgangssituationen
Grundsätzlich gibt es verschiedene Ausgangssituationen für eine Eigentumswohnung in der Insolvenz:
- Die Eigentumswohnung ist vollständig abbezahlt und im Besitz des Schuldners
- Die Eigentumswohnung ist noch nicht abbezahlt, doch der zu erzielende Erlös bei einem Verkauf ist höher, als der noch zu zahlende Kredit
- Die Eigentumswohnung ist nicht abbezahlt und der voraussichtliche Verkaufspreis ist geringer als der noch offene Kredit
Abgezahlte Eigentumswohnung

Es ist möglich, dass eine verwandte Person die Eigentumswohnung kauft. In diesem Fall darf der Schuldner darin wohnen bleiben.
Ist die Finanzierung einer Wohnung fast oder vollständig erledigt, zählt das Wohneigentum zum Vermögen und kann zur Befriedigung der Gläubiger verkauft werden. Natürlich erfolgt die Verwertung nicht ohne vorherige Prüfung, ob noch Schulden auf der Eigentumswohnung lasten. Sofern auf Ihrer Eigentumswohnung nur noch geringe oder keine Schulden mehr lasten, ist eine Verwertung meist unumgänglich. Falls die Schuldensituation nicht anderweitig gelöst werden kann, darf der Schuldner die Eigentumswohnung in der Privatinsolvenz nicht behalten, auch wenn er im Anschluss wieder zur Miete wohnen muss.
Für den Zeitraum von der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bis zum Abschluss der eventuellen Zwangsversteigerung kann der Insolvenzverwalter eine Nutzungsentschädigung vom Schuldner verlangen.
Auf der Eigentumswohnung liegen nur noch geringe Verbindlichkeiten
Bei einer Privatinsolvenz wird der Treuhänder oder Insolvenzverwalter die Eigentumswohnung auch verwerten wollen, wenn der Kredit weitgehend abbezahlt ist. Die Eigentumswohnung wird Teil der Insolvenzmasse, wenn der beim Verkauf zu erwartende Erlös die offenen Beträge übersteigt. Vom Rest werden Gläubiger entschädigt. Sie können bis zum Verkauf Ihrer Wohnung darin verbleiben, müssen dem Insolvenzverwalter aber eine Nutzungsentschädigung, sozusagen eine Miete, zahlen. Nachdem die Eigentumswohnung den Besitzer gewechselt hat, können Sie keine Fristen wie bei einer ordentlichen Kündigung geltend machen.
Der Insolvenzverwalter könnte Sie ermutigen, die Wohnung freihändig zu verkaufen, statt die Zwangsversteigerung abzuwarten. Im freihändigen Verkauf kann meist mehr Geld erzielt werden, als mit einer Zwangsversteigerung. Zudem läuft er deutlich schneller ab. Eventuell kann dies Gelegenheit sein, mit dem Insolvenzverwalter über eine Freigabe der Eigentumswohnung zu sprechen. Denn wenn der zu erwartende Erlös nur geringfügig über dem Betrag liegt, mit dem die Wohnung noch belastet ist, dann könnte er sich darauf einlassen.
Sehr geehrter Hr. Dr. Ghendler,
das Insolvenzverfahren gegen meinen Vater wurde Ende Mai 2017 eröffnet (Privatinsolvenz). Zu der Insolvenzmasse gehören 2 Eigentumswohnungen. Eine davon bewohnen meine Eltern seit über 40 Jahren. Diese Wohnung war/ist belastet mit einem Darlehen i.H.v. ca. 60.000 €, der Verkehrswert liegt bei ca. 85.000 €.
Die Wohnung ist zusätzlich mit einer Zwangssicherungshypothek i.H.v. ca. 20.000 € belastet.
Meine Fragen sind:
a) welche Alternativen gibt es jetzt noch dahingehend, dass meine Eltern dort wohnen bleiben können
b) darf der Insolvenzverwalter den Auszug verlangen, bevor die Wohnung verkauft ist? Wenn ja, welche Frist zwischen Aufforderung und Auszug ist dabei zu berücksichtigen?
Vielen Dank für dieses Forum und die vielen hilfreichen Informationen auf ihrer Webseite!
mit freundlichen Grüßen
Sven
Sehr geehrter Fragesteller,
in dem Fall, dass die Wohnung bei einem Verkehrswert von ca. 85T€ mit Lasten in Höhe von etwa 80T€ belastet ist, wäre es vermutlich möglich, die Wohnung gegen eine Zahlung von 5.000 Euro aus der Insolvenzmasse herauszukaufen.
In der Regel darf man bis zur Zwangsversteigerung weiterhin in der Wohnung wohnen, unter Umständen muss eine Art Miete als Nutzungsentschädigung an den Insolvenzverwalter gezahlt werden.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. V. Ghendler
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Insolvenzrecht