4. Möglichkeit der Austauschpfändung
Ausnahmsweise besteht für eigentlich unpfändbare Gegenstände die Möglichkeit der Austauschpfändung (§ 811a ZPO). Dabei wird ein Gegenstand, der einen hohen Wert hat, gegen einen gleichartigen, aber preiswerteren ausgetauscht (z.B. eine goldene Armbanduhr gegen eine einfache).
5. Nahrung, Strom und Heizung – Unpfändbarkeit des Haushaltsgeldes
Nahrungs-, Beleuchtungs- und Heizmittel, die für einen Zeitraum von vier Wochen erforderlich sind, dürfen Ihnen nicht entzogen werden. Sollte Geld für die Beschaffung dieser Mittel erforderlich sein, so muss der Gerichtsvollzieher dies bei der Pfändung berücksichtigen und Ihnen einen zur Beschaffung erforderlichen Geldbetrag belassen, sog. Haushaltsgeld (§ 811 Abs. 1 Nr. 2 ZPO).
6. Auch Ihr Haustier bleibt Ihnen erhalten
Gegenstände wie Uhren, Fernseher oder Radio werden geschützt.
Der Gesetzgeber hat den Pfändungsschutz auch auf Haustiere ausgedehnt (§ 811c ZPO). Sie haben also nicht den Verlust Ihres Hundes oder Ihrer Katze zu befürchten. Beachten Sie aber bei Tieren, die einen besonders hohen Wert haben, dass Ihr Gläubiger ausnahmsweise auf Antrag beim Vollstreckungsgericht doch noch einen Pfändungsbeschluss erwirken kann. Davon könnten wertvolle Reitpferde, Rassehunde und andere seltene Tierarten betroffen sein. Der hohe Wert führt aber nicht automatisch dazu, dass das Gericht sofort die Pfändbarkeit anordnet. Es muss auch das Wohl des Tieres (Tierschutzgedanke) und die Interessen des Schuldners und des Gläubigers gegenübergestellt werden. Häufig wird es also nicht zu dem Fall kommen, dass es zur Pfändung kommt.
7. Sachen, die Sie als Einzelunternehmer oder Freiberufler für Ihre berufliche Tätigkeit benötigen (§ 811 Abs. 1 Nr. 5 ZPO).
Unpfändbar sind alle Gegenstände, die Sie, bzw. Ihre Hilfskräfte für die Ausübung Ihres Berufes brauchen. Welche Gegenstände konkret davon umfasst sind, hängt von der Art der von Ihnen ausgeübten Tätigkeit ab. Dazu einige Beispiele:
- Als Freiberufler dürfen Sie beispielsweise Ihr Diktiergerät, den Laptop oder einen Kopierer behalten, wenn es für die Art der Arbeit notwendig ist.
- Ausstellungsexemplare in Ihren Räumlichkeiten, soweit sie dazu dienen, Ihre Kunden zu beraten – so unterliegen Ausstellungsexemplare bei einem Küchenstudio, das Beratung, Planung und Einbau von Küchen vornimmt in einem angemessenen Umfang nicht der Pfändung (LG Saarbrücken 8. 9. 1987 5 T 649/87)
- Hochdruckreiniger, soweit dieser beim Betrieb einer KfZ-Werkstatt eingesetzt wird (LG Bochum: Entscheidung vom 11.06.1981 – 7 T 138/81)
- Das jeweils in Ihrem Berufsfeld spezifische Handwerkszeug
Achtung: Ausnahme bei juristischen Personen Anders sieht es jedoch im Fall von juristischen Personen (GmbH, AG) aus. Diese können sich nicht ohne weiteres darauf berufen, dass bestimmte Gegenstände wie etwa technische Geräte zur Ausübung der Erwerbstätigkeit gebraucht werden. So kann ein Computer der GmbH unter Umständen gepfändet werden, obwohl dieser für die Buchhaltung benötigt wird (AG Steinfurt v. 7. 7. 1988 12 M 1356/88). Auch bei einer Einmanngesellschaft ist die Pfändung der Arbeitsgerätschaften durchaus wahrscheinlich. So wurde im Fall eines als GmbH organisierten Reisebüros die Pfändung einer Computeranlage vom Gericht als zulässig erachtet, obwohl der Geschäftsführer zeitgleich der einzige Gesellschafter war und die Rechtsform eher nur aus Gründen der Haftungsbeschränkung gewählt hat (AG Düsseldorf v. 1. 3. 1991 64 M 6644/90).
8. Darf ich das Auto behalten – wann kann das KfZ nicht gepfändet werden?
Ihr Auto ist im Zweifelsfall einer Ihrer größten Vermögenswerte. Dementsprechend ist es für die Gläubiger verlockend, an das Fahrzeug heranzukommen. Erfahrungsgemäß ist es nicht einfach, das Auto in einer finanziellen Schieflage oder bei Einleitung eines Insolvenzverfahrens zu behalten. Dennoch gibt es auch hier einige Möglichkeiten:
- Sie benötigen das Auto für die Ausübung Ihrer beruflichen Tätigkeit (etwa weil Sie Schichtarbeiter sind und mit öffentlichen Verkehrsmitteln den Arbeitsplatz gar nicht erreichen können)
- Sie benötigen das Auto aus gesundheitlichen Gründen. Ein solches Bedürfnis ist etwa im Fall einer Schwerbehinderung gegeben.
Nähere Informationen dazu finden Sie unter diesem Link. Oftmals bestehen auch im Fall von Autofinanzierungen und Leasingverträgen vor der Einleitung des Insolvenzverfahrens Unsicherheiten. Rufen Sie uns gerne an, damit wir Sie auch in diesem Zusammenhang beraten können.
Schönen guten Tag,
mein Vater hat mir ein ebike gekauft, jedoch läuft die Rechnung auf mich. Ich benötige es für meinen Arbeitsweg der hin und zurück 30km beträgt. Ein normales Fahrrad kam nicht in Frage da ich ansonsten total verschwitzt und stinkende bei der Arbeit ankommen würde was ein nogo wäre. Zug oder Busbindung ist bei mir nicht gegeben im Schichtdienst. Muss ich mir sorgen machen das ich das Ebike verliere und somit meine Arbeit bei einer Pfändung?
Sehr geehrter Herr D.,
vielen Dank für Ihre Frage. Der entscheidende Punkt ist die Frage, ob die Fahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln möglich wäre. Bei Schichtdienst ist dies ja oft nicht der Fall. Wenn das so ist, so gilt das E-Bike als unpfändbar, sofern kein Auto vorhanden ist. Eine Austauschpfändung gegen ein normales Fahrrad käme meines Erachtens bei der genannten Strecke von 30 Kilometern nicht in Betracht.
Hinzu kommt, dass auch der Käufer des Fahrrads als eigentlicher Eigentümer bei einer Pfändung Rechte geltend machen kann.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. V. Ghendler
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Insolvenzrecht
Wenn man Privatinsolvenz beantragt aber das ebike Privat gekauft wurde ohne leasing dürfen sie es mir wegnehmen
Sehr geehrter Fragesteller,
grundsätzlich ist ein Fahrrad und insbesondere ein teures E-Bike pfändbar. Eine Ausnahme würde bestehen, wenn das Fahrrad für den Weg zur Arbeit oder zur Durchführung der Arbeit gebraucht würde.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. V. Ghendler
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Insolvenzrecht
Sehr geehrter Herr Dr. V. Ghendler,
angenommen man hat Schulden beim Finanzamt in Höhe von 50000€ und man möchte in die Privatinsolvenz gehen. Zusätzlich werden die Schulden von zwei weiteren Gläubigern in Höhe von ca. 2000€ jeweils mit aufgenommen. Wenn man einen Schuldenbereinigungsplan aufstellt in Höhe von 30% der Schuldensumme und beide Gläubiger, bei denen man weniger Schulden hat stimmen zu. Muss dann das Finanzamt den Schuldenbereinigungsplan mit annehmen, da mehr als 50% der Gläubiger dem zugestimmt haben?
Ich würde mich über eine Antwort freuen.
Sehr geehrte Frau M.,
bei einem außergerichtlichen Schuldenbereinigungsplan müssen alle Gläubiger zustimmen. Nur bei einem gerichtlichen Schuldenbereinigungsplan kann die fehlende Zustimmung von Gläubigern durch das Gericht ersetzt werden.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. V. Ghendler
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Insolvenzrecht
Hallo guten Abend, danke für Ihre Antwort. Wie kann ich noch die Abgabe der EV verhindern? Habe über die Schuldnerberatung eine aussergerichtlichen Einigungsversuch gestartet. Reicht das aus?
Danke Rita Dieterich
Sehr geehrte Frau D.,
die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung zu verhindern ist grundsätzlich auf verschiedenen Wegen möglich. Eine außergerichtliche Einigung mit dem Gläubiger ist eine davon. Der Gläubiger ist aber nicht dazu verpflichtet, auf das Vergleichsangebot einzugehen.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. V. Ghendler
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Insolvenzrecht
Hallo und guten Abend,
muss zum GV eine EV abgeben. Gehört mein 3Jahre altes E-Bike dazu? darf es gepfändet werden?
danke für eine Antwort
Sehr geehrte Frau D.,
grundsätzlich unterfällt Ihr E-Bike der Pfändung, es sei denn, es wäre für die berufliche Nutzung oder für den Weg zur Arbeit notwendig.
Mit freundlichen Grüßen
A. Kraus
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Insolvenzrecht
Sehr geehrter Dr. V. Ghendler
Vielen, vielen Dank und Gruß Familie Hellmich
Sehr geehrte Damen und Herren
Wir haben im August 2020 geheiratet, meine Frau ist in einer Privatinsolvenz und befindet sich im vierten Jahr der Wohlverhaltensphase und hat kein eigenes Einkommen (vorher Grundsicherung).
Gütertrennung besteht nicht.
Ich, der Ehemann, bin der Einzige mit einem Einkommen (EU- und Firmen-Rente)
Wir stehen kurz vor einem Umzug und müssen diverse Möbel, inklusive neuer Küche kaufen,
besteht die Gefahr der Pfändung der Möbel oder sonst welcher Produkte, die nach der Ehe erworben wurden, Stichwort Zugewinngemeinschaft ?
Über eine Antwort würden wir uns sehr freuen.
Mit freundlichen Grüßen Tomas D.
Sehr geehrter Herr D.,
grundsätzlich sind Hausratsgegenstände unpfändbar, es sei denn es handelt sich um außergewöhnliche Luxusgegenstände. Zudem sind Gegenstände, die von dem anderen Ehepartner gekauft und bezahlt wurden und sich in dessen Besitz befinden, in der Regel nicht pfändbar.
In der Wohlverhaltensphase darf zudem wieder Vermögen angespart werden, in laufenden Verfahren dürfen auch Schenkungen behalten werden.
Der Anspruch auf Ausgleich in der Zugewinngemeinschaft entsteht zudem erst mit Scheidung.
Es besteht somit keine Gefahr der Pfändung.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. V. Ghendler
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Insolvenzrecht