Vorzeitige Restschuldbefreiung durch Vergleich in der Insolvenz

Vergleich in der Insolvenz

Die Reform des Privatinsolvenzverfahrens im Jahr 2014 brachte einige Vorteile für die betroffenen Insolvenzschuldner. Die am 01. Juli 2014 in Kraft getretenen Neuregelungen sorgen nach wie vor für reges Interesse in der Öffentlichkeit.

Vorzeitige Aufhebung des Verfahrens durch Vergleich

Diese weithin unbekannte Möglichkeit der vorzeitigen Beendigung des Insolvenzverfahrens besagt nach § 213 Absatz 1 InsO:

Das Insolvenzverfahren ist auf Antrag des Schuldners einzustellen, wenn er nach Ablauf der Anmeldefrist die Zustimmung aller Insolvenzgläubiger beibringt, die Forderungen angemeldet haben. Bei Gläubigern, deren Forderungen vom Schuldner oder vom Insolvenzverwalter bestritten werden, und bei absonderungsberechtigten Gläubigern entscheidet das Insolvenzgericht nach freiem Ermessen, inwieweit es einer Zustimmung dieser Gläubiger oder einer Sicherheitsleistung gegenüber ihnen bedarf.“

Demnach können Sie die vorzeitige Beendigung Ihres Insolvenzverfahrens auf einen Antrag hin erzielen, wenn alle Insolvenzgläubiger dem Gericht gegenüber ihr Einverständnis über die Aufhebung des Verfahrens erklärt haben. Dieses Einverständnis erteilen die Gläubiger im Allgemeinen erst, wenn sie sich mit Ihnen über ein attraktives Vergleichsangebot geeinigt haben. Der frühestmögliche Zeitpunkt der Antragstellung ist der Ablauf der Anmeldefrist.

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Berücksichtigung aller Gläubiger

Mit dem Vergleichsangebot sollten Sie alle Gläubiger mit einer einheitlichen Vergleichsquote berücksichtigen. Ebenfalls zu berücksichtigen sind nachträglich bekannt gewordene Gläubiger.

Glückt Ihr Vergleich, können Sie den Antrag auf Einstellung Ihres Insolvenzverfahrens stellen und die Vergleichszustimmungen der Gläubiger beifügen. Die Insolvenzgläubiger können anschließend ihr Einverständnis über die vorzeitige Aufhebung des Verfahrens dem Gericht gegenüber mitteilen.

Vergleichszahlungen durch Dritte

Im Allgemeinen erklären die Gläubiger ihr Einverständnis über die vorzeitige Aufhebung des Verfahrens erst, wenn sie sich mit einem Dritten über eine attraktive Vergleichszahlung geeinigt haben.

In der Praxis verfügen viele Schuldner während eines Insolvenzverfahrens selbst nicht über die finanziellen Mittel um einen solchen Vergleich in die Wege zu leiten. Doch nicht nur aus diesem Grund sollten Sie mit Ihrem Vergleichsangebot klarstellen, dass die Vergleichssumme durch einen Dritten beglichen wird. Mit dieser Vorgehensweise können Sie der Gefahr von Gläubigerungleichbehandlungen entgegenwirken. Solche könnten sonst neben der Anfechtbarkeit des Vergleichs auch die Versagung der Restschuldbefreiung mit sich bringen.

Rechtsnatur der Zustimmung

Die Zustimmung der Gläubiger muss hervorbringen, dass

  • diese auf die Durchsetzung der Forderungen im Insolvenzverfahren verzichten und
  • dem Gericht gegenüber ihr schriftliches Einverständnis über die vorzeitige Aufhebung des Verfahrens erklären.

Anders als bei weiteren Möglichkeiten der vorzeitigen Beendigung des Insolvenzverfahrens, reicht hier die prozessrechtliche Einverständniserklärung jedes Gläubigers aus. Ein Nachweis über die Befriedigung der einzelnen Forderungen muss nicht erbracht werden.

Form der Zustimmung

Das Gesetz sieht keine besondere Form für die Zustimmung zur Aufhebung des Verfahrens der Gläubiger vor. Sie kann deshalb

  • schriftlich als auch
  • mündlich in der Gläubigerversammlung erklärt oder zu Protokoll der Geschäftsstelle gegeben werden.

Es empfiehlt sich stets die Schriftform.

Das Gericht überprüft in jedem Fall von Amts wegen die Prozessfähigkeit des zustimmenden Gläubigers. Erfolgt die Zustimmung durch einen Dritten überprüft das Gericht dessen Bevollmächtigung.

Besonderheiten der Zustimmung

Bild von drei Männern in einer Besprechung

In einem Vergleichsangebot wird empfohlen, alle Gläubiger mit einer einheitlichen Vergleichsquote zu berücksichtigen.

Eine Besonderheit gilt bei absonderungsberechtigten Gläubigern. Dies sind Gläubiger, deren Forderungen durch ein Sicherungsrecht gesichert sind. Dieses Recht bringt den Gläubigern den Vorteil, dass Sie bevorzugt (=abgesondert) aus dem Verwertungserlös befriedigt werden. Die bevorzugte Befriedigung kann aufgrund eines Pfand- oder Zurückbehaltungsrechts erfolgen. Die Besonderheit besteht darin, dass das Insolvenzgericht bei absonderungsberechtigten Gläubigern, die nicht gleichzeitig auch Insolvenzgläubiger sind, ein Zustimmungserfordernis anordnen kann. Absonderungsberechtigte Gläubiger sind nur dann als Insolvenzgläubiger anzusehen, wenn Sie als Schuldner ihnen gegenüber persönlich haften. Liegt eine solche persönliche Haftung nicht vor, kann trotzdem das Interesse der Verfahrensfortführung seitens der Absonderungsgläubiger bestehen. Beispielsweise wenn eine Gesamtverwertung der belasteten Gegenstände für die Absonderungsgläubiger von Vorteil wäre. Aus diesem Grund kann das Insolvenzgericht das Zustimmungserfordernis anordnen.

Das Gericht kann ebenfalls über die Erforderlichkeit der Zustimmung von Gläubigern entscheiden, deren Forderung von Ihnen oder dem Insolvenzverwalter bestritten wurden.

Bislang umstritten ist, ob das Gericht im Rahmen der Insolvenzverfahren die nachrangigen Gläubiger zur Forderungsanmeldung auffordern muss. Nachrangige Gläubiger sind etwa Gläubiger von Geldstrafen und -bußen sowie Ordnungs- und Zwangsgeldern. Diese Gläubiger sollten auch zur Zustimmung aufgefordert werden.

Restschuldbefreiung im Insolvenzverfahren möglich

Der BGH hat im Jahr 2011 entschieden, dass Ihnen bei dieser Form der vorzeitigen Verfahrensbeendigung auf Antrag hin durch Vergleich die Restschuldbefreiung zu erteilen ist (BGH, Beschluss vom 29.9.2011 – IX ZB 219/10 –). Vorausgesetzt

  • die von dem Dritten zur Verfügung gestellten finanziellen Mittel und
  • die Insolvenzmasse

gewährleisten die Bezahlung der ausgehandelten Vergleichszahlungen sowie der Verfahrenskosten und sonstigen Masseansprüchen.

Der Insolvenzverwalter muss vor der Verfahrenseinstellung die Verfahrenskosten und die unstreitigen Masseansprüche berichtigen und Sicherheiten für die streitigen Masseansprüche leisten (vgl. § 214 Absatz 3 InsO).

Eine vorzeitige Aufhebung des Insolvenzverfahrens ist für Sie nicht möglich? Erfahren Sie hier alles, was Sie zum Ablauf der Privatinsolvenz wissen müssen.

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Sie haben eine allgemeine Frage zum Thema “Vorzeitige Restschuldbefreiung durch Vergleich in der Insolvenz”? Wir beantworten sie hier kostenlos!

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10 Kommentare
  1. S.  B. .
    says:

    Guten Tag,

    ich befinde mich seit inzwischen 5 Monaten in der Wohlverhaltensphase und habe jetzt die Möglichkeit durch Hilfe eines Familienmitglieds eventuell einen Vergleich durch eine Einmalzahlung anzustreben.
    Ist ein Vergleich auch während der Wohlverhaltensphase möglich?

    Vielen Dank

    Mit freundlichen Grüßen

    • Dr. V. Ghendler
      says:

      Sehr geehrte/r Fragesteller/in,

      ja, ein Vergleich ist auch in der Wohlverhaltensphase möglich. Kontaktieren Sie uns gerne für eine dahingehende Beratung über unser Kontaktformular.

      Mit freundlichen Grüßen

      Dr. V. Ghendler
      Rechtsanwalt, Fachanwalt für Insolvenzrecht

  2. Insolvenz
    says:

    Hallo ich befinde mich seit 2019 in der Insolvenz ich könnte diese verkürzen auf 3 Jahre weil ich monatlich zahle von der Arbeit aus

    Ist es möglich einen Vergleich anzubieten um noch früher aus der Insolvenz zu kommen mein Chef würde mir das Geld geben damit ich daraus bin

    Ich möchte in 2 -3 Jahren unsere Firma übernehmen nur ist es so ein wenig schwierig ich bin bereit zu zahlen damit auch gesehen wird das ich meine Schulden zurückzahlen und nicht nur aufs minimum

    Ich würde mich über eine Antwort sehr freuen

    • Andre Kraus
      says:

      Sehr geehrter Fragesteller,

      ja Sie können sich im Verfahren jederzeit mit den Gläubigern gänzlich einigen, um noch früher die Restschuldbefreiung erteilt zu bekommen.

      Mit freundlichen Grüßen

      A. Kraus
      Rechtsanwalt, Fachanwalt für Insolvenzrecht

  3. Hadi S.
    says:

    Guten Abend

    Ich befinde mich seid drei Jahren in der insolvenz und mittlerweile in der wohlverhaltensphase nun bin ich dabei ein SchuldenVergleich zu machen.
    Weil mir von dritten finanzielle Hilfe versprochen worde.
    Dabei sind 93% der Schulden durch zustimmung der Gläubiger Ok.
    Nun meine Frage:

    Darf mann die restlichen Gleübiger mehr oder ganz zahlen?
    Gilt dann ihre Zustimmung für Aufhebung automatisch ?
    Und das?finanzamt knöpft seine Zustimmung an Zustimmung der andere Gläubiger.
    Kann das Finanzamt nachher mehr wollen?

    Für ihre Antwort bedanke ich mich im vorraus.

    • Dr. V. Ghendler
      says:

      Sehr geehrter Herr S.,

      grundsätzlich braucht es der Zustimmung aller Gläubiger. Die Zustimmung mancher Gläubiger (von absonderungsberechtigten oder nachrangigen Gläubigern) ist hingegen durch das Insolvenzgericht ersetzbar. Dies entscheidet das Insolvenzgericht von Fall zu Fall anders. Die Zustimmung aller Gläubiger kann gleichsam “erkauft” werden, sodass bei der Verhandlung hierüber im Grundsatz nicht allen Gläubigern die gleiche Quote versprochen werden muss. Stimmen alle Gläubiger dem Vergleich zu, auch das Finanzamt, gilt die durch Vergleich den einzelnen Gläubigern angebotene Quote. Damit “erledigen” sich die im Insolvenzverfahren angemeldeten Forderungen. Eine nachträgliche Mehr-Forderung (seitens des Finanzamts) bezüglich der Insolvenzforderungen ist nicht durchsetzbar.

      Mit freundlichen Grüßen

      Dr. V. Ghendler
      Rechtsanwalt, Fachanwalt für Insolvenzrecht

  4. D. D.
    says:

    Hallo,

    ich befinde mich seit ca. 6 Wochen in der Privatinsolvenz.Nun habe ich gehört, dass es möglich
    ist,einen Vergleich im laufenden Insolvenzverfahren zu erreichen.

    Besteht die Möglichkeit den Gläubigern eine höhere Ratenzahlung anzubieten,als der monatliche
    Pfändungsbetrag?
    Oder muss ich den Gläubigern eine einmalige Zahlung anbieten?

    Mit freundlichen Grüßen

    • Dr. V. Ghendler
      says:

      Sehr geehrter Fragesteller,

      in der Tat ist dies möglich. Gerne beraten wir Sie zu dieser Möglichkeit. Rufen Sie uns einfach unter 0221 – 6777 0055 an und vereinbaren Sie eine kostenlose Erstberatung.
      Der angebotene Betrag muss höher sein, als das, was die Gläubiger in der Insolvenz erhalten würden. Alles Weitere hängt vom Einzelfall ab. Wenn Sie durch Zuwendungen Dritter eine Einmalzahlung anbieten können, macht es wenig Sinn, diese auf Raten auf lange Zeit aufzuteilen. Andererseits könnten die Gläubiger davon ausgehen, dass sich Ihr Einkommen im Laufe des Insolvenzverfahrens noch erhöhen wird.

      Mit freundlichen Grüßen

      Dr. V. Ghendler
      Rechtsanwalt, Fachanwalt für Insolvenzrecht

  5. Corrado S.
    says:

    Sehr geehrte Herren Anwälte,
    Seit Juni 2019 ich bin Pensioniert, meine Rente beträgt 1140 Euro monatlich.
    In einem Paar Wochen wird mein Privat Insolvenz abgehoben werden.
    Begonnen 04.09.2013 endet 04.09.2019 ( 6 Jahren ):
    Gläubiger nur 1 Person.
    In diesen 6 Jahren ich habe gearbeitet und jeder Monat von meinem Lohn, habe ich bzw meinen Arbeitsgeber, einen Teil auf Insolvenzverwalter Konto überwiesen .
    Nach meiner Berechnung habe ich auf Insolvenzverwalter Konto, Insgesamt mehr oder weniger 15000 Euro in diesen 6 Jahren überwiesen.
    Frage:
    Wie wird das Geld verteilt?
    Denn wie ich Informiert wurde, erst werden die Gerichtkosten bezahlt, dann der Insolvenzverwalter, und dann die Anwälte und am ende der Gläubiger.
    Frage:
    Was ist mit mir, bin ich frei, oder habe ich noch zu bezahlen?
    Ich Danke Ihnen und hoffe ich auf baldige Rückantwort.

    • Dr. V. Ghendler
      says:

      Sehr geehrter Fragesteller,

      nach Abschluss des Insolvenzverfahrens kommen keine weiteren Kosten auf Sie zu. Sie können dann wieder ganz normal und schuldenfrei leben. Nach Ihren Angaben wurde ja keine Stundung der Verfahrenskosten beantragt, sondern die Verfahrenskosten wurden beglichen.

      Mit freundlichen Grüßen

      Dr. V. Ghendler
      Fachanwalt für Insolvenzrecht

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