2. Der Insolvenzverwalter im englischen Insolvenzverfahren
2.1. Allgemeine Aufgaben
Die Betreuung und Überwachung des Insolvenzverfahrens, also die Zeit zwischen der Eröffnung des Verfahrens und der Erteilung der Restschuldbefreiung, ist Hauptaufgabe des Official Receivers (Insolvenzverwalter).
An manchen Gerichten kommt es vor, dass der Official Receiver (kurz: OR) auch bei Antragseröffnung anwesend ist. Dies stellt jedoch eher die Ausnahme dar.
Der Termin mit dem zuständigen Mitarbeiters des Official Receivers findet in der Regel innerhalb eines Monats nach der Insolvenzeröffnung (Bankruptcy Order) statt. Dieses Gespräch wird protokolliert. Bei diesem Gespräch wird von Ihnen erwartet, dass Sie den Grund und den zeitlichen Ablauf, wie es denn zur Insolvenz gekommen ist, detailliert darstellen. Auch die Gründe, die den Umzug nach England veranlasst haben, sind Thema des Gesprächs.
Der Official Receiver wird den Insolvenzantrag mit Ihnen genauestens durchgehen und eventuelle Missverständnisse im Dialog klären. Auch mit Ihrer Finanzlage wird sich der OR intensiv beschäftigen und das im Antrag angegebene Einkommen mit den Haushaltsausgaben vergleichen sowie alle Angaben anhand der notwendigen Belege prüfen.
Da der Official Receiver während des gesamten Insolvenzverfahrens zuständig ist, bedeutet dies auch, dass er sich während der einjährigen Zeit immer wieder an Sie wenden und nach einer Aktualisierung der derzeitigen Lebenslage fragen kann. Dazu kann der OR z. B. Dokumente wie aktuelle Kontoauszüge, Lohnabrechnungen oder Nachweise zu Miet- und Mietnebenkosten von Ihnen anfordern. Ferner überprüft er regelmäßig, ob sich Ihr Lebensmittelpunkt weiterhin in England befindet.
Des Weiteren hat der Official Receiver die Aufgabe, die Gläubiger über die Eröffnung Ihres Insolvenzverfahrens zu benachrichtigen und die aktuellen Forderungsstände mit den Angaben im Antrag zu vergleichen. Eventuelles Vermögen (Haus, Wertpapiere, Lebensversicherungen etc.) wird vom OR „beschlagnahmt“ und verwertet.
Mindestens einmal nach Verfahrenseröffnung berichtet der Insolvenzverwalter den Gläubigern über das Insolvenzverfahren und Ihre Vermögenssituation (6.73, 6.75 Insolvency Rules 1986).
2.2. Income Payment Agreement
Im Rahmen seiner Tätigkeit muss der Official Receiver unter anderem feststellen, ob pfändbares Einkommen vorhanden ist. Inhaltlich bedeutet dies, dass der OR prüft, ob es zwischen Ihren Einnahmen und Ihren (rechtlich zugelassenen und von ihm anerkannten) Ausgaben zu einem Überschuss von mehr als 20 £ pro Monat kommt. In diesem Fall kann es zu einem Income Payment Agreement (Einkommens-Zahlungs-Abkommen) kommen. Sollte eine entsprechende Vereinbarung nicht zustande kommen, kann das Gericht eine Income Payment Order verhängen, die Ihnen monatliche Zahlungen in Höhe des ermittelten Überschusses auferlegt. Der ermittelte Überschussbetrag wird dann, regelmäßig für eine Laufzeit von 36 Monaten, an den Official Receiver weitergeleitet.
Angemessene Ausgaben sind z. B. Ausgaben für den eigenen Lebensunterhalt, für welche es situationsbedingte Höchstgrenzen gibt, so z.B. bei der Miete. Manchmal wirken sich hierbei die unterschiedlichen Auffassungen im deutschen und englischen Recht aus (so beispielweise beim Kindesunterhalt, der zum Teil nicht in voller Höhe anerkannt wird).
2.2.1. Nil-Tax-Code
Für den Fall, dass Sie in einem Arbeitsverhältnis als Arbeitnehmer stehen, kann der Official Receiver auf einen sogenannten Nil-Tax-Code hinwirken.
Dies bedeutet, dass Sie als Arbeitnehmer für das Steuerjahr, in dem die Insolvenz eröffnet wurde, keine Lohnsteuer zu entrichten haben, sondern nur die Beiträge für die Renten- und Krankenversicherung zahlen. Das dadurch erhöhte Nettoeinkommen wird dann beim Income Payment Agreement berücksichtigt und führt zu höheren Zahlungen an den Official Receiver.
2.2.2. Laufzeit des Income Payment Agreements
Die in der Regel angesetzten 36 Monate des Income Payment Agreements erstrecken sich auch über den Zeitraum der Restschuldbefreiung hinaus. Hinzu kommt, dass der Stichtag des Income Payment Agreements nicht der Tag der Zulassung zum Insolvenzverfahren, sondern der Tag der Unterzeichnung des Income Payment Agreements ist.
Somit kann auch Monate nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens ein Income Payment Agreement geschlossen werden, allerdings nur vor Erteilung der Restschuldbefreiung. Dies hat dann keine Auswirkungen auf die eigentliche 12-monatige Phase bis zur Restschuldbefreiung.
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