Vorsätzlich begangene unerlaubten Handlung

Guten Tag,

bei mir wurde am 26.10.2016 die private Insolvenz eröffnet. Eine Verkürzung auf 5 Jahre wurde rechtzeitig und rechtssicher beantragt und bestätigt.

Folgender Sachverhalt:
Ein gegnerischer RA hat sich seine Forderung von ca. 6000€ mit dem Grund der vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung in die Insolvenztabelle eintragen lassen.

Diesem Grund habe ich rechtzeitig und durch das Gericht schriftlich bestätigt, somit nachweislich widersprochen.

Hintergrund: Der RA hat zwei meiner Opfer vertreten, die in der geforderten Höhe entschädigt wurden.

Mit Schreiben vom 19.08.21 forderte der RA mich auf, einen Zahlungsvorschlag über den Rest der Forderung mitzuteilen. Ihm wurden bereits rund 2270€ vom Insolvenzverwalter überwiesen.

Da ich keine Feststellungklage eingereicht habe (könnte man nur einen Monat nach dem Widerspruch auf den o. g. Grund, was mir nicht bekannt war), bleibt mir nur die
Möglichkeit einer Vollstreckungsgegenklage, sofern der RA einen Vollstreckungsbeschluss erwirkt. Einen Titel (Auszug aus der Insolvenztabelle) besitzt er wohl.

Mir wurde von allen Seiten mitgeteilt, dass der gegnerische RA schlechte Karten hätte, wenn ich auf seinen Vollstreckungsbeschluss eine Gegenklage einreiche.

Wie sind hier Ihre Erfahrungen bzw. wie schätzen Sie meine Chancen bei einer Vollstreckungsgegenklage ein?

Die unten aufgeführte Punkte sprechen nach allg. Auffassung der befragten Personen (Zwei Schuldnerberater im Landgericht Berlin, wo ich 2017 wohnte und ein Anwalt aus Berlin, der mir Beratend bezüglich der Widerspruchs auf den Grund bezogen, beigestanden hat):

Mit freundlichen Grüßen
Peekey

P.S. Da er seine Forderung bereits teilweise erhalten hat, kommen für mich weitere Zahlungen nicht in Betracht, falls Sie eine gütliche Einigung vorschlagen möchten.
Ich bin mir sicher, dass er sein Geld schon vor Jahren über die PKH der Opfer erhalten hat.

1. Die Justizkasse hat Ihre Forderung über ca. 9000 € nicht mit dem o. g. Grund in die
Insolvenztabelle eintragen lassen. Somit werden die Gerichtskosten in vollem Umfang von
der Restschuldbefreiung erfasst. Sie wären sicher nicht so großzügig gewesen, wenn Sie
eine rechtliche Handhabe gesehen hätten, ebenfalls mit dem o. g. Grund die Kosten nach
der Restschuldbefreiung vollstrecken zu können. Und ich bezweifele stark, dass Sie es vergessen haben.
2. Der gegnerische Anwalt hat seine Kosten durch die Gerichtskostenhilfe erstattet
bekommen.
3. Es ist gerade in meinem Fall wichtig, dass die finanzielle Situation geregelt ist und ich in
einem stabilen Umfeld lebe. Mit fast 7000 € Schulden nach der Restschuldbefreiung zu
starten ist da wenig förderlich.
4. Zwei der Opfer wurden voll entschädigt, dass dritte hat bis heute keine Forderungen
gestellt.
5. Bundesgerichtshof, Urteil vom 21. Juli 2011 – IX ZR 151/10 bezieht sich auf Gerichts und
Nebenklagekosten im Strafverfahren
6. Nach Einschätzung der Schuldnerberater am Landgericht Berlin ist die Kernfrage, ob jemand unmittelbar oder mittelbar geschädigt ist. Unmittelbar sind z.B. die Opfer, der RA ist nur mittelbar und damit nicht durch mich geschädigt.
7. Im Insolvenzrecht werden die Schulden aufgezeigt, die von der Restschuldbefreiung nicht berücksichtigt werden. Gerichts- und RA-Kosten stehen wohl, und das durchaus beabsichtigt, nicht in der Auflistung.

www.rechtslupe.de/zivilrecht/restschuldbefreiung-bei-vorsaetzlicher-unerlaubterhandlung-332448

Hier ein Auszug der relevanten Absätze:

Nach materiellem Schadensrecht stellt die vom Beklagten Freistaat zur Insolvenztabelle
angemeldete Forderung keine Verbindlichkeit aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung dar, weil dem Kläger zwar ein Vorsatzdelikt anzulasten ist, der Kostenerstattungsanspruch des Beklagten jedoch nicht aus Deliktsrecht begründet ist.
Wie der Bundesgerichtshof entschieden hat, stellt der Anspruch der Staatskasse gegen einen verurteilten Straftäter auf Ersatz der Kosten des Strafverfahrens gemäß § 465 Abs. 1 Satz 1 StPO keine Forderung aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung dar6. Ein Anspruch aus vorsätzlicher unerlaubter Handlung setzt nicht nur voraus, dass der Schuldner eine unerlaubte Handlung begangen hat, sondern auch, dass der Gläubiger seine Forderung gerade aus dem Recht der unerlaubten Handlungen herleiten kann.

Die Staatskasse ist aber nicht allein aus dem Grund Geschädigter einer unerlaubten Handlung, weil diese zugleich einen Straftatbestand erfüllt hat. Richten sich Straftaten gegen Rechtsgüter im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB, so stehen diese dem Staat nur in Ausnahmefällen wie etwa dem Diebstahl von Staatseigentum zu.

Die materiellen Strafgesetze und die strafprozessualen Kostenerstattungsvorschriften stellen auch keine Schutzgesetze im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB zur Verschonung der Staatskasse vor der Belastung mit den Kosten des Strafverfahrens dar, weil nur
auf den Schutz von Individualinteressen zugeschnittene Bestimmungen Schutzgesetzcharakter haben können.

Die Schaffung von Strafgesetzen dient auch nicht dem Schutz der Allgemeinheit
vor der Belastung mit den Kosten des Strafverfahrens, sondern zieht diese Kosten erst nach sich.

Nichts anderes gilt im Ergebnis für den Anspruch auf Erstattung der notwendigen
Auslagen des Nebenklägers gegen einen verurteilten Straftäter, welchem diese Kosten
gemäß § 472 Abs. 1 Satz 1 StPO auferlegt worden sind. Auch dieser Anspruch ist nicht
aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung begründet, weil die Nebenklagekosten
außerhalb des Schutzbereichs der Deliktstatbestände liegen und daher
schadensrechtlich nicht erstattungsfähig sind.

1 Antwort
  1. Dr. V. Ghendler
    says:

    Sehr geehrter Fragesteller,

    danke für Ihre ausführliche Frage, die ich grundsätzlich in diesem Rahmen wie folgt beantworte:

    Wenn es sich um eine bereits titulierte Forderung handelt, obliegt es tatsächlich leider dem Schuldner, binnen eines Monats die Feststellungsklage zu führen, ansonsten gilt der Widerspruch gegen die Qualifizierung als unerlaubte Handlung als nicht erhoben. Dies ist aber nur dann anwendbar, wenn sowohl die Forderung als auch der Deliktsgrund durch Feststellungsurteil, Vergleich, notarielles Schuldanerkenntnis oder vollstreckbaren Auszug aus der Insolvenztabelle eines früheren Insolvenzverfahrens tituliert sind.
    War die Forderung hingegen nicht tituliert, müsste der Gläubiger selbst die Feststellungsklage führen.
    In dem zitierten BGH-Urteil wurde der Widerspruch gegen eine nicht titulierte Forderung fristgemäß erhoben, es handelt sich somit meines Erachtens um einen anderen Sachverhalt.

    Da der Widerspruch (im Fall einer titulierten Forderung) als nicht erhoben gilt, kommt es meines Erachtens auch nicht mehr darauf an, ob eine Qualifizierung aus unerlaubter Handlung tatsächlich vorliegt oder nicht. Leider kommt es immer wieder zu missbräuchlichen Anmeldungen mit Rechtsgrund der unerlaubten Handlung, weil Gläubiger darauf hoffen, dass die Schuldner dies übersehen und den Widerspruch nicht verfolgen. Neben dem Schuldner könnten auch der Insolvenzverwalter und andere Gläubiger Widerspruch erheben. Wurde all dies unterlassen, besitzt der Tabelleneintrag konstitutive Wirkung, somit sind meines Erachtens die Aussichten für eine Vollstreckungsgegenklage eher gering.

    Ich spreche hier aber nicht direkt aus Erfahrung, da unsere Kanzlei in der Regel keine Beratung zu Vollstreckungsgegenklagen anbietet.

    Mit freundlichen Grüßen

    Dr. V. Ghendler
    Rechtsanwalt, Fachanwalt für Insolvenzrecht

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