Zwang zur Mehrarbeit trotz Festanstellung während der Insolvenz

Sehr geehrte Damen und Herren,

Im Mai 2017 wurde mein Insolvenzverfahren eröffnet.
Ich bin festangestellt, vollzeitbeschäftigt mit 42 Stunden an 6 Tagen im öffentlichen Dienst.
Ich bin weiterhin festangestellt mit einer vom 1.Arbeitgeber genehmigten Nebentätigkeit von derzeit 2,5 Wochenstunden bei einem kommunalen Arbeitgeber.
Beide Einkommen wurden auf Antrag des Verwalters zusammengeführt, der pfändbare Anteil (rund 850,-Euro) wird abgezogen und ausgekehrt der unpfändbare Anteil auf mein P-Konto ausgezahlt.
All das ist für mich vollständig nachzuvollziehen.

Aber ich habe und hatte auch immer wieder Gelegenheit nebenberuflich selbstständig in meinem Beruf zu arbeiten. Als Krankheitsvertretung, bundesweit, wenn ich angefragt werde.
Diese selbstständige Tätigkeit habe ich jetzt eingestellt weil der Verwalter trotz wiederholter Nachfrage noch nicht über eine Freigabe entschieden hat.
Ich habe das den Verwalter wissen lassen und bekam nun folgende Mail von Ihm:

“…mit Verwunderung habe ich Ihre E-Mail zur Kenntnis genommen. Das Absagen von Veranstaltungen mit denen Sie Umsätze generieren können, ist vollkommen inakzeptabel. Noch eine einzige Absage ohne triftigen Grund und Sie verlieren ihre Restschuldbefreiung, weil sie gegen Ihre Mitwirkungspflicht verstoßen (§ 290 Abs. 1 Ziff. 5 InsO).”

Das bedeutet ich muss von meinem P-Konto Geld nehmen, Tanken, Reisekosten ect. vorlegen, in meiner Freizeit arbeiten und wenn dann das Honorar zzgl.Spesenertattung für meine Arbeit auf das P-Konto kommt wird alles ausgekehrt weil keine Freigabe vorliegt.
Im kommenden Jahr muss ich das Honorar noch bei meiner Steuererklärung angeben und versteuern.
Entschuldigung, aber für mich ist das Nötigung, mit dem Druckmittel Versagung der Restschuldbefreiung.
.

Kann man das wirklich von mir erwarten? Wie wehre ich mich dagegen?

4 Kommentare
  1. Andre Kraus
    says:

    Sehr geehrter Fragesteller,

    vielen Dank für Ihren Beitrag. Grundsätzlich sind Sie verpflichtet, im Rahmen Ihrer Erwerbsobliegenheit nach § 287b InsO, eine angemessene Beschäftigung auszuüben. Dieser Anforderung genügen Sie bereits durch Ihre Vollzeitbeschäftigung. Es besteht keine Verpflichtung, eine zusätzliche Mehrarbeit in Form eine selbstständigen Tätigkeit auszuüben.

    Der vom Insolvenzverwalter zitierte § 290 Abs.1 Nr.5 Inso bezieht sich auf Ihre Auskunfts- und Mitwirkungspflichten. Dabei kann die Restschuldbefreiung wegen der Verletzung von Auskunfts- und Mitwirkungspflichten des Schuldners nur versagt werden, wenn die Pflichtverletzung ihrer Art nach geeignet ist, die Befriedigung der Gläubiger zu gefährden, während es nicht darauf ankommt, ob die Befriedigungsaussichten tatsächlich geschmälert worden sind. Aus dieser Vorschrift ergibt sich keine weiterführende Erwerbsobliegenheit.

    Ich empfehle Ihnen den Insolvenzverwalter darauf aufmerksam zu machen, dass die Erwerbsobliegenheit aus § 287b InsO ergibt und Sie diese bereits durch Ihre Vollzeit-Tätigkeit genügen. Eine Verpflichtung zu einer Mehrarbeit darüber hinaus lässt sich nicht aus dem Versagungsgrund des § 290 Abs.1 Nr.5 InsO herleiten.

    Mit freundlichen Grüßen
    Andre Kraus
    Rechtsanwalt

    • Heckel
      says:

      Recht herzlichen Dank für die prompte ausführliche Beantwortung meiner Frage! Nun bin ich etwas beruhigter.

      • Heckel
        says:

        Kann meine selbstständige Tätigkeit denn auch durch das zuständige Insolvenzgericht freigegeben werden. Oder nur durch den Insolvenzverwalter?
        Danke und freundliche Grüße!

        • Dr. V. Ghendler
          says:

          Sehr geehrter Fragesteller,

          die Freigabe obliegt dem Verwalter.

          Mit freundlichen Grüßen

          Dr. V. Ghendler
          Rechtsanwalt

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