Schrottimmobilie – das Versprechen

Immer wieder kommt es vor, dass Anleger mit mehr oder weniger zweifelhaften Methoden durch mehr oder weniger dubiose Vermittler zum Erwerb von Immobilien bewegt werden, deren eigentlicher Wert erheblich unter dem gezahlten Kaufpreis liegt.

Gelockt werden die Anleger mit blumigen Versprechen. Ihnen werden attraktive, langfristig gesicherte Mieteinnahmen und schnelle Wertsteigerungen in Aussicht gestellt, erhebliche Steuerersparnisse dienen dem Paket als eine rosarote Schleife. In Zeiten undurchschaubarer Finanzmärkte gilt das „Betongold“ eben als eine sichere Investition.

Auch die Finanzierung sei im Grunde ein Selbstläufer. Hohes Eigenkapital sei nicht erforderlich, denn die Immobilie werde überwiegend durch einen Bankkredit finanziert. Die dabei anfallenden Raten würden größtenteils von den Mieteinnahmen getragen, übrig bleibe in der Regel eine monatliche Belastung von unter 100 Euro. Diese könne der Anleger in Anbetracht der vielversprechenden Investition getrost in Kauf nehmen. Und schon nach wenigen Jahren lasse sich die Immobilie gewinnbringend verkaufen.

Es klingt alles sehr plausibel. Und da die Bank häufig auch mit am Tisch sitzt und die Immobilie zuvor besichtigt und als finanzierungswürdig eingestuft hat, fällt die Entscheidung leicht.

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Die Kernpunkte in Kürze

  • viele Immobilien erweisen sich als Schrottimmobilien

  • Banken beraten oftmals falsch

  • hohe Provisionen werden verschwiegen

  • Bank und der Notar haften für falsche Beratung

  • Widerruf der Darlehensverträge auch hier möglich

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Schrottimmobilie – die Realität

So schön ist es in der Realität aber dann doch nicht. Häufig wird bei der Beratung schöngerechnet. Wichtige Kostenpunkte, wie zum Beispiel die aufzubringenden Rücklagen für die Instandhaltung der Immobilie, sind in der Kalkulation nicht enthalten. Ebenso wenig die Sanierungskosten, die bei den meist nur kosmetisch renovierten Wohnungen sich schnell auf fünfstellige Beträge belaufen können. Zieht der Mieter aus, ist das endgültige Fiasko in der Regel vorprogrammiert. Nachmieter lassen auf sich warten, denn die erworbenen Immobilien befinden sich nicht selten in strukturschwachen Gebieten mit einem übersättigten Wohnungsmarkt. Nicht auf sich warten lässt indes die Bank. Sie verlangt die Bedienung des Kredits. Und der scheinbar letzte Ausweg, der Verkauf der Immobilie, entpuppt sich schnell als eine Sackgasse. Denn eine Schrottimmobilie lässt sich kaum verkaufen und schon gar nicht zu einem Preis, mit dem der Bankkredit getilgt werden könnte.

Als Spezialisten auf dem Gebiet der Privatinsolvenz wissen wir zu gut, worin eine solche Notlage häufig mündet.

Schrottimmobilie – die Lösung

Die Sache ist noch nicht verloren. An den Verkäufer kommen Sie zwar nicht mehr heran, meist existiert die verantwortliche Gesellschaft gar nicht mehr, allerdings ist die finanzierende Bank in aller Regel noch da. Und genauso noch aktiv ist meistens der Notar, der den Vertrag beurkundet hat. Das sind Parteien an die sich betroffene Anleger mit ihren Schadensersatzforderungen wenden kann.

Die Bank

Gegen die Bank lässt sich der Angriff aus zwei möglichen Richtungen führen. Manchmal lassen sich die Vorgehensweisen auch kombinieren.

Der Widerrufsjoker

In der heutigen Bankenlandschaft scheint der Widerrufsjoker eine Art Wunderwaffe zu sein. Mit seiner Hilfe lassen sich Darlehen rückabwickeln, die vor Jahren zu ungünstigen Konditionen abgeschlossen wurden. Kaum merkliche Fehler in der Widerrufsbelehrung machen den vorzeitigen Ausstieg möglich.

Für die Zukunft bringt der Widerrufsjoker die Befreiung von den hohen Zinsen, für die in der Vergangenheit gezahlten Raten kann der Anleger nach der aktuellen Rechtsprechung des BGH von der Bank selbst eine Verzinsung verlangen. Dieser Weg bringt häufig eine Entlastung im fünfstelligen Bereich. Und wenn es sich bei dem Kauf der Schrottimmobilie und dem Darlehensvertrag um ein so genanntes verbundenes Geschäft handelt, dann kann unter Umständen auch der Erwerb der Immobilie rückgängig gemacht werden.

Der Schadensersatz

Damit sind die Möglichkeiten aber noch nicht erschöpft. Denn man muss sich doch fragen, warum eine geschäftserfahrene Bank einen Kredit in häufig sechsstelliger Höhe für eine Immobilie vergibt, die, realistisch betrachtet, nur einen Bruchteil dieser Summe wert ist. Dass eine Bank, für die die Vergabe von Immobilienkrediten zum Kerngeschäft gehört, sich selbst über den tatsächlichen Wert der Immobilie getäuscht hat, ist kaum vorstellbar. Vielmehr muss unterstellt werden, dass die Bank am Erlös für die Immobilie profitiert hat. Daher ist es nur folgerichtig, dass sie auch für die Verluste zur Verantwortung gezogen werden muss.

Denn zwischen der Bank und dem Käufer besteht in der Regel ein Vertrauensverhältnis. Hat ein Mitarbeiter der Bank die Immobilie besichtigt und hält er denn Kaufpreis für angemessen, darf sich der Anleger darauf verlassen. Wird das Vertrauen missbraucht, kann der Anleger von der Bank Ersatz für die entstandenen Schäden verlangen.

In Betracht kommt ferner eine Beratungshaftung. Denn bei Kapitalanlagen ist die Bank verpflichtet, über die möglichen Risiken wie erhöhten Sanierungsbedarf, sinkende Mieteinnahmen oder Leerstand zu informieren.

Ferner ist der Berater verpflichtet, Sie über die von ihm kassierten Vermittlungsprovisionen zu informieren, falls diese über 15% Ihrer Investition betragen. Diese Verpflichtung hat der BGH mit seinem Urteil vom 23. Juni 2016 – III ZR 308/15 bestätigt. Nach der begrüßenswerten Entscheidung des BGH ist die Information über eine Provision in solch beträchtlicher Höhe für die Investitionsentscheidung zentral. Denn die wenigsten Käufer würden eine Immobilie erwerben, wenn Sie wüssten, dass 15% der Kaufsumme nicht in das Objekt, sondern auf das Konto der Bank fließt.

Der Notar

Auch der Notar, der den Kaufvertrag beurkundet hat, kommt als ein möglicher Schadensersatzpflichtiger in Betracht. Es besteht eine gesetzliche Regelung, dass der Kaufvertrag in der Regel 14 Tage vor Unterzeichnung dem Käufer vorliegen muss (§ 17 Abs. 2a Beurkundungsgesetz). Denn der Käufer soll die Gelegenheit bekommen, sich mit dem Inhalt des Vertrages in Ruhe auseinanderzusetzen und sich seine Entscheidung gründlich überlegen. Auf die Einhaltung dieser Frist hat der Notar zu achten. Tut er das nicht, kann er nach der Rechtsprechung des BGH (III ZR 121/12) von dem Käufer auf Schadensersatz in Anspruch genommen werden.

Die 14-tägige Frist wird beim Kauf von Schrottimmobilien in der Regel unterschritten. Es kommt häufig vor, dass die notarielle Beurkundung schon am gleichen Tag erfolgt, an dem der Anleger von der Immobilie überhaupt erfährt. Die Erweckung des Eindrucks von Hektik ist ein beliebtes Mittel beim Vertrieb von Schrottimmobilien. Leider gibt es immer wieder solche “Mitternachtsnotare”, die mit unseriösen Vermittlern zusammenarbeiten.

Zu beachten ist lediglich, dass die Notarhaftung subsidiär ist. Das heißt, dass der Betroffene sich zunächst an die primär Verantwortlichen, also den Verkäufer und ggf. den Anlageberater halten muss. Ist der Verkäufer aber insolvent und die Ansprüche gegen den Anlageberater fraglich, ist der Weg für die Inanspruchnahme des Notars frei.

Fazit

Käufer von Schrottimmobilien sollten sich fachkundig beraten lassen. Mit kompetenter Hilfe lassen sich die Verluste wenn nicht gleich vollständig beseitigen, so doch erheblich beschränken.

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Dr. V. Ghendler ist Verbraucheranwalt und Partner unserer Kanzlei. Als Experte für Verbraucherrechte vertritt er mit seinem spezialisierten Team bundesweit die Interessen von Mandanten gegen Banken und Großkonzerne.

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