Chancen und Schwächen
Natürlich funktioniert dieses System nicht nur für Uhren. Es ist übertragbar auf Wertpapiere, Häuser und Geld. Banken und Aufsichtsbehörden wird damit eine lückenlose Beweiskette sämtlicher Transaktionen an die Hand gegeben, Steuerhinterziehung wäre ohne weiteres aufdeckbar. In Internetforen wird sogar diskutiert, ob die Blogchain-Technologie eines Tages dafür sorgen kann, politische Wahlen vom heimischen Sofa aus möglich – und vor allem manipulationssicher – zu machen. Auch die dezentrale Dokumentation von Gesundheitsdaten ist denkbar. Für Banken hätte die Umstellung auf die Distributed Ledger Technologie auch finanzielle Vorteile: Buchung und Authentizitätsprüfung würden durch die beteiligten Datenzentren vorgenommen, jegliche Kontrolle liefe über das System und nicht über den Menschen. Damit würden Kosten drastisch sinken. Was eine Chance für die Finanzwelt darstellt, kann aber eine Gefahr für die Mitarbeiter sein. Jedoch ist der Umstieg teuer und Blockchain erfüllt noch lange nicht alle notwendigen Voraussetzungen:
- Eine Verrechnung von Transaktionen ist noch nicht möglich
- Ebenso keine Korrektur im Nachhinein, Fehler können nicht ausgemerzt werden, was sich Kriminelle zunutze machen können
- Eine gesetzliche Regelung zur Eigentumsübertragung fehlt bisher (Wird vermerkt, auch wenn noch keine Übergabe erfolgt)
- Außerdem hat die Bitcoin-Technologie bei Weitem nicht die Kapazitäten für den Finanzmarkt
Eine weitere Schwäche der Distributed Ledger Technology sieht die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin). Sie moniert das Fehlen einer zentralen Verhaltens- oder Vorschrifteninstanz zur Sicherung der Einhaltung von bestimmten Vorschriften. Hierzu zählen etwa Vorschriften zur Geldwäscheprävention, Governance & Compliance, Clearing & Settlement.
Revolution der juristischen Welt?
Die Blockchain beruht auf der sogenannten Distributed Ledger Technologie, hierbei geht es um eine Art erweiterbare Liste von Datensätzen.
Nicht nur der Finanzmarkt könnte sich durch die Blockchain-Technologie verändern. Denkbar ist auch eine Revolution der Rechtsberatung. Blockchains bieten wie bereits erwähnt die Möglichkeit, zentrale Register zu erstellen. Herkömmliche Register wie das Handelsregister, das Güterrechtsregister oder das Grundbuch könnten auf lange Sicht überflüssig werden. Das Grundbuchamt Honduras bediente sich mit eher zweifelhaftem Erfolg an der Blockchain, auch das Blockchain-Verwaltungssystem in Estland wird kontrovers diskutiert. Sogenannte Smart Contracts – digitale Transaktionsprotokolle, die die Bestimmungen eines Vertrages überwachen – könnten die Zukunft der Arbeit von Kanzleien bestimmen. Ein automatisierter Vorgang beim Abschluss von Verträgen, welche durch die Datenbank kontrolliert würden, könnten das Hinzuziehen eines Rechtsbeistandes in vielen Fällen entbehrlich machen. Die Durchsetzung der Rechte erfolgt schließlich automatisiert. Technische Kenntnisse gewännen an Bedeutung für die juristische Ausbildung.
Offene Fragen bleiben
Viele rechtliche Probleme sind im Bereich der Blockchain-Technologie allerdings noch nicht geklärt. So stellen sich Fragen zu der Besteuerung, dem Staatsaufsichtsrecht, sowie der Haftung bei Datenverlust. Welche Rechtsform haben Blockchainorganisationen und wie sieht die Vereinbarkeit der Terms of Use mit dem europäischen Recht aus? Insgesamt – wie wird die Einhaltung allgemeiner Standards gewährleistet und kontrolliert?
Die Entwicklung zeigt, dass künftig vermutlich viele Blockchains und Kryptowährungen nebeneinander existieren können. Es müssen also rechtliche und praktische Maßstäbe gesetzt werden, die die Interoperabilität dieser gewährleisten können. Bitcoin und andere Digitalwährungen stellen Behörden vor eine Herausforderung. Was aktuell als „Finanzinstrumente in Form von Recheneinheiten“ bezeichnet wird, hat keinen rechtlichen Status. Eine Klärung der rechtlichen Rahmenbedingungen – möglichst auf internationaler Ebene – erscheint unumgänglich.
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