Widerrufsjoker bei Immobilienkrediten – eine unendliche Geschichte

Widerrufsjoker für Immobiliendarlehen sticht weiter

Die als Widerrufsjoker in die jüngste Wirtschaftsgeschichte eingegangene Rückabwicklung von Kreditverträgen aufgrund von fehlerhaften Widerrufsbelehrungen hat die Banken hunderte Millionen, möglicherweise sogar Milliarden gekostet. Immobilienbesitzer im gesamten Bundesgebiet haben so aktiv von ihren gesetzlichen Rechten Gebrauch gemacht, dass der Gesetzgeber auf Druck der Bankenlobby diese gesetzlichen Rechte abschaffen musste. Altverträge (21.01.2002 – 10.06.2010) sollten nicht mehr widerrufbar sein.

Die Verfassungsmäßigkeit der Gesetzesänderung darf freilich angezweifelt werden. Unsere Kanzlei hat bereits vor geraumer Zeit bei dem Bundesverfassungsgericht eine Verfassungsbeschwerde eingereicht. Leider weiß man, wie es um die Geschwindigkeit der Mühlen der Justiz bestellt ist.

Jedenfalls hatte der Bundestag hinsichtlich neuerer Verträge (ab dem 11.06.2010) keine Einschränkung für den Widerrufsjoker getroffen – ob bewusst oder unbewusst, lässt sich nicht feststellen – und so werden diese Kredite weiterhin widerrufen.

Möglicherweise hat der Gesetzgeber es aber doch nicht geschafft, dem Widerrufsjoker für Altverträge den Garaus zu machen. Wie so häufig, lohnt hier der genaue Blick in das Bürgerliche Gesetzbuch.

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Widerruf – Fehlende Vertragsunterlagen

Gemäß § 356b Abs. 1 BGB a.F. muss der Darlehensgeber dem Darlehensnehmer eine für diesen bestimmte Vertragsurkunde, den schriftlichen Antrag des Darlehensnehmers oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder seines Antrags zur Verfügung gestellt haben. Diese Anforderungen ergaben sich für Darlehensverträge aus der Zeit vor dem 10.06.2010 bereits aus dem Text der Widerrufsbelehrung. Verstößt die Bank gegen diese Pflichten, beginnt die Widerrufsfrist nicht zu laufen. Das gilt für Altverträge (bis 10.06.2010)  genauso wie es für Neuverträge (nach 10.06.2010)  gilt.

Keine Vertragsurkunde

Unter einer Vertragsurkunde ist nach Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ein von beiden Vertragsparteien unterzeichnetes schriftliches Original des Vertrags zu verstehen.

Kaum ein Kreditnehmer wird in seinen Unterlagen eine sowohl von ihm als auch von der Bank unterschriebene Ausfertigung des Kreditvertrages, die eigentliche Vertragsurkunde, finden. Insbesondere bei Darlehen mit überregional tätigen Banken wie der DSL-Bank oder der ING-Diba, wo die gesamte Kommunikation über Internet erfolgt, war dies nicht der Fall. Hier erhält der Kreditnehmer zwei Blanko-Vertragsexemplare, in der Regel behält er dann nur eine für ihn bestimmte Ausfertigung ohne Unterschriften, das zweite Exemplar sendet er unterschrieben zurück an die Bank. Diese sendet ihm dann meist ein separates Annahmeschreiben.

Es bleibt also zunächst festzuhalten, dass es bei zahlreichen Kreditverträgen an einer Vertragsurkunde fehlt, wie der Bundesgerichtshof sie einfordert.

Auch kein Vertragsantrag

Doch wie verhält es sich mit einem schriftlichen Darlehensantrag, dessen Verbleib beim Verbraucher ebenfalls genügen würde, um den Lauf der Widerrufsfrist in Gang zu setzen? Auch daran dürfte es in einer Vielzahl der Konstellationen fehlen. Denn genau diesen unterschriebenen Darlehensantrag sendet der Verbraucher an die Bank zurück. Das bei ihm verbleibende Exemplar unterschreibt er in aller Regel nicht.

Keine Abschriften

Die bei dem Kreditnehmer verbleibenden Dokumente können auch keine Abschrift sein, weil es ja noch weder eine Vertragserklärung noch erst recht einen Vertrag gibt.

Beweislast liegt bei der Bank

Bei dieser Betrachtung hat die Bank ein ziemliches Problem. Unter Berücksichtigung der hohen Anforderungen des Verbraucherschutzes, hängt die Widerrufsfrist bei einem Kreditvertrag nämlich nicht nur davon ab, dass der Verbraucher über seinen Inhalt informiert ist. Vielmehr muss ihm auch ein Dokument vorliegen, welches seine eigene in der Unterschrift manifestierte Vertragserklärung enthält. Dass letzteres der Fall war, muss die Bank im Zweifel darlegen und beweisen. Und das wird ihr in der Regel nicht gelingen.

Aussichten

Bislang lag der Fokus bei Kreditwiderrufen klar auf Fehlern in der Widerrufsbelehrung. Die Thematik der fehlenden Vertragsunterlagen wurde von den Gerichten noch nicht gewürdigt. Besonders positiv können daher die Zeichen gedeutet werden, die das Landgericht München I kürzlich bei einer Verhandlung über einen typischen Widerruf eines Genossenschaftsbankskredits an die Banken sandte: Da dem Verbraucher weder eine Vertragsurkunde, noch seine schriftliche Vertragserklärung, noch eine Abschrift dieser Unterlagen zur Verfügung gestellt wurde, könne er den Kredit unabhängig von den Fehlern der Widerrufsbelehrung widerrufen.

Auch wenn die Entscheidung des LG München I bislang ein Einzelfall ist, könnte sie äußerst weitreichende Folgen haben. Jedenfalls zeigt sie, dass der Widerrufsjoker nicht totzukriegen ist.

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