Die Berechnungsmethoden
Die meisten Verträge enthalten eine Angabe zum Tageszinssatz. Allerdings legen die Banken diesem eine alte Berechnungsmethode zugrunde, welche unter Umständen zu einem falschen Ergebnis führt. In der Tat gibt es heutzutage mehr als nur eine Möglichkeit, diesen Zinssatz zu berechnen. Bei Banken beliebt ist die (altbewährte) deutsche kaufmännische Zinsberechnungsmethode, welche für jeden Monat 30 Zinstage und für das Jahr 360 Zinstage veranschlagt. Geläufig ist diese Methode unter dem Stichwort „Bankjahr“. Andere Zinsmethoden stellen auf 365 Tage beziehungsweise die tatsächliche Anzahl der Tage ab(Effektivzinsmethode, englische Zinsmethode). Die Effektivzinsmethode ist Bestandteil der ISMA Rule 25. (ISMA = International Securitis Market Association). Der Unterschied: Verschiedene Tageanzahlen beim Basisjahr. Während diese in vielen EG-Ländern gesetzlich vorgeschrieben ist, findet sich in einem großen Teil der Widerrufsbelehrungen weiterhin die deutsche kaufmännische Berechnungsmethode. Der angegebene Tageszinssatz ergibt sich damit aus folgender Gleichung:
Deutsche kaufmännische Methode:
vollständige Valuta ÷ 100 × Nominalzins ÷ 360 (Tage) = Summe der Tageszinsen in €
Dem gegenüber steht folgende Zinsmethode:
Effektivzinsmethode:
vollständige Valuta ÷ 100 × Nominalzins ÷ 365/366 (Tage) = Summe der Tageszinsen in €
Die besseren Argumente sprechen dafür, dass der Berechnung 365, beziehungsweise 366 Tage (eben die tatsächliche Zahl) zugrunde gelegt werden müssen. Das würde jede Widerrufsbelehrung fehlerhaft machen, in der mit 360 Tagen gerechnet wird. Zwar ist die deutsche kaufmännische Methode in der Rechtsprechung weitestgehend gebilligt. Das sorgt aber noch lange nicht dafür, dass ein dahingehender allgemeiner Handelsbrauch besteht (Beck Online: Großkommentar BGB § 488). An einer gesetzlichen Regelung der Zinsberechnungsmethode fehlt es. Deswegen stellt sich die Frage: Darf die Zinsberechnungsmethode frei gewählt werden?
Der Gesetzgeber des BGB und des HGB kannte um 1900 nur eine Berechnungsmethode – nämlich die deutsche kaufmännsiche. Zurückzuführen war deren Gebrauch auf einfache Umstände. In Ermangelung kompakter Rechenmaschinen suchte man nach möglichst einfachen Rechnungsmodellen. Das 18. Und 19. Jahrhundert war von Kalenderreformen geprägt. Im Ergebnis konnte nur eine pauschale Zinsberechnungsmehtode zu Rechtssicherheit führen. Heutzutage hingegen ist es ein Leichtes, Zinstage kalendergenau zu bestimmen. Eine kalendermäßige Unsicherheit, die ausgeglichen werden muss? Fehlanzeige. Warum also an der deutschen kaufmännischen Methode festhalten, wenn eine exakte Berechnung nicht nur möglich, sondern spielend leicht und gleichzeitig auch transparenter ist? Der technische Fortschritt zeigt: Die Effektivzinsmethode ist weitaus zeitgemäßer als die deutsche kaufmännische Methode (Quelle: zinsmethoden.de).
Zudem geht die Verwendung der deutschen kaufmännischen Methode vorliegend signifikant zulasten des Verbrauchers, er hätte für den gleichen Zeitraum einen zu hohen Betrag zu entrichten. Eine Vereinbarung der Berechnungsmethode kann auch inter partes geschehen – beispielsweise durch eine individualvertragliche Abrede oder durch AGB. Die AGB der Berliner Sparkasse, die wir exemplarisch untersucht haben, weist lediglich unter der Überschrift „Einlagengeschäft“ einen Hinweis auf, dass für die Zinsberechnung jeder Monat zu 30 Tagen gerechnet wird. Damit wird die deutsche kaufmännische Methode zwar zugrunde gelegt, eine ausdrücklichere Formulierung wäre aus Gründen der Transparenz nicht nur wünschenswert, sondern zwingend. Selbst wenn die 360-Tage-Rechnung in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen aufgeführt ist, muss ein mündiger Verbraucher, der von einem 365-Tage-Jahr ausgeht, mit einer solchen Klausel rechnen? Eine solche Klausel könnte intransparent oder überraschend sein und den Verbraucher insoweit benachteiligen.
Insofern könnte dessen Vertrauen auf einen geringeren Tageszinssatz schutzwürdig sein.
Ein weiterer Anhaltspunkt dafür, dass der Berechnung des Tageszinssatzes der Parameter „365 Tage“ zugrunde gelegt werden sollten, ist § 191 BGB, der zur Berechnung von Zeiträumen ebenfalls 365 Tage heranzieht. Es ist somit davon auszugehen, dass der Effektivzinsmethode Vorzug gegeben werden sollte.
Die Folge: Widerrufsjoker sticht bei falschem Tageszinssatz
In der Konsequenz sind sämtliche Widerrufsbelehrungen, die sich auf die 360-Tage-Formel stützen, als fehlerhaft anzusehen. Sie weisen einen zu hohen Tageszinssatz auf. Darlehensnehmern ist deswegen zu raten, ihre Darlehensverträge überprüfen zu lassen. Unsere Kanzlei ist nach der Durchführung von mehr als 500 Verfahren, sowohl außergerichtlich als auch gerichtlich im Bereich des Darlehenswiderrufs sehr erfahren und weiß, worauf es bei der Verhandlung mit der Bank ankommt. Wir übernehmen sowohl die Kommunikation mit der Rechtsschutzversicherung wie auch mit dem betreffenden Kreditinstitut. Nutzen Sie die Möglichkeit eines kostenlosen Erstberatungsgesprächs und lassen Sie die Chancen und Risiken eines Widerrufs kompetent einschätzen.
Sehr geehrte Damen und Herren,
bezüglich der “fehlerhaften Zinsberechnungsmethode mit 360 Tagen” in Kreditverträgen gibt es nach meiner Kenntnis nur LG bzw. OLG Entscheidungen. Gibt es diesbezüglich eine BGH Rechtsprechung oder wann kann mit einer solchen gerechnet werden?
Vielen Dank!
mfg
Steffen Höppner
Sehr geehrter Herr Höppner,
wir werden auf unserer Webseite über aktuelle Entwicklungen berichten. Ein Urteil des BGH zum Widerruf von Autokrediten wird in Kürze erwartet.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. V. Ghendler
Rechtsanwalt