FinTechs – der Finanzmarkt digitalisiert sich

Start-Ups erobern die Finanzbranche

In Zeiten der zunehmenden Digitalisierung machen Neuerungen auch vor dem Finanzmarkt nicht Halt.

Im Bereich der Finanzdienstleistungen sprießen immer neue Unternehmen aus dem Boden. Sogenannte FinTechs (financial services and technology) bringen den Markt durcheinander. Sie bieten – gestützt auf die weite Verbreitung mobiler Endgeräte – schnelle Möglichkeiten für den Verbraucher, Bezahlvorgänge ohne Mittelsmann abzuschließen oder Beratungsmöglichkeiten in Anspruch zu nehmen. Hierbei verfolgen sie den Ansatz „Banking is necessary, banks are not.“ (Bill Gates). Anzufinden sind die Fintechs vor allem in den Bereichen Zahlungsverkehr (25 %), gefolgt vom Kreditgeschäft (14 %), Geldanlagen (13 %) und Kontoführung (10 %), wie McKinsey beobachtet hat. Deutschlandweit gibt es etwa 400 FinTechs. Der World Retail Banking Report 2016 der Management-Beratung Capgemini stellt fest, dass mittlerweile 66 % der deutschen Bankkunden FinTech-Dienstleistungen in Anspruch nehmen.

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FinTechs: Innovation als Konkurrenz

Für etablierte Marktteilnehmer wie die Banken stellen die FinTechs eine nicht zu unterschätzende Bedrohung dar. Ihr Ansatz ist es, das Leben zu vereinfachen, Umwege zu eliminieren und Abläufe zu optimieren. „Keine Filiale kann so nah sein wie das Smartphone“, so Arno Walter, Vorstandsvorsitzender der Comdirect-Bank. Die Start-Ups sind schnell, innovativ und effektiv. Sie nutzen die fehlende Flexibilität der Banken. So hatte PayPal vor Jahren bereits ein Konzept entwickelt, das den privaten Zahlungsverkehr revolutionierte. Bis die Banken nachgezogen waren und ein entsprechendes deutsches Projekt – nämlich Paydirekt – anbieten konnten, verging einige Zeit. Schließlich haben die meisten Anbieter den Banken gegenüber einen entscheidenden Vorteil: Sie unterliegen nicht der Finanz- sondern lediglich der Gewerbeaufsicht. Diese Tatsache ist dem Umstand geschuldet, dass die FinTechs meist keine Banklizenz haben- ein Unterfangen, das Zeit und Geld in Anspruch nimmt. Da gerade Start-Ups jedoch oft beides fehlt, nähern sich viele FinTechs den Banken an, die eine Lizenz haben. Dieser Lizenz bedürfen nach § 32 Abs. 1 KWG an die Unternehmen, die Bankgeschäfte gewerbsmäßig oder in einem Umfang, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, im Inland betreiben will. Die Bankgeschäfte sind in § 1 Abs. 1 S. 2 KWG abschließend aufgezählt. Eine Banklizenz zu erhalten scheitert nicht selten an bürokratischen und finanziellen Hürden. Ein Gegenbeispiel hierzu ist N26. Das Finanzstartup, das zunächst unter dem Namen Number26 firmierte hat nun eine Vollbank-Lizenz von der Finanzaufsicht Bafin und der EZB erhalten. Damit kann es nun weitestgehend unabhängig von seinem Partner der Wirecard Bank AG agieren. Es zeichnet sich also eine Entwicklung ab. Dennoch besteht aufgrund der starken Kundenbindung der Banken noch keine akute Gefährdung der Marktanteile.

Gesetzesänderungen fördern Crowdinvesting

Auch die Möglichkeiten der Finanzierung verändern sich durch den technischen Fortschritt. Die Schwarmfinanzierung nimmt einen immer größeren Stellenwert ein. Hierunter versteht man die Finanzierung von Projekten durch eine größere Menge Anleger. Im Bereich der Schwarmfinanzierung gibt es unterschiedliche Modelle, so zum Beispiel das Crowdinvesting, bei welchem private Anleger entweder einen festen Zinssatz erhalten oder aber über einen erfolgsabhängigen Zinssatz beteiligt werden. Typischerweise wird das Kapital über Internetplattformen gesammelt. Neue Regelungen spielen den FinTechs hier in die Karten.
Denn seit knapp einem Jahr ist das Kleinanlegerschutzgesetz in Kraft und erleichtert die Prozesse im Crowdfunding ungemein. Mit der Einführung von § 2a Vermögensanlagengesetz (VermAnlG) wurden bestimmte Anbieter von der Prospektpflicht befreit. Hierunter versteht man eine umfassende Information über den Emittenten und das betreffende Produkt, die durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen gebilligt werden muss. Ohne eine derartige Billigung darf eine Vermögensanlage nicht öffentlich angeboten werden. Die Prospekterstellung ist nicht nur zeit- sondern auch kostspielig. Durch die Einführung des § 2a VermAnlG wurde dieses Erfordernis gelockert. Infolgedessen haben Start-Ups die Möglichkeit, schnell und unkompliziert an Kapital zu kommen, das für die Geschäftsaufnahme, aber auch für neue Projekte genutzt wird. Selbstverständlich muss auch ein Unternehmen, das die Voraussetzungen des § 2a VermAnlG erfüllt, andere Vorschriften des Gesetzes einhalten. So muss es beispielsweise ein Vermögensanlageninformationsblatt anfertigen, um ein Mindestmaß an Transparenz zu wahren (vgl.: § 13 VermAnlG). Verlockenden Renditen stehen allerdings hohe Verlustrisiken entgegen. So scheidet jedes dritte Start-Up innerhalb der ersten drei Jahre wieder aus dem Markt aus. In einem solchen Fall wäre die Geldanlage verloren. Möglich ist aber auch die Vereinbarung eines sogenannten Nachrangdarlehens. Im Fall einer Pleite des Unternehmens befindet sich der Kleinanleger im Rang zwischen klassischen Fremdkapital- und Eigenkapitalgebern. Das bedeutet im Fall der Zahlungsunfähigkeit, dass andere Gläubiger zuerst bedient werden, was wiederum ein gesteigertes Risiko für den Anleger bedeutet. Nachrangdarlehen bieten außerdem Großinvestoren die Möglichkeit, die Crowdinvestoren herauszukaufen, wenn sie in dem Start-Up Potenzial sehen. Schließlich macht das Nachrangdarlehen sie nicht zu Teilhabern, sondern schlicht zu Gläubigern des Unternehmens. Trotz der aufgewiesenen Mankos sorgt diese Änderung für neue Dimensionen der Flexibilität im Bereich der Finanzierung.

Erfolgreiches Crowdinvesting bei Immobilienfinanzierung

Der World Retail Banking Report 2016 der Management-Beratung Capgemini stellt fest, dass  66 % der deutschen Bankkunden FinTech-Dienstleistungen nutzen.

Diese Chance hat sich ein Hamburger FinTech zu Nutze gemacht und wurde hierfür mit dem Immobilien Manager Award 2016 in der Kategorie Finanzierung ausgezeichnet. Exporo baute das erste schwarmfinanzierte Mehrfamilienhaus. Schon ab einem Betrag von 500 € war es privaten Anlegern möglich, sich an einem Bauvorhaben in Form eines zweckgebundenen Beteiligungsdarlehens zu beteiligen. So kamen 2,1 Millionen Euro zusammen, die mit einer Verzinsung von 6 Prozent pro Jahr zurückgezahlt werden sollen. Überzeugt hatte das Unternehmen, weil es gleich zwei Personengruppen neue Perspektiven gab:
Zum einen private Anleger, denen eine Beteiligung an Bauvorhaben zuvor verwehrt blieb. Zum anderen wird damit aber auch kleineren Bauprojekten, denen es bisher schwerfiel, einen Kapitalgeber zu finden, eine neue Finanzierungsmöglichkeit eröffnet. Dies ist ein herausragendes Beispiel für innovative Leistungen, die FinTechs erbringen können, Banken jedoch aktuell noch nicht.

FinTechs suchen die Nähe der Banken

Was zunächst nach echter Konkurrenz im Bankensektor aussah, entwickelt sich mehr und mehr zu einer synergetischen Beziehung. Im Interesse des Kunden liegt es nämlich gerade nicht, ein Sammelsurium an Finanzdienstleistungen zu haben. Ein Überblick ist ihm wichtig, er strebt eine Zusammenführung der Angebote an, Kredit, Konto und Depot hat er am liebsten gebündelt. Das sogenannte Rebundling bringt die Banken hier wieder ins Spiel. FinTechs suchen die Nähe der Banken, um von den Vorteilen zu profitieren. Kooperation statt Konkurrenz lautet die Devise.

Banken ziehen nach

Dass die Digitalisierung auch im Finanzsektor Vorteile bieten kann, haben mittlerweile auch die klassischen Banken erkannt. Laut dem World Retail Banking Report 2016 sehen beinahe zwei Drittel der Führungskräfte in Banken es als notwendig an, Fintechs als Partner zu betrachten. Die Kombination aus einer starken Kundenbasis und Expertise der Banken mit der Innovation und dem Tempo der FinTechs sieht vielversprechend aus. Die Banken scheinen sich den Herausforderungen der Digitalisierung zu stellen. So hat die Deutsche Bank nun eine Digitalfabrik eröffnet. Gebündelt in einem Frankfurter Industriegebiet tüfteln Softwareentwickler, IT-Spezialisten und Bankexperten an digitalen Angeboten. Rund 400 Mitarbeiter aus 14 Nationen sollen hier Produkte und Software entwickeln. Auch Platz für FinTechs wurde hier eingeplant. Die Deutsche Bank arbeitet bereits mit sieben von ihnen zusammen, darunter figo, DSwiss und webID. Das ehrgeizige Ziel: Die Deutsche Bank will im Wettbewerb um Ideen und Technologien zu den Vorreitern zählen, es gilt nicht auf die Digitalisierung zu reagieren, sondern sie aktiv zu gestalten. So Christian Sewing, Mitglied des Vorstands, der in seiner Rede auch betonte, wie wichtig Tempo bei dem Kampf um Marktanteile sei. Erstes digitales Produkt der Fabrik war die App „Deutsche Bank Mobile“, die es erlaubt, Geldtransfers mit Freunden und Bekannten vorzunehmen. Auch das kontaktlose Bezahlen in Geschäften steht auf der Agenda.
Sewing kündigt einen Umbruch in der Branche an, der mindestens so tiefgreifend wie die Finanzkrise sei.

Konsequenzen der Digitalisierung auf lange Sicht

Die Entwicklungen im Bereich der FinTechs schreiten stetig voran und werden langfristig den Bankensektor und unseren Zahlungsverkehr revolutionieren. Für viele mögen sie nach technischen Spielereien und Nischenprodukten klingen, die Auswirkungen können sich allerdings dauerhaft auf unseren finanziellen Alltag auswirken. So erscheint es als nächster Schritt durchaus konsequent, dass eine Abschaffung des Bargeldes innerhalb der kommenden Dekaden möglich ist. Bargeld wird mittlerweile als ineffizient und unpraktisch angesehen. Sollte es soweit kommen, hat dies auch für andere Bereiche erhebliche Auswirkungen. Schwarzarbeit wird gerade durch die Zahlungsmöglichkeit mit Bargeld gefördert und könnte infolge einer Digitalisierung verringert werden. Der unmittelbare Einfluss der FinTechs steigt stetig und wird von den Banken mittlerweile als Antrieb statt als Handikap genutzt. Für den Verbraucher von größerer Bedeutung jedoch ist der mittelbare Einfluss, den die Digitalisierung des Finanzmarktes langfristig bedeutet.

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