Zusätzliche Unterzeichnung der AGB? – Rechtsstreit in der Slowakei
Der Sachverhalt, der zu der unionsrechtlichen Entscheidung führte, ereignete sich in der Slowakei. Eine Frau hatte hier 2011 ein Darlehen in Höhe von 700 € aufgenommen. Der von ihr unterzeichnete Vertrag enthielt in vielen Punkten nur ungenaue Angaben und sah außerdem vor, dass auch die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) Vertragsbestandteil werden. Diese wurden von der Kundin aber nicht zusätzlich unterzeichnet. Sie unterschrieb lediglich, die AGB gelesen und verstanden zu haben. Als sie zwei Monate später die Rückzahlung einstellte, wurde sie von der Bank auf Zahlung, zuzüglich Verzugszinsen und einer Vertragsstrafe verklagt. Das slowakische Gericht, das mit dem Rechtsstreit befasst war, ersuchte Hilfe beim Gerichtshof der Europäischen Union. Die Richter waren unsicher, ob eine Vorschrift des slowakischen Rechts mit der Richtlinie über Verbraucherkreditverträge vereinbar ist. Diese Vorschrift sieht vor, dass der Kreditgeber seinen Anspruch auf Zinsen und Kosten verwirkt, wenn bestimmte Informationen nicht in den Vertrag mit aufgenommen werden. Außerdem wollte das Gericht wissen, ob neben der Unterzeichnung der Vertragsurkunde auch eine Unterzeichnung der AGB notwendig ist.
Gerichte aus Mitgliedsländern der Europäischen Union können den Gerichtshof anrufen, wenn sie sich über die Auslegung des Europäischen Rechts unsicher sind. Dieser erteilt ihnen dann Auskunft, welche sie bei der Beurteilung von Rechtsfragen einbeziehen können. Der Gerichtshof stellte im vorliegenden Fall fest, dass Kreditverträge nicht in einem einzigen Dokument enthalten sein müssen. Wird aber auf ein anderes Dokument verwiesen, das Bestandteil des Vertrages ist, muss dieses dem Verbraucher auch ausgehändigt werden. Nur so kann dieser sich über seine Rechte und Pflichten auch im Nachhinein informieren. Außerdem führt das Gericht aus, stehe die Richtlinie über Verbraucherkreditverträge einer innerstaatlichen Regelung, die eine separate Unterzeichnung vorsieht, nicht entgegen.
EU-Mitgliedsstaaten dürfen Verstöße hart sanktionieren
Von besonderer Bedeutung ist die abschließende Feststellung des Gerichtshofs, welche besagt, dass Mitgliedsstaaten die Kreditinstitute mit einer Verwirkung des Anspruchs auf Zinsen und Kosten sanktionieren dürfen. Möglich ist eine derartige Strafe, wenn zwingende Elemente nicht in den Vertrag aufgenommen wurden. Zu diesen zwingenden Angaben zählen der effektive Jahreszins, die Anzahl und Periodizität der vom Verbraucher zu leistenden Zahlungen, die Notargebühren, aber auch die verlangten Sicherheiten und Versicherungen. Wenn die Nichtaufnahme in den Vertrag dazu führt, dass es dem Kreditnehmer unmöglich ist, den Umfang seiner vertraglichen Rechte und Pflichten einzuschätzen, dürfen die dargestellten Sanktionen angewendet werden.
Die Informationspflichten für Verbraucherdarlehen sind im deutschen Recht in Art. 247 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch geregelt. Wird gegen diese verstoßen, hat das nach § 494 BGB zur Folge, dass der Vertrag nichtig ist oder der Zinssatz gemindert wird.
Dein Kommentar
An Diskussion beteiligen?Hinterlasse uns Deinen Kommentar!